Nicht nur angesichts der drohenden Energiekrise versuchen Unternehmen ihren Betrieb insgesamt klimaschonender, nachhaltiger und kosteneffizienter zu gestalten. Doch wie jeder größere Transformationsprozess kann auch die Umstellung auf umweltfreundliche Technologien mit bestimmten Risiken behaftet sein.
Alexander Lubbadeh, Operations Engineering Manager beim Industriesachversicherer FM Global, stellt potenzielle Risiken von Solarzellen, Windkraftanlagen und Energiespeicherung vor und erklärt, wie Unternehmen ihre Betriebe besser davor schützen können
12.265 Petajoule (PJ) – so hoch war der Energieverbrauch in Deutschland laut der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 1 im vergangenen Jahr. An erster Stelle der Energieträger stand dabei Mineralöl (31,8 Prozent), gefolgt von Erdgas (26,7 Prozent) und den erneuerbaren Energien (16,1 Prozent). Letztere sollen in den kommenden Jahren massiv ausgebaut werden, damit Deutschland unabhängiger von den begrenzten fossilen Energieträgern wird und seine Klima- und Umweltschutzziele einhalten kann.
Auch Unternehmen sind dabei gefordert und sehen zunehmend selbst die Notwendigkeit, ihr Geschäft klimaneutraler und energieeffizienter zu betreiben. Dafür stehen ihnen sehr unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung, die im Kleinen wie im Großen wirken können. Zu Letzterem zählt etwa die Installation von Anlagen, um selbst Strom zu erzeugen und zu speichern. Jedoch ist es ratsam für Unternehmensverantwortliche, mögliche neue Risiken für ihre Grundstücke und Gebäude nicht zu unterschätzen, die von Anlagen mit Solarpanels oder Windturbinen ausgehen können.
So können beispielsweise durch Extremwetterereignisse, wie sie in den letzten Jahren auch in Deutschland häufiger vorkommen, Anlagen beschädigt werden oder ausfallen. Im schlimmsten Fall könnte der Schaden den Betrieb monatelang unterbrechen und das Unternehmen Einnahmen, Reputation, Marktanteile und das Vertrauen seiner Investoren und Kunden kosten. Daher sollten Unternehmen Maßnahmen treffen, um ihr Risiko zu senken und ihre Resilienz zu erhöhen, während sie gleichzeitig ihren CO2-Fußabdruck verringern.
Solarpanels
Ein großes Risiko von Solarmodulen ist die Brandgefahr, vor allem bei Fotovoltaik-Anlagen auf Dächern. Kommt es zu einem elektrischen Ausfall der Verkabelung oder der Geräte, kann sich die Rückseite der Panels, wenn sie aus brennbarem Material wie Kunststoff bestehen, oder auch das Dach selbst durch die entstehende Hitze entzünden.
Um das Risiko von Solaranlagen zu mindern, sollten Unternehmen darauf achten, dass sie Panels installieren, die den bewährten elektrischen Leistungs- und Zuverlässigkeitsstandards entsprechen. Dies verringert die Gefahr eines Kurzschlusses. Ein weiteres Risiko besteht durch starke Winde und Hagel, die die Solarmodule und ihre Stützstruktur beschädigen oder vom Dach tragen können.
Entsprechend sollten Unternehmen in Regionen, die stark von solchen Wettervorkommnissen geprägt sind, Panels wählen, die so konstruiert und gefertigt sind, dass sie diesen standhalten. Die Module sollten darüber hinaus von einem unabhängigen Prüflabor wie FM Approvals zertifiziert sein. Damit wird gewährleistet, dass sie die erwartete Leistung erbringen.
Auch sollte regelmäßig überprüft werden, ob die Befestigungskonstruktion noch intakt ist. Denn abgesehen von dem Risiko, das mit herumfliegenden Modulen einhergeht, können auch bereits kaum sichtbare Mikrorisse die Fähigkeit zur Stromerzeugung erheblich beeinträchtigen.
Windturbinen
Windturbinen erreichen heute eine Größe von bis zu 300 Metern. Mit der Höhe steigt aber auch die Gefahr, dass sie beschädigt werden und dabei nahe gelegene Einrichtungen in Mitleidenschaft ziehen. Vor allem große Turbinen sind anfällig für Bodenbewegungen, extreme Winde (wenn sie nicht rechtzeitig abgestellt werden) sowie Korrosion an der Basis. Hagel kann zudem die Rotorblätter beschädigen, je nachdem, wie hoch die Aufschlaggeschwindigkeit der Hagelkörner ist.
Darüber hinaus enthält das Maschinenhaus an der Narbe der Rotorblätter Hydraulik- und andere entzündliche Flüssigkeiten. Schon bei einem kleinen Leck können diese durch Überhitzung von Bauteilen oder einen Blitzeinschlag entflammen. Aber auch Betriebe, die eigene, meist deutlich kleinere Windanlagen betreiben, können die Risiken minimieren. Dafür sollten Betreiber zum einen Windturbinen wählen, die auch bei Wind und Wetter keine Schäden nehmen.
