Bundestagswahl 2025: „Starrsinn in der Rentenpolitik wird zum Desaster“

Die Bundestagswahl 2025 steht bevor – und mit ihr zentrale Fragen zur Zukunft der Altersvorsorge und zur Rolle der Versicherungsvermittler. Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung warnt vor starren Haltelinien und einseitigen Rentenerhöhungen. Die Analyse zeigt, welche Reformansätze die Parteien verfolgen und was das für Vermittler bedeutet. Auch nach der Wahl bleibt das Thema brisant: Die Wissenschaftstagung des BdV wird sich mit möglichen Reformen und den langfristigen Auswirkungen befassen.

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Am Wochenende stehen Bundestags-Wahlen an.LoboStudioHamburg / pixabay

Der AfW hat die Wahlprogramme der Parteien detailliert unter die Lupe genommen und analysiert, welche Auswirkungen die jeweiligen Konzepte auf die Altersvorsorge und die Vermittlerschaft haben. Besonders im Fokus stehen dabei die Reform der gesetzlichen Rente, der Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) und die Rolle der privaten Vorsorge.

Gesetzliche Rente: Stabilisierung oder strukturelle Reform?

Die Parteien verfolgen sehr unterschiedliche Ansätze:

  • CDU/CSU setzen auf den Erhalt des Status quo mit leichten Anreizen für längeres Arbeiten. Rentenkürzungen oder tiefgreifende Reformen sind nicht vorgesehen.

  • SPD will die gesetzliche Rentenversicherung in eine Bürgerversicherung umwandeln, wodurch langfristig auch Beamte und Selbstständige einzahlen müssten.

  • FDP schlägt eine Aktienrente vor, um die erste Säule langfristig zu stabilisieren und Kapitalmarktchancen zu nutzen.

  • Grüne befürworten eine kapitalgedeckte Ergänzung zur umlagefinanzierten Rente durch einen Bürgerfonds, der nachhaltig investieren soll.

  • AfD plant eine massive Rentenerhöhung auf bis zu 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens, finanziert durch höhere Beiträge und Steuern.

  • Die Linke fordert eine solidarische Erwerbstätigenversicherung, die sämtliche Einkommensarten einbezieht, sowie eine Mindestrente.

Für Vermittler ist entscheidend, dass Reformpläne mit einer Schwächung der privaten Vorsorge auch eine Veränderung ihres Geschäftsmodells bedeuten könnten. Während CDU/CSU und FDP weiter auf Eigenverantwortung setzen, bergen die Pläne von SPD, Grünen und Linken das Risiko, die Nachfrage nach privaten Rentenversicherungen einzuschränken.

Betriebliche Altersvorsorge: Wer treibt die Reform?

Die bAV könnte durch gezielte steuerliche Anreize gestärkt werden – zumindest in den Plänen von CDU/CSU und FDP. Die SPD hingegen möchte die Tarifbindung in der bAV ausbauen, was Unternehmen mehr Verpflichtungen auferlegen würde. Grüne und Linke sehen in staatlich verwalteten Modellen die Zukunft der bAV, was die Rolle unabhängiger Vermittler erheblich einschränken könnte.

Private Altersvorsorge: Mehr Regulierung oder mehr Freiheit?

  • FDP und CDU/CSU setzen auf eine Stärkung privater Vorsorgemodelle durch steuerliche Anreize, z. B. das Altersvorsorge-Depot.

  • SPD, Grüne und Linke wollen eine stärkere staatliche Regulierung und eine Senkung der Kosten bei privaten Altersvorsorgeprodukten – was potenziell mit einem Provisionsdeckel einhergehen könnte.

  • AfD spricht sich für eine steuerliche Förderung kapitalmarktorientierter Altersvorsorgemodelle aus, bleibt aber vage in der Umsetzung.

Der geschäftsführende Vorstand des AfW, Norman Wirth, zieht eine kritische Bilanz: „Nur mit starren Haltelinien und Rentenerhöhungen wird sich die erste Säule zu einem Desaster für kommende Generationen entwickeln.“

  • Anja Schulz (FDP): Die Bundestagsabgeordnete betont die Bedeutung einer kapitalgedeckten Altersvorsorge. Zum Interview

  • Katharina Beck (Grüne): Sie setzt sich für nachhaltige Investitionen und den Bürgerfonds als Ergänzung zur Rente ein. Zum Interview

  • Frauke Heiligenstadt (SPD): Die Sozialdemokratin plädiert für eine stärkere Einbindung von Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung. Zum Interview

  • Dr. Carsten Brodesser (CDU): Er betont die Bedeutung von Anreizen für längeres Arbeiten und steuerlicher Förderung der Altersvorsorge.Zum Interview

  • Der geschäftsführende Vorstand des AfW, Norman Wirth, fordert eine realistischere und reformfreudigere Altersvorsorgepolitik: „Nur mit starren Haltelinien und Rentenerhöhungen wird sich die erste Säule zu einem Desaster für kommende Generationen entwickeln.“

Wissenschaftstagung: Was bringt die Zukunft der Altersvorsorge?

Mit dem Vortrag von Constantin Papaspyratos, Chefökonom des Bunds der Versicherten e.V., rückt die Zukunftsfähigkeit der Altersvorsorge in den Mittelpunkt. „Welche Ergebnisse sind von der neuen Bundesregierung zu erwarten?“, lautet eine der Kernfragen.

Die 35. Wissenschaftstagung des BdV am 1. und 2. April in Hamburg-Bahrenfeld thematisiert unter anderem:

  • Die Lehren aus Riester- und Rürup-Rente

  • Eigenverantwortung in der Altersvorsorge

  • Regulierungsfragen und internationale Vergleiche

BdV-Vorstandssprecher Stephen Rehmke betont: „Wir stellen die Frage, wie nach den herben Enttäuschungen mit der Riester-Rente überhaupt Vertrauen in eine staatlich geförderte private Altersvorsorge entstehen kann.“

Das vollständige Programm und die Möglichkeit zur Anmeldung sind auf der BdV-Website zu finden.

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