Bewertungen beeinflussen Kaufentscheidungen – auch bei Versicherungen. Doch während Restaurants und Hotels mühelos Rezensionen sammeln, tun sich Finanz- und Versicherungsmakler oft schwer. Warum das ein Problem ist und wie Vermittler aktiv Bewertungen einholen können, erklärt Franziska Ortner von Sellwerk im Interview. Der Text erschien zuerst im expertenReport 03/25.
Google-Bewertungen kennt man vor allem aus der Gastronomie. Nutzen auch Versicherungs- und Finanzmakler diese Möglichkeit?
Franziska Ortner: Tatsächlich sind Restaurants und Hotels die Branchen, in denen Bewertungen am häufigsten vorkommen. Das liegt daran, dass Menschen positive Erlebnisse dort sofort teilen möchten – inklusive Fotos vom perfekten Essen oder dem gemütlichen Hotelzimmer. Finanz- und Versicherungsthemen sind da naturgemäß weniger „sexy“.
Wer geht schon begeistert nach Hause und sagt: „Das war das beste Beratungsgespräch meines Lebens, das muss ich sofort auf Google posten!“
Das bedeutet aber nicht, dass Bewertungen in dieser Branche weniger wichtig sind. Im Gegenteil: 99,9 Prozent der Menschen lesen Bewertungen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Und für 93 Prozent dieser Personen sind sie ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl eines Dienstleisters.
Wie viele Bewertungen werden typischerweise gelesen bis es zu einer Entscheidung für oder gegen einen Dienstleister kommt?
Das ist unterschiedlich. Manche Nutzer lesen nur die neuesten Bewertungen, andere suchen gezielt nach negativen Erfahrungen. Wieder andere werfen nur einen kurzen Blick auf die Sternebewertung und ein paar Stichworte. Google selbst unterstützt das Leseverhalten durch sogenannte Snippets, die häufig genannte Begriffe zusammenfassen. Gerade weil viele Menschen nur einen flüchtigen Eindruck gewinnen, ist es wichtig, möglichst viele positive Bewertungen zu sammeln. Sie bilden das Gesamtbild, das Kunden auf den ersten Blick wahrnehmen.
Wie entstehen diese Google-Snippets? Können Unternehmen das beeinflussen?
Google hat 2023 ein großes Algorithmus-Update ausgerollt, das Bewertungen stärker gewichtet. Das bedeutet, dass nicht nur die Anzahl der Bewertungen zählt, sondern auch bestimmte Schlagworte, die häufig auftauchen.
Ein Beispiel: Wenn in den Bewertungen zu einem Versicherungsmakler immer wieder „kompetente Beratung“, „transparente Angebote“ oder „schnelle Schadensabwicklung“ vorkommen, wird Google genau diese Begriffe in den Snippets anzeigen.
Makler können das aktiv steuern, indem sie gezielt nach Bewertungen fragen und den Kunden einen kleinen Hinweis geben: „Ich würde mich freuen, wenn Sie in Ihrer Bewertung erwähnen, was Ihnen besonders gefallen hat – zum Beispiel die Beratung oder die Transparenz.“ Die meisten Kunden folgen solchen Empfehlungen gerne.
Wie können Makler mehr Bewertungen sammeln?
Ganz einfach: Fragen, fragen, fragen! Wer nach positiven Bewertungen fragt, wird sie auch bekommen. Dabei sollte der Prozess für den Kunden so einfach wie möglich sein:
✔️ QR-Code zum Google-Bewertungsprofil bereitstellen
✔️ Eine NFC-Karte mit Direktlink zur Bewertungsseite nutzen
✔️ Bewertungs-Apps oder automatische Erinnerungen einsetzen
Am wichtigsten ist, dass die Anfrage im richtigen Moment gestellt wird. Direkt nach einem erfolgreichen Beratungsgespräch ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass der Kunde gerne eine Bewertung abgibt.
