Sozialversicherung 2026: Rechtskreistrennung entfällt – Einheitliches Meldesystem für ganz Deutschland

35 Jahre nach der Wiedervereinigung zieht auch die Sozialversicherung eine historische Linie: Ab 2026 entfällt die Rechtskreistrennung zwischen Ost und West. Ein Schritt mit Symbolkraft – und spürbaren Folgen für Arbeitgeber.

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Die vollständige Aufhebung der Rechtskreistrennung in der Sozialversicherung ist ein Meilenstein in der deutschen Sozialpolitik (Symbolbild).Die vollständige Aufhebung der Rechtskreistrennung in der Sozialversicherung ist ein Meilenstein in der deutschen Sozialpolitik (Symbolbild).DALL-E

Mit dem Entwurf der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026 setzt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nicht nur die Fortschreibung zentraler Kennzahlen um – es markiert zugleich einen historischen Wendepunkt in der Organisation der Sozialversicherung: Ab dem 1. Januar 2026 entfällt die sogenannte Rechtskreistrennung zwischen Ost- und Westdeutschland vollständig. Die bislang getrennte Erfassung von Beitragsnachweisen gehört damit der Vergangenheit an.

Ende einer Übergangsregelung aus der Wiedervereinigung

Seit der deutschen Einheit galt in der Sozialversicherung eine Differenzierung nach „Rechtskreisen“ – West (Kennzeichen 1) und Ost (Kennzeichen 2). Diese Unterscheidung hatte ihren Ursprung in den unterschiedlichen Einkommensstrukturen und Rechengrößen der alten und neuen Bundesländer. Über Jahrzehnte hinweg war sie Grundlage für die Beitragsberechnung, Meldeverfahren und statistische Auswertungen.

Mit der Verordnung für 2026 fällt diese Trennung nun endgültig weg. Arbeitgeber müssen ab dem neuen Jahr Beiträge für alle Beschäftigten bundesweit in einem einheitlichen Datensatz ohne Rechtskreiskennzeichen übermitteln – auch rückwirkend für Zeiten vor dem 1. Januar 2026, etwa bei Korrekturmeldungen.

Vereinfachung für Arbeitgeber – Symbol für Gleichbehandlung

Die Neuregelung ist mehr als eine technische Vereinfachung: Sie beseitigt ein zentrales Relikt der innerdeutschen Teilung im Sozialversicherungsrecht. Bereits mit der Angleichung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung ab 2023 war ein wichtiger Schritt erfolgt. Nun zieht die Verwaltungspraxis nach.

Für Unternehmen bedeutet dies eine spürbare Entlastung im Meldewesen: Sie müssen künftig keine doppelte Datenpflege mehr betreiben und können Personalabrechnungsprozesse vereinfachen. Auch bei den DEÜV-Jahresmeldungen entfällt ab dem Meldejahr 2025 die Pflicht zur Angabe eines Rechtskreiskennzeichens – eine Umstellung, die bis Mitte Februar 2026 erstmals greift.

Politische und symbolische Bedeutung

Die Abschaffung der Rechtskreistrennung ist nicht nur Ausdruck der fortgeschrittenen ökonomischen Angleichung, sondern auch ein politisches Signal: 35 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung nun vollzogen. Zwar bestehen nach wie vor regionale Unterschiede in der Lohnstruktur, doch rechtlich gibt es künftig keinen Unterschied mehr zwischen Ost und West.

Die vollständige Aufhebung der Rechtskreistrennung in der Sozialversicherung ist ein Meilenstein in der deutschen Sozialpolitik. Sie steht für die institutionelle Vollendung der Einheit und bringt zugleich konkrete Erleichterungen für Unternehmen und Verwaltungen. Die Reform zeigt, dass die sozialversicherungsrechtliche Integration zwischen Ost und West nun abgeschlossen ist – nicht nur in Zahlen, sondern auch im System selbst.


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