Finanzkommissarin McGuinness gibt sich geschlagen: Banken und Versicherungen dürfen weiter Finanzprodukte auf Provision vertreiben. Damit beugt sich die Irin (vorerst) dem Lobbydruck, warnt aber, dass dies kein Freifahrtschein für die Finanzbranche sei.
Die EU-Kommission hat den umstrittenen Plan für ein Provisionsverbot für Finanzberater fallen gelassen, wie das Handelsblatt am 28. April 2023 meldete. Finanzkommissarin Mairead McGuinness verkündete am späten Nachmittag des 27. April 2023 in einer Rede, dass sie auf ein vollständiges Provisionsverbot vorerst verzichten werde.
Die Irin beugt sich damit dem Lobbydruck aus der Finanzbranche und etlichen EU-Regierungen. In ihrer Rede vom 27. April 2023 erklärt sie:
Alles in