Mit der verpflichtenden elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) rollt auf die Unternehmen in Deutschland eine massive Update-Welle in Sachen Payroll zu. Was Unternehmen jetzt tun müssen, um die neue gesetzliche Vorgabe korrekt und fristgerecht zu implementieren.
Seit Monaten ist die verpflichtende elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) Thema bei Ärzten, Krankenkassen und Unternehmen. Eigentlich sollte die eAU zum 1. Juli 2022 verbindlich eingeführt werden. Dass es nun noch einmal eine Fristverlängerung bis zum 1. Januar 2023 gab, unterstreicht die Dringlichkeit des Problems. Noch immer haben viele Unternehmen ihre Hausaufgaben nicht gemacht, weiß Payroll-Experte Carl Weigert. Weigert ist für das Münchner Beratungsunternehmen B-4it tätig, das an der Schnittstelle zwischen HR und IT agiert und sich daher bestens mit der technischen und organisatorischen Strukturierung von HR-Prozessen auskennt. Eine weitere Fristverlängerung werde es sicher nicht geben. Unternehmen, die das Thema bisher noch nicht umgesetzt haben, müssen jetzt tätig werden.
Dank der eAU müssen Arbeitnehmer in Zukunft ihre AU beim Arbeitgeber nicht mehr vorlegen. Stattdessen müssen die Arbeitgeber die eAU selbstständig bei der zuständigen Krankenkasse digital abrufen. Doch mit dieser neuen Regelung seien für die Unternehmen eine Menge Fallstricke verbunden, erklärt Weigert. So werde die neue Regelung anfangs nur für gesetzlich Krankenversicherte gelten. Bei privat versicherten Arbeitnehmern ändert sich erst einmal nichts.
Payroll-Systeme müssen daher in Zukunft verschiedene Prozesse gleichzeitig beherrschen. Zumal es neben der Unterscheidung zwischen gesetzlich und privatversicherten weitere Ausnahmen gibt, etwa die AU für Eltern, die wegen kranker Kinder zu Hause bleiben müssen. Damit das alles funktioniere, müssen die Payroll-Daten entsprechend aktuell und gut gepflegt sein, so Weigert. Und, was oft noch viel wichtiger sei: Der neue Prozess müsse nicht nur technisch sauber im Unternehmen integriert werden, sondern auch strukturell.
Probleme tauchen etwa immer dann auf, wenn es diesbezüglich noch keine klaren Regelungen gibt. In der Praxis sei es eben üblich, dass sich ein Arbeitnehmer auf unterschiedlichsten Wegen krankmelde. Mal per Mail, mal telefonisch. Meist geschieht dies direkt bei der Abteilung, in der er tätig ist. Entweder beim Abteilungsleiter oder aber im Sekretariat.
Nur wie findet eben diese Krankmeldung nun ihren Weg in die Payroll? Zumal bei der Ein- und Weitergabe verschiedene Aspekte zu beachten sind: Fällt der Arbeitnehmer länger als drei Tage aus? Oder kommt er bereits nach einem oder zwei Tagen wieder in die Arbeit? Davon hängt ab, ob der Arbeitgeber überhaupt eine eAU bei der Krankenkasse anfordern muss, oder eben nicht – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Payroll. Weigert berichtet:
Noch nicht alle Unternehmen nutzen ein ESS, ein sogenanntes Employee Self Service-Portal.
Mit diesem wäre die Digitalisierung der Krankmeldung grundsätzlich einfacher. Ein weiterer kritischer Punkt sei die Datenpflege. Der Abruf der eAU sei nur möglich, wenn die gesetzliche Krankenkasse der Versicherten bekannt ist, erklärt Weigert. Bislang sei das bei Praktikanten, Werkstudenten oder Minijobbern, die normalerweise von der Krankenversicherungspflicht befreit sind, meist nicht der Fall. Nun muss auch für diese Arbeitnehmer die eAU-Abfrage in die Payroll eingebunden werden.
Die saubere technische und strukturelle Implementierung eines Prozesses wie der eAU nehme mindestens zwei bis drei Monate in Anspruch. Die Zeit drängt, denn: Unternehmen, die sich nicht um die ordnungsgemäße Umsetzung kümmern, riskieren, in die Haftung genommen zu werden. Schließlich haften die Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern für die richtige Abrechnung.
Das Münchner Beratungsunternehmen B-4it bietet zum Thema eAU spezielle fachliche und technische Beratungen an und implementiert auf Wunsch natürlich auch die entsprechenden Lösungen. In den vergangenen Wochen und Monaten hat B-4it die eAU bereits bei mehreren Unternehmen proaktiv anlaufen lassen beziehungsweise umgesetzt. Dabei hat sich gezeigt, dass Standardlösungen allerdings oftmals Anfangsschwierigkeiten verursachen. Diese müssen und können anschließend mit den Softwareherstellern, gelöst werden.