Unternehmen setzen zunehmend auf eine umfassende Risikoberatung, anstatt sich allein auf Versicherungsschutz zu verlassen, zeigt eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens WTW. Welche alternativen Risikotransferlösungen deshalb in den Fokus rücken und wie sich Industriemakler anpassen.
Vielen Unternehmen ist eine ganzheitliche Risikobetrachtung künftig wichtiger als die reine Frage nach der Versicherbarkeit. Auch wenn der Versicherungsschutz weiterhin ein probates Mittel für das Risikomanagement bleibt, nimmt seine Bedeutung zugunsten alternativer Risikotransferlösungen in den kommenden zehn Jahren ab. Dies zeigt die Studie „Broker of the Future“ des Beratungsunternehmens WTW, für die 43 versicherungsnehmende Firmen in Deutschland befragt wurden. „Unternehmen haben erkannt, dass die Versicherung allein gegen die heutigen komplexen Risiken nicht immer ausreichend Schutz bietet“, sagt Lukas Nazaruk, Head of Corporate Risk & Broking Deutschland und Österreich bei WTW.
Für die Studie „Broker of the Future“ hat WTW Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen dazu befragt, wie sie hinsichtlich Risiko- und Versicherungsmanagement organisiert sind, welche Leistungen sie von dem Makler der Zukunft erwarten und welche Kriterien heute und in zehn Jahren ausschlaggebend für die Wahl des eigenen Brokers sind bzw. sein werden.
Der verlagerte Fokus auf die Risikoberatung spiegelt sich in den bevorzugten Absicherungswegen wider: Heute betrachten etwa 30 Prozent der Teilnehmer einen Mix aus Versicherung und Eigentragung als sehr wichtig. Für die nächsten fünf bis zehn Jahre erwarten dies sogar 41 Prozent. Auch alternative Transferlösungen rücken mehr in den Fokus, von 17 auf 37 Prozent. Gleichzeitig sinkt die Bedeutung des Versicherungsschutzes. Während ihn heute noch 64 Prozent als sehr wichtig erachten, werden es in den nächsten zehn Jahren nur 51 Prozent sein.
Die sich wandelnden Kundenpräferenzen verändern die Anforderungen an den Industriemakler und seine Dienstleistungen. Die Vertragsbearbeitung (Beratung, Vermittlung, Administration) wird als bisher wichtigste Tätigkeit von der quantitativen Risikoberatung und -analyse eingeholt. Diese gehört bereits heute für 61 Prozent der Befragten zum erwarteten Leistungsangebot und knapp 90 Prozent gehen davon aus, dass Risikoberatung in den nächsten fünf bis zehn Jahren Bestandteil des Portfolios sein muss. „Unternehmen wünschen sich einen Partner, der ihre individuelle Risikolage sowie branchenspezifische Anforderungen berücksichtigt“, sagt Safak Okur, Head of Broking Deutschland und Österreich bei WTW.
Auch die Kompetenzerwartungen untermauern den Wunsch, Gefahren ganzheitlicher zu betrachten. Risiko-Beratungs- und Platzierungskompetenzen bleiben die mit Abstand wichtigsten Auswahlkriterien für die Maklerwahl, tauschen jedoch die Plätze. Den dritten Platz belegt sowohl heute als auch in Zukunft die branchenspezifische Expertise.
Quantitative Risikoanalysen erfordern zwangsläufig eine digitale Arbeitsweise. Unternehmen erwarten, dass Versicherer und Makler im kommenden Jahrzehnt zunehmend technologiegestützt mit ihnen zusammenarbeiten, von 30 auf 46 Prozent. Insbesondere wünschen sie eine stärkere Nutzung digitaler Lösungen für die Informations- und Datensammlung sowie deren Analyse. „Der Erfolg eines datengetriebenen Risikomanagements hängt von der Qualität der Daten ab, aber auch von der Fähigkeit, diese korrekt zu interpretieren“, so Nazaruk. „Dabei stoßen viele Unternehmen aufgrund eines Mangels an Fachkräften oder Expertise an ihre Grenzen. Es liegt am Makler, diese Kompetenzlücke zu schließen und dabei zu helfen, die Erkenntnisse für eine maßgeschneiderte Strategie zur Risikoabsicherung zu nutzen.“
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