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In dem Fall vor dem OLG Köln erhielt der Versicherungsnehmer aufgrund einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit Leistungen aus seiner Krankentaggeldversicherung, und zwar seit dem 01.04.2017 in Höhe von rund 200 Euro.
Doch die Versicherungsbedingungen der Krankentagegeldversicherung sahen eine Regelung zur Anpassung des Krankentagegeldes bei einer Reduzierung des Einkommens des Versicherungsnehmers vor. Wobei die dem Vertrag ursprünglich zugrunde liegende Klausel der BGH indes als unwirksam betrachtet (Urt. v. 06.07.2016 – IV ZR 44/15) hat.
Im Juni 2018 wurde der Versicherungsnehmer daher schriftlich über die Abänderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen benachrichtigt. Gegenstand dieser Änderung war die Ersetzung einer für unwirksam erklärten Klausel zur Herabsetzung des Krankentagegeldes bei gesunkenem Nettoeinkommen durch eine klarere Regelung.
Nach einer Überprüfung des Krankentagegeldsatzes durch den Versicherer im Jahr 2020, stellte dieser fest, dass das Nettoeinkommen des Versicherungsnehmers niedriger war als das versicherte Krankentagegeld. Daher reduzierte der Versicherer das vertragliche Krankentagegeld auf der Grundlage der neuen Vertragsklausel mit Schreiben vom 11.03.2020 ab dem 01.05.2020 auf einen Betrag von rund 175 Euro.
Der Versicherungsnehmer widersprach der Reduzierung des Krankentagegeldsatzes mit Schreiben vom 16.03.2020 und forderte den Versicherer auf, den Vertrag unverändert fortzuführen. Er vertritt die Ansicht, dass die Ersetzung der Klausel durch den Versicherer unwirksam sei. Er beruft sich dabei auf die unzumutbare Härte der Klausel und vertritt die Auffassung, dass die neue Klausel inhaltsgleich zur vorherigen intransparenten Klausel sei.
Das Landgericht Köln (Urt. v. 11.01.2023 – 23 O 168 /21) entschied zu Gunsten des Versicherungsnehmers und erklärte, die Herabsetzung des Krankentagegeldes für unwirksam. Der Versicherer ging daraufhin vor dem OLG Köln in Berufung und macht geltend, zur Klauselersetzung berechtigt gewesen zu sein. Er ist der Auffassung, die neue Klausel sei wirksam Bestandteil der Krankenhaustagegeldversicherung geworden.
Voraussetzungen der Klauselersetzung
Das OLG Köln entschied, dass die unwirksame Klausel vorliegend wirksam durch die Neufassung ersetzt wurde und der Versicherer auf dieser Grundlage das Krankentagegeld reduzieren konnte.
Notwendigkeit zur Vertragsfortführung
Der Versicherer ist berechtigt, eine durch höchstrichterliche Rechtsprechung oder durch bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärte Klausel, durch eine neue Regelung zu ersetzen. Darüber hinaus liegt die Berechtigung zur Klauselersetzung vor, wenn das Festhalten an dem Vertrag ohne die neue Regelung für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellt. Die Notwendigkeit ergibt sich hier vorliegend daraus, dass andernfalls eine vertragliche Regelungslücke besteht. Eine Regelungslücke liegt insbesondere dann vor, wenn Leistungspflichten und Ansprüche der Parteien oder andere wesentliche Vertragselemente betroffen sind. Die Klauselersetzung ist hier notwendig, damit die Versicherung auf eine Minderung des Nettoeinkommens des Versicherungsnehmers reagieren und das entsprechende Krankentagegeld anpassen kann.
Daneben müsse die neue Regelung zur Fortführung des Vertrages notwendig im Sinne des § 164 VVG sein. Auch dies sei in dem vorliegenden Fall jedoch gegeben. Würde die Klausel vorliegend ersatzlos wegfallen, bestünde die Gefahr, dass das Krankentagegeld den regulären Verdienst des Versicherungsnehmers deutlich übersteigt. Der Versicherungsnehmer hätte dadurch die Möglichkeit, ein höheres Einkommen zu erzielen, als er in gesunden Tagen tatsächlich erwirtschaften würde. Ein solcher „Überverdienst“ würde dem Sinn und Zweck der Krankentagegeldversicherung als Verdienstausfallversicherung widersprechen, so das OLG Köln.
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