Welche Rolle spielen Testimonials auf der eigenen Website?
Google interessiert sich immer weniger für das, was Unternehmen über sich selbst sagen – dafür umso mehr für das, was echte Kunden berichten. Deshalb sind Testimonials auf der Website nicht nur für Besucher wichtig, sondern auch ein Ranking-Faktor für Google. Wichtig ist, dass Testimonials authentisch sind. Ein einfaches Beispiel: Ein Makler möchte Kundenmeinungen auf seiner Website veröffentlichen. Er könnte den Kunden eine kurze Vorlage schicken mit der Bitte, sie nach eigenem Ermessen anzupassen. So bleiben die Aussagen natürlich und glaubwürdig.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Bewertungen direkt in die eigene Website einzubinden – mit HTML-Snippets, die automatisch die neuesten Google-Rezensionen anzeigen. Das stärkt die lokale Auffindbarkeit und das Google-Ranking.
Wie gehen Makler mit negativen Bewertungen um?
Negative Bewertungen sind unangenehm, aber nicht zwangsläufig schädlich. Studien zeigen, dass Unternehmen mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4,8 Sternen mehr Anfragen erhalten als solche mit glatten 5,0 Sternen. Ein paar kritische Stimmen machen ein Profil glaubwürdiger.
Wichtig ist, dass negative Bewertungen beantwortet werden. Das hat zwei Vorteile:
- Google belohnt Interaktion und verbessert das Ranking.
- Andere Leser sehen, dass der Makler auf Kritik eingeht, was Vertrauen schafft.
Natürlich gibt es auch Bewertungen, die nicht akzeptiert werden müssen – zum Beispiel falsche Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen oder offensichtliche Fake-Bewertungen von Wettbewerbern. In solchen Fällen kann eine Löschung bei Google beantragt werden.
Welche Bedeutung haben Bewertungen für das Google-Ranking?
Bewertungen sind inzwischen ein entscheidender Ranking-Faktor – sowohl für das Google Local Pack (die drei prominenten Einträge in der lokalen Suche) als auch für die allgemeine Suchergebnisliste.
Wer regelmäßig neue Bewertungen erhält, bleibt für Google „lebendig“. Vergleichbar mit einem Herzschlag: Viele aktuelle Bewertungen zeigen Google, dass ein Unternehmen aktiv ist und weiterhin gute Arbeit leistet.
Wer über Monate hinweg keine neuen Bewertungen bekommt, kann im Ranking abrutschen – selbst wenn das Unternehmen insgesamt viele Rezensionen hat.
Wie wichtig sind Bewertungen im Vergleich zu Empfehlungen aus dem Freundeskreis?
Laut aktuellen Studien vertrauen inzwischen über 50 Prozent der Menschen Online-Bewertungen mehr als persönlichen Empfehlungen. Das liegt daran, dass die Online-Suche den Entscheidungsprozess verändert hat: Wenn jemand eine Empfehlung für einen Makler erhält, sucht er ihn trotzdem bei Google – und sieht dort gleichzeitig fünf andere Makler mit besseren Bewertungen. Das kann dazu führen, dass die ursprüngliche Empfehlung keine Rolle mehr spielt.
Social Media als Ergänzung: Gehört das zur Strategie?
Absolut. Social Proof, also der Nachweis sozialer Zustimmung, ist ein mächtiges Werkzeug. Wer online sichtbar ist, wer Interaktionen mit Kunden zeigt und wer aktiv Bewertungen sammelt, strahlt Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit aus.
Viele Versicherungsmakler setzen inzwischen auf Social Media – sei es durch kurze Erklärvideos auf Instagram, Erfahrungsberichte auf LinkedIn oder sogar TikTok-Clips über Versicherungsmythen.
Gerade jüngere Zielgruppen lassen sich über diese Kanäle besonders gut erreichen. Und letztlich geht es immer darum, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen – egal, ob über Google, Social Media oder klassische Empfehlungen.
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