Im vergangenen Jahr konnten die privaten Krankenversicherer ihren Nettobestandsverlust von 0,2 Prozent auf 0,1 Prozent reduzieren. Dies geht aus dem „Marktausblick zur privaten Krankenversicherung“ der ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur GmbH hervor.
Der Nettozuwachs im Beihilfegeschäft verbesserte sich im Jahr 2019 nach ersten Erkenntnissen von 0,9 Prozent auf 1,5 Prozent. Aber die Gesellschaften mussten im Nicht-Beihilfesegment, dem sogenannten „Normalgeschäft“, voraussichtlich einen Bestandsverlust von 1,6 Prozent hinnehmen (2018: -1,3 Prozent).
Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung der Assekurata, erläutert:
„Dies unterstreicht den langjährigen Trend, wonach Beihilfeberechtigte bereits seit 2014 mit rund 55 Prozent den Großteil des jährlichen Neuzugangs aus der GKV ausmachen. Seit 2018 sind sie auch bestandsmäßig in der Überzahl.“
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019 stieg ihr Anteil von 50,3 Prozent auf rund 51 Prozent. Da durch die Corona-Pandemie zumindest im Normalgeschäft nicht von einem steigenden Neugeschäft auszugehen ist, dürfte nach Einschätzung von Assekurata diese Entwicklung auch in naher Zukunft anhalten.
Schlechte Stimmung bei Vollversicherung
Diese Sichtweise wird durch die Ergebnisse einer Umfrage zur Markteinschätzung gestützt, die die Rating-Agentur im Frühjahr dieses Jahres erstmals unter 19 Krankenversicherern durchgeführt hat. Elf Gesellschaften mit einem Marktanteil nach vollversicherten Personen von 46,8 Prozent nahmen hieran teil, wovon nur eine die derzeitige Geschäftslage in der Vollversicherung positiv bewertete. Ähnlich skeptisch sehen die Gesellschaften die künftigen Geschäftserwartungen in diesem Geschäftszweig. Lediglich zwei Unternehmen äußerten sich hier positiv.
Zusatzversicherung stimmt positiv
Die Gesellschaften beurteilen den Krankenversicherungsmarkt insgesamt aktuell und künftig leicht positiv. Dies ist im Wesentlichen an der Zusatzversicherung zu zuschreiben. Hier verbuchte die Branche 2019 nach Verträgen insgesamt ein Plus von 2,1 Prozent.
Die leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr(2,0 Prozent) ist dabei vor allen Dingen auf die Entwicklung in der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) zurückzuführen. Diese konnte branchenweit um 16,6 Prozent zulegen. Ohne dieses Segment hätte die Zuwachsrate sowohl 2019 als auch 2018 nur bei jeweils 1,7 Prozent gelegen.
Die Pflegezusatzversicherung dürfte zwar gegenüber dem Vorjahr (93.200) mit einem Nettozuwachs von rund 110.000 Verträgen leicht zugelegt haben, bleibt damit jedoch weiterhin deutlich unter dem Niveau der Jahre vor 2017, als das zweite Pflegestärkungsgesetz noch nicht umgesetzt war.
Die Zurückhaltung bei der Pflegezusatzversicherung dürfte auch mit den Beitragsanpassungen der vergangenen Jahre zusammenhängen. So stiegen die Bestandsbeiträge bei den von Assekurata gerateten Krankenversicherern (Assekurata-Durchschnitt) zu Jahresbeginn 2020 um 11,5 Prozent, nachdem sie sich bereits 2017 um 9,8 Prozent erhöht hatten.
In der Pflegepflichtversicherung erhöhten sich die Beiträge sogar um durchschnittlich 32,7 Prozent, was die vergleichsweise moderaten Erhöhungen in der Vollversicherung relativiert.
Bei letzterer passten die Unternehmen die Beiträge im Beihilfesegment zuletzt um durchschnittlich 2,4 Prozent und im Nicht-Beihilfebereich um 3,7 Prozent an.
So sank der aktuarielle Unternehmenszins 2020 im Assekurata-Durchschnitt von 2,58 Prozent auf 2,40 Prozent, wohingegen der durchschnittliche Rechnungszins noch bei 2,56 Prozent (2019: 2,78 Prozent) liegt.
Verbesserte Ergebnissituation zum Vorjahr
Gerhard Reichl erklärt:
„Trotz anhaltendem Niedrigzins gestaltete sich das Geschäftsjahr 2019 ergebnistechnisch positiver als das Jahr davor. Dies ist im Wesentlichen auf das Kapitalanlageergebnis zurückzuführen, welches um knapp 1,1 Mrd. € zulegte.“
Damit stieg die Nettoverzinsung marktweit von 3,0 Prozent auf 3,3 Prozent an und kompensierte den Rückgang der versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote von 13,3 Prozent auf 11,9 Prozent.
In der Summe verbesserte sich das Rohergebnis nach Steuern um 0,8 Milliarden Euro auf knapp 5,9 Milliarden Euro.
Gerhard Reichl sagt:
„Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Auswirkungen gestaltet sich eine Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr derzeit recht schwierig. Anders als im Vorjahr dürfte die Kapitalanlage diesmal allerdings das Rohergebnis der Unternehmen deutlich nach unten ziehen.“
Aufgrund der derzeit rückläufigen Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte dürften auf Seiten der Versicherungstechnik die Leistungsausgaben zwar sinken, im Gegenzug kommen allerdings zusätzliche Belastungen, wie die Hygienepauschale und die Beteiligung an den Mehrkosten der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, auf die Branche zu.
Darüber hinaus ist noch nicht abschließend geklärt, inwieweit auch die PKV bei den Kosten der geplanten Corona-Testausweitungen herangezogen werden soll.
Gerhard Reichl dazu:
„Wenngleich sich in der Krankentagegeldversicherung schon jetzt ein Mehraufwand abzeichnet, erwarten wir nach derzeitigem Stand, dass die Leistungsausgaben 2020 unterm Strich geringer ausfallen.“
Ähnlich wie in der Subprime-Krise, als die Schadenquote im Bereich Krankentagegeld zwischen 2007 und 2010 von 67,8 Prozent bis auf 82,5 Prozent kletterte, könnten derzeit vor allem einige Selbstständige und Freiberufler versucht sein, Einnahmeausfälle durch Krankschreibungen zu kompensieren.
Anzahl von Nichtzahler (noch) nicht stark gestiegen
Je länger die pandemiebedingten Einschränkungen andauern, desto stärker wird die Zahl der Hilfsbedürftigen sowie Nichtzahler zunehmen, und entsprechend dürften die Bestände in den Basis- und Notlagentarifen der Versicherer an Zulauf gewinnen.
Allerdings kann Assekurata laut Gerhard Reichl bei den gerateten Krankenversicherern bislang noch keinen nennenswerten Anstieg von Nichtzahlern beziehungsweise Anträgen auf Beitragsstundung feststellen.
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