Innovative Produkte, Dividendenpapiere und die Abkehr von 100-prozentigen Beitragsgarantien – Experten der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV), zeb.business school und Monuta Versicherungen diskutierten die Zukunft der Versicherungsbranche.
„Riester wäre in Zukunft teures Festgeldsparen, wenn die Politik nicht mehr Risiko zulässt“, reagiert Dr. Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung, auf den zum kommenden Jahr sinkenden Garantiezins. Genau diese noch durch Corona verschärfte Phase bezeichnet Prof. Dr. Michael Lister, Head of zeb.business school, als in keinem volkswirtschaftlichen Modell darstellbar. Eine dauerhafte Erholung hält er in den kommenden Jahren für unwahrscheinlich.
Neue Modelle für Versicherer und Verbraucher
„Ich empfinde die Garantie der Beitragszahlungen als eine Diskriminierung der Versicherung”, äußert sich Prof. Dr. Lister. „Dieser Eingriff in den Markt und Wettbewerb ist unter den gegebenen Voraussetzungen nicht akzeptabel.”
Bei Investmentfonds spiele diese Garantie gar keine Rolle. Doch von einer Versicherung verlange man, dass sie den Kunden schützt, indem sie den Garantiezins gibt und gleichzeitig Beitragszahlen garantiert. Deswegen plädiert er für die Zulassung von Dividendenpapieren, um höhere Renditen zu ermöglichen. Der Status Quo der Kopplung des Garantiezinses an die Garantiezahlungen sei eine rechnerische Unmöglichkeit.
Deshalb ruft Dr. Schneidemann die Politik zu einer Abmilderung oder Flexibilisierung der 100-prozentigen Garantiezahlung für die betriebliche Altersvorsorge sowie Riester auf. Nur die Senkung des Garantiezinses ohne die dringend notwendige und mehrmals geforderte Riesterreform stellt kein zukunftsfestes Konzept für die kapitaldeckende Altersvorsorge dar.
Feste Garantien würden noch immer mit Sicherheit verwechselt sowie Schwankungsrisiken im Zusammenhang mit Aktien und anderen Sachwertanlagen aufgrund der in Deutschland vorherrschenden Risikoaversion dramatisch überbewertet. Dr. Schneidemann:
„Ich bin der Meinung, dass man dem aufgeklärten Kunden über Vergleichsrechnungen die Chancen und Risiken darstellt und ihm freistellt, was er haben möchte. Alles andere entmündigt den Bürger und suggeriert, dass Volatilität etwas Böses ist. Dabei ist es für Personen, die das Geld nicht zu einem fixen Zeitpunkt brauchen erst einmal etwas Gutes.”
Komplexe Produkte funktionieren nicht ohne Beratung
„Aus Versichererperspektive ist das Anforderungsprofil im Vergleich zu Investmentfonds ein anderes”, fügt Oliver Suhre, Generalbevollmächtigter der Monuta Versicherungen, hinzu. Aktienanleger könnten temporär negative Entwicklungen am Aktienmarkt vielleicht eher ein paar Jahre verschmerzen, bis die Aktienkurse wieder steigen. Der typische Riesterkunde jedoch sei auf die fristgerechte Auszahlung der Vorsorge angewiesen.
„Einerseits reden wir also ganz bewusst von Sicherheit, die ein wenig Garantie haben muss. Andererseits geht es um das Potenzial, das Kapital mit möglichst hoher Rendite anzulegen. Dieses dann intelligent und bedarfsgerecht zusammenzubringen, ist die Aufgabe einer integrierten Finanzberatung.”
Im Hinblick auf den Vertrieb sind sich Suhre und Lister einig: Die zunehmende Komplexität der Produkte überfordert den Kunden schnell und betont die Wichtigkeit kompetenter und ganzheitlicher Beratung. Diese sei von Kundenseite sogar stark nachgefragt.
Oliver Suhre betrachtet den Druck auf weite Teile der Lebensversicherungsbranche besorgt. Dennoch: Viele Anbieter hätten bereits reagiert. Darunter die Monuta Versicherungen mit einem innovativen Prämienmodell für ihr Sterbegeldprodukt. Der Spezialversicherer setzt jedoch nicht vermehrt auf Aktien, um die Liquidität zu erhalten, sondern kalkuliert seit 2020 über ein flexibles Prämienmodell. Entlang individuell erstellter Prämientabellen, steigen oder sinken die Beiträge für den Kunden über die Laufzeit konträr zum Höchstrechnungszins. Das Konzept ermöglicht dem Anbieter weiterhin die versicherte Summe schon vom ersten Tag an zu 100 Prozent abzusichern.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Continentale mit weiteren Tarifen für die DUK
Continentale Lebensversicherung: Fünf Mal "Exzellent" für bAV-Direktversicherungen
Versicherer unterstützen Reform der Betriebsrente
Die Versicherer begrüßen den Gesetzentwurf für das Betriebsrentenstärkungsgesetz: Laut GDV ist es wichtig, dass die Geringverdiener-Förderung erhöht und an die Lohnentwicklung gekoppelt wird. Gut ist auch, wenn Arbeitgeber ihre Beschäftigten automatisch per Opt-out in eine bAV einbinden können.
Die Stuttgarter erweitert Betriebsrenten-Manager
Der digitale Dokumentenversand im Verwaltungsportal für die betriebliche Altersversorgung (bAV) vereinfacht die Kommunikation und Verwaltung der Verträge. Auch eine Integration in Makler-betriebene bAV-Verwaltungsportale ist möglich.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt: Fahrradversicherung oft unverzichtbar
Fahrräder sind in Deutschland ein beliebtes Fortbewegungsmittel – sowohl im Alltag als auch in der Freizeit. Doch mit der steigenden Zahl an hochwertigen Modellen, insbesondere E-Bikes, wächst auch das Risiko von Diebstählen. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik wurden allein 2023 über 260.000 Fahrräder als gestohlen gemeldet, die tatsächliche Zahl dürfte jedoch weit höher liegen.
Insolvenzverfahren über ELEMENT eröffnet: Versicherungsschutz läuft aus
Das Insolvenzverfahren über die ELEMENT Insurance AG ist eröffnet. Die bestehenden Versicherungsverträge enden größtenteils zum 1. April 2025. Versicherten wird dringend geraten, schnell eine neue Absicherung zu suchen.
Aon-Marktprognose 2025: „Bürokratie bremst den Fortschritt aus“
Das Beratungsunternehmen Aon hat seine Marktprognose für den deutschen Versicherungsmarkt 2025 veröffentlicht. Der Bericht zeigt: Unternehmen müssen sich zunehmend mit komplexen und global vernetzten Risiken auseinandersetzen. Politische Unsicherheiten, hohe Kosten und der Klimawandel setzen Unternehmen unter Druck.
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.