Auch wenn Eigentum unter dem Schutz des Grundgesetzes steht, kann ihm dieses allerdings entzogen werden, wenn ein Eigentümer den Gemeinschaftsfrieden nachhaltig stört. Selbst ein „unschuldiger“ Miteigentümer kann davon betroffen sein, urteilte der Bundesgerichtshof.
Gewaltbereiter Ehemann
Ein Ehepaar wohnte seit Jahrzehnten in ihrer Eigentumswohnung. Der Mann war im Zuge eines erheblichen Streits mit anderen Eigentümern für Schmierereien im Treppenhaus und an Briefkästen sowie Beschimpfungen und Körperverletzungen verantwortlich. In einem Fall stieß er einen anderen Wohnungseigentümer die Treppe herunter, der sich nur deshalb nicht schwer verletzte, weil er durch einen anderen Wohnungseigentümer aufgefangen wurde.
Die Gemeinschaft beschloss auf einer Eigentümerversammlung, dass der Ehemann das Verhalten umgehend einstellen muss.
Enteignung des Ehepaars angestrebt
Als dies nicht geschah, wurde die Einleitung eines gerichtlichen Eigentumsentziehungsverfahrens gemäß § 18 WEG gegen beide Beklagten beschlossen und das Ehepaar aufgefordert, ihre Wohnung bis zu einer gesetzten Frist zu veräußern, und die Verwaltung zu ermächtigen, bei erfolglosem Verstreichen der Frist die Verurteilung zur Veräußerung der Wohnung gemäß §§ 18, 19 WEG zu betreiben. Diese Frist ließ das Ehepaar verstreichen und auch änderte sich das Verhalten des Ehemanns nicht, der dieses mit einer psychischen Störung begründete.
Die Eigentümergemeinschaft strebte daraufhin eine Klage auf Entziehung des Eigentumes an. Allerdings hielt die gar nicht auffällig gewordene Ehefrau Anteile an der Immobilie.
Amtsgericht und Landgericht urteilen unterschiedlich
Ob auch der Ehefrau das Eigentum entzogen werden kann, darüber waren Amts- und Landgericht unterschiedlicher Meinung:
Während das Amtsgericht beide Beklagte zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums verurteilt hat, hat das Landgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Verurteilung der Beklagten aufgehoben und die Entziehungsklage insoweit abgewiesen.
Ehefrau darf bleiben
Der Bundesgerichtshof urteilte, dass die Ehefrau in einem ersten Schritt zur Veräußerung ihres Miteigentums verpflichtet ist. Die Eigentümergemeinschaft darf einen solchen Beschluss fassen. Aber es muss der Frau die Möglichkeit eingeräumt werden, den Verkauf abzuwenden, indem sie ihren Miteigentümer „dauerhaft und einschränkungslos“ aus der Wohnanlage entfernt und dessen Eigentumsanteile übernimmt.
Urteil des Bundesgerichtshofs, Aktenzeichen V ZR 138/17
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