Die Anzahl der Betrügereien und Betrugsversuche steigt weiterhin deutlich an. Lag die Steigerungsrate im privaten sowie im gewerblichen Versicherungsbereich im Jahr 2020 bei der Allianz bei rund 10 Prozent, so ist 2021 ein erneuter Anstieg zu verzeichnen.
Die Betrugsabwehr der Allianz habe 2021 gegenüber dem Vorjahr rund 20 Prozent mehr Betrugsversuche aufgedeckt, erklärt Jochen Haug, Schadenvorstand der Allianz Versicherungs-AG. Und auch im ersten Halbjahr 2022 sehe man bereits, dass sich der Anstieg der Betrugsversuche fortsetze. Leicht rückläufig, aber dennoch auf Platz 1, waren Betrügereien in der Autoversicherung mit 45 Prozent (Vorjahr: 50), dicht gefolgt von der Sachversicherung mit 40 Prozent (Vorjahr: 30) und der Haftpflicht mit 15 Prozent (Vorjahr: 20).
Betrugsversuche in der Sachversicherung
Die bevorzugte Betrugsvariante in der Autoversicherung waren – mit über 50 Prozent – angebliche Unfälle im fließenden Verkehr, gefolgt von vorgetäuschten Totaldiebstählen (rund 13 Prozent). In der Sachversicherung waren die Lockerungen der Corona-Maßnahmen zu spüren.
Waren vermeintliche Einbruchdiebstahlschäden 2020 aufgrund des Lockdowns eher rückläufig, so lagen Betrügereien in diesem Bereich im Jahr 2021 auf Platz 1 (35 Prozent). Mit rund 30 Prozent folgten Schadenmeldungen im Zusammenhang mit angeblich unbeabsichtigt ausgetretenem Leitungswasser (30 Prozent). In der Haftpflichtversicherung wurden am häufigsten betrügerische Schadenfälle im Zusammenhang mit Kfz (40 Prozent) aufgedeckt. Angebliche Schäden an Immobilien (ohne Mietsachschäden) lagen mit 17 Prozent auf Platz 2.
Die ehrlichen Kundinnen und Kunden erwarten zu Recht eine funktionierende Betrugsabwehr. Dass diese gut funktioniere, sehe man: Auch 2021 konnten unrechtmäßige Auszahlungen im dreistelligen Millionenbereich verhindert werden, so Haug.
Künstliche Intelligenz unterstützt Betrugsaufklärer
Die Digitalisierung wie auch der Einsatz der künstlichen Intelligenz (KI) spielt in der Schadenbearbeitung eine große Rolle. Kunden wie auch Geschädigte erwarten eine schnelle und unkomplizierte Hilfe und Regulierung im Schadenfall. Seit Oktober 2021 werden Digitalisierung mit geringer Komplexität vollständig KI-basiert kalkuliert. Die KI-basierte Schadenregulierung werde weiter ausgebaut. Ein Einsatz der KI auch in der Betrugsabwehr sei daher unerlässlich, erklärt Haug.
Deshalb lasse man bei der Allianz alle Schadenfälle mittels künstlicher Intelligenz nach Vorhersagemodellen, Bilderkennung und Expertenregeln überprüfen. Bei Auffälligkeiten, die auf einen Betrugsversuch hindeuten, werden diese Schadenfälle ausgesteuert und nochmals gesondert durch Allianz Expertinnen und Experten geprüft. Künstliche Intelligenz unterstütze die Betrugsabwehr spartenübergreifen und erkenne beispielsweise dubiose Schadenmuster oder Unstimmigkeiten bei Fahrzeugen oder bei eingereichten Fotos, so Haug. Er führt weiter aus:
KI kann und soll den Betrugsspezialisten aber nicht ersetzen. Die Ermittlungen und die Entscheidung, ob ein Betrug vorliegt oder nicht, obliegt immer dem Menschen.
Ausbau der Betrugsaufklärung
Versicherungsbetrug sei kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Die ehrlichen Kund*innen finanzieren durch ihre Versicherungsbeiträge den Betrug mit. Und hier sei eine funktionierende Abwehr unerlässlich, stellt Haug klar.
Die Allianz erweitert ihr Team der Betrugsabwehr auch 2021/2022: Ein zusätzliches Team, welches sich speziell mit Kfz-Betrugsabwehr beschäftigt, hat bereits die Arbeit aufgenommen. Zudem wurde ein neuer Bereich in der Betrugsabwehr gegründet, welcher sich auf komplexe nationale und internationale Schadenfälle spezialisiert und zudem auch (kriminelle) netzwerkartige Strukturen aufdeckt.
Unterstützt wird dieses Team durch spezielle Software, welche die Schadenspezialisten bei der Netzwerkanalyse sowie der Visualisierung von spartenübergreifenden Schadenbeziehungen unterstützt. Inzwischen sind für die Allianz rund 150 Betrugsabwehrspezialistinnen und -spezialisten tätig.
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