Hierfür sollte berücksichtigt werden, dass zunehmende Extremwetterereignisse den Anlagen mehr zusetzen können, als das in der Vergangenheit der Fall war. Zum anderen sollten sie bei der Platzierung der Anlagen weitere Faktoren wie Bodenbeschaffenheit oder Gebäude, die sich im Umkreis befinden, berücksichtigen. Entscheidend ist auch, die Turbinen regelmäßig zu warten und besonders hinsichtlich der genannten Risiken zu untersuchen.
Lithium-Ionen-Batterien
Mit Solarpanels und Windturbinen können Unternehmen selbst Strom erzeugen – wohin aber mit diesem? Eine der gängigsten, effektivsten und wirtschaftlichsten Möglichkeiten zur Speicherung elektrischer Energie sind Lithium-Ionen-Batterien. Allerdings kann von ihnen unter Umständen ein Brandrisiko ausgehen.
Kommt es beispielsweise zum thermischen Durchgehen – eine unkontrollierte chemische Reaktion, die mehr Wärme und Druck erzeugt –, kann sich dieses von einer Batterie zur nächsten ausbreiten und in einem Feuer münden. Solche Brände sind schwer zu kontrollieren und einzudämmen, da sowohl Elektrizität als auch brennbare Gase im Spiel sind.
Um sich zu schützen, können Unternehmen mehrere Maßnahmen treffen: So sollten ihre Energiespeichersysteme beispielsweise über Hardware und Software für das Batteriemanagement verfügen, die hinsichtlich der Begrenzung des thermischen Durchgehens getestet und zertifiziert sind. Des Weiteren sollten die Batterieregale mit Abstand (mindestens 1,8 Meter) zueinander aufgestellt werden. Dies verbessert zudem die Wirkung von Feuer-Sprinkleranlagen und die Feuerwehr erhält einen besseren Zugang zu den Batterien.
Fazit
Selbst erneuerbare Energie zu erzeugen, ist für Unternehmen ein reizvolles Unterfangen, um ihren Betrieb insgesamt klimaschonender, nachhaltiger und kosteneffizienter zu gestalten. Essenziell dabei ist aber, sich im Vorfeld über mögliche Risiken zu informieren und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um diese so weit wie möglich zu minimieren und die eigene Resilienz zu stärken. Falls Unternehmen dies nicht in Erwägung ziehen, könnte der Schaden für die Anlagen, Gebäude und damit den Betrieb insgesamt beträchtlich und von langer Dauer sein.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Zu viel Regulierung schadet Kunden und Versicherern
Die in Deutschland tätigen Versicherer beklagen ein Übermaß an Regulierung auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Die Dichte und Fülle der Berichtsanforderungen zu Nachhaltigkeit und Datenschutz überfordern die Unternehmen und bremsen wichtige Transformationsvorhaben.
Die Rolle digitaler Prozesse
Banken und Finanzdienstleister sind gefordert, einen höheren Beitrag in Sachen Nachhaltigkeit zu leisten. Digitale Prozesse können dabei helfen. Ein Grund mehr, die Strategie umzukrempeln und zu digitalisieren.
Schifffahrtsstudie: Totalverluste sinken, neue Risiken am Horizont
2022 gingen weltweit 38 große Schiffe verloren – ein Rückgang von über einem Drittel und ein historischer Tiefstand. Brände hingegen erreichten als Hauptursache für Totalverluste einen neuen Höchststand. Auf welche Herausforderungen sich der Sektor in den kommenden 12 Monaten einstellen muss.
Neue Priorität: Mobilitäts-Absicherung statt Kfz-Versicherung
Zunehmend nutzen urbane Kunden unabhängige Mobilitätslösungen. Und so wünschen sich derzeit 36 Prozent der Deutschen eine einzige Police, die sie unabhängig vom Fortbewegungsmittel absichert – ganz gleich, ob sie selbst fahren oder als Passagier unterwegs sind. Für Versicherer gilt es daher, einen individualisierbaren, ganzheitlichen Schutz zu entwickeln.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Insolvenzverfahren über ELEMENT eröffnet: Versicherungsschutz läuft aus
Das Insolvenzverfahren über die ELEMENT Insurance AG ist eröffnet. Die bestehenden Versicherungsverträge enden größtenteils zum 1. April 2025. Versicherten wird dringend geraten, schnell eine neue Absicherung zu suchen.
Aon-Marktprognose 2025: „Bürokratie bremst den Fortschritt aus“
Das Beratungsunternehmen Aon hat seine Marktprognose für den deutschen Versicherungsmarkt 2025 veröffentlicht. Der Bericht zeigt: Unternehmen müssen sich zunehmend mit komplexen und global vernetzten Risiken auseinandersetzen. Politische Unsicherheiten, hohe Kosten und der Klimawandel setzen Unternehmen unter Druck.
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.