Versicherungsunternehmen, die sich die technologiebasierte Art der Datennutzung zu eigen machen, können einen Mehrwert schaffen, der andernfalls verloren ginge. Sie sorgen so für mehr Kundenzufriedenheit und bieten gleichzeitig Newcomern aus der Digitalwirtschaft die Stirn.
Weltweit befinden sich Versicherer in einem globalen Wettlauf, wenn es darum geht, die Digitalisierung ihrer Unternehmen voranzubringen und gleichzeitig das Kundenerlebnis sowie die Effizienz ihrer Abläufe zu verbessern. Auf dem Weg zur Digitalisierung werden Daten eine entscheidende Rolle spielen. Kaum eine Branche hat über so lange Zeit so viele Kundendaten gesammelt wie die Versicherungsbranche. Eine aktuelle Studie ergab, dass für Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen die Optimierung des Kundenerlebnisses und individuell angepasste, datenzentrierte Marketingaktivitäten im Jahr 2018 zu den Top-Prioritäten zählten.
Versicherer, die den Digital-First-Ansatz verfolgen, sind deutlich besser aufgestellt, um die von heutigen Kunden erwartete, datengesteuerte Personalisierung zu gewährleisten. Etablierte Marktteilnehmer hingegen haben riesige Datenschätze, die nur darauf warten, mit Hilfe geeigneter Technologien gehoben zu werden. Dabei handelt es sich um Daten, die in allen Phasen der Geschäftsbeziehung gesammelt wurden. Diese neuen Einblicke, anhand derer die Customer Journey personalisiert werden kann, ermöglichen eine effizientere Abwicklung von Transaktionen und optimieren sämtliche Prozesse im Versicherungsgeschäft.
Dazu müssen sich etablierte Versicherer aber auf den Weg machen – mit riesigen Datenmengen im Gepäck, die derzeit noch ungenutzt in Silos oder unzugänglichen Data Lakes lagern. Ihr Ziel muss es sein, das Datenmanagement so aufzustellen, dass Datenanalysen das Herzstück ihres Kundendienstes und ihrer Geschäftsplanung bilden. Mehr denn je müssen sie sich eine datenzentrierte Herangehensweise zu eigen machen, um Mehrwert zu schaffen. Das sollte als übergeordnetes Geschäftsziel betrachtet werden und nicht nur den Stellenwert eines IT-Projekts haben.
Folgende Aufgaben stehen bei Versicherern an:
Identifikation von Daten
Damit sind tatsächlich alle vorhandenen Daten gemeint; gleichzeitig darf mit der Datensammlung nicht aufgehört werden. Diese Informationen befinden sich an den üblichen Stellen: Excel-Tabellen, Buchhaltungssysteme, Kunden-Management-Systeme und Websites. Sie enthalten die in allen Phasen der Geschäftsbeziehung mit den Versicherungsnehmern gesammelten Daten – vom Angebot bis zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen. Sie bieten einen neuen Blick auf den Kunden und haben das Potenzial, die Abwicklung von Transaktionen sowie Abläufe rund um den Versicherungsprozesses effizienter zu gestalten.
Dabei tut sich eine vollkommen neue Welt an überwiegend unstrukturierten Daten auf, von denen sich viele in Echtzeit verändern, die aber trotzdem nutzbar gemacht werden müssen. Das kann praktisch alles beinhalten: Von Live-Wetterberichten über Stürme und Verkehrsmeldungen, die sich auf die Unfallzahlen auswirken können, bis hin zu Daten von Anspruchsberechtigten.
Datenintegration
Sobald die Daten identifiziert werden, müssen sie in ein System integriert werden, das Unternehmen einen Rund-um-Blick auf ihre Daten ermöglicht. Am besten gelingt das mit einer leistungsfähigen innovativen Technologie wie einer operationalen und transaktionalen NoSQL-Datenbank, mit der Daten aus Silos und alten Systemen in eine einheitliche Plattform integriert werden können. Ein sogenannter Operational Data Hub erkennt die Verbindungen, die zwischen all diesen Informationen bestehen. In relationalen Datenbanken hingegen müssen alle Daten an einem exakt definierten Feld (dem Schema) platziert sein: Sie werden sozusagen dem Schema angepasst. Jedes Mal, wenn Daten geändert werden müssen, beginnt dieser Prozess von vorne, was steigende Kosten und eine Verzögerung der Markteinführung nach sich zieht.
Die Unmengen an unstrukturierten Daten aber zwingen Unternehmen dazu, Datenbanktechnologien einzusetzen, die diese Datensätze aus verschiedenen Silos, alten Systemen und sogar aus alten Papieraufzeichnungen nahtlos und wirtschaftlich in ein einziges System integrieren können, das unterschiedlichste Abfragen erlaubt. Um Ressourcen zu sparen, können solche Systeme auch „as a Service“ betrieben werden.
Daten miteinander verknüpfen und zueinander in Beziehung setzen
Daten müssen miteinander verknüpft werden, damit eine vielfältigere, sicherere und nahtlosere Kundenerfahrung möglich wird. Alle Dokumente und Datensätze von Versicherern haben Gemeinsamkeiten, meistens sind dies Kundennamen und Referenzen. Solche Verbindungen können wie ein roter Faden zwischen einer Vielzahl von Aufzeichnungen hergestellt werden, einschließlich der Angebotsformulare, Kostenvoranschläge, Risikoerhebungen, Preistabellen, Abschriften von Anrufen und Schadensmeldungen. Die Möglichkeit, Daten sinnvoll miteinander zu verbinden, unterscheidet die neue Generation flexibler, agiler Datenbanken von ihren Vorgängern. Ein weiterer Meilenstein bei der Integration von Daten ist die Möglichkeit, Daten zueinander in Beziehung zu setzen. Diese sogenannten „semantischen Daten“ sind nicht mehr nur isolierte Informationen – wie ein Name oder eine Zahl –, sondern erklären sich im Kontext. Dadurch können sie mit anderen Daten verknüpft werden, so dass Unternehmen eine „Wissenslandkarte“ über Kunden, Risiken, Geschäftsergebnisse und Ansprüche erstellen können.
Datenabfrage
Damit erhalten Unternehmen Erkenntnisse, mit denen sie das Kundenerlebnis auf eine personalisierte Ebene heben können. Je komplexer ein Risiko, desto mehr Daten werden benötigt, um das Risiko einschätzen zu können. Doch wie viele Versicherer und Kundenbetreuer haben wirklich Einblick in alle relevanten Daten über ihre Kunden und die Risiken, die sie versichern? Es ist also unbedingt notwendig, dass diese Daten zugänglich werden und Unternehmen endlich beginnen, diese wertvollen Datensätze zu nutzen.
Datenschutz
Unternehmen müssen persönliche Daten mit absoluter Integrität und Transparenz behandeln, denn bei der Datenerfassung geht es längst nicht nur um Daten. Jedes Datenintegrations- und Data-Mining-Projekt muss sich darauf konzentrieren, eine Verbesserung bei der Prüfung und dem Management von Risiken zu erreichen sowie effizientere Entscheidungen bei der Gewährung von Ansprüchen zu ermöglichen. Dabei sind Offenheit in Kombination mit Sicherheit unerlässlich, um das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen und zu erhalten. Für die Datensammlung müssen entsprechende Zustimmungen eingeholt werden. Dabei sollten Kunden den Eindruck haben, dass ihre Daten verantwortungsbewusst und zu ihrem Nutzen eingesetzt werden. Für die sichere Speicherung großer Datenmengen gibt es moderne Datenbanktechnologien mit entsprechenden Funktionalitäten.
Fazit: Herausforderung ist zugleich Chance
Eine der größten Herausforderungen für Versicherer ist es, Daten aus unterschiedlichen Silos zu integrieren, auszuwerten und zu interpretieren. Es gibt geeignete Tools, wie ein Operational-Data-Hub-System, mit dem Daten schnell integriert, harmonisiert und sinnvoll zueinander in Beziehung gesetzt werden können, um so das Potenzial vorhandener Daten gewinnbringend zu nutzen. Damit kann der Kundenservice umfassend personalisiert und die Effizienz im Unternehmen deutlich gesteigert werden. Die Strukturierung von Daten ist eine wichtige Voraussetzung, um künstliche Intelligenz auch in der Versicherungsbranche wirkungsvoll einzusetzen und Unternehmen, die sich Daten zunutze machen, haben das Potenzial zu Marktführern der Branche zu werden. Mit einer intelligenten, technologiebasierten Datennutzung können Versicherungsunternehmen einen Mehrwert schaffen, der andernfalls verloren ginge.
Autor: Dr. Stefan Grotehans, Senior Director Solutions Engineering DACH bei MarkLogic Deutschland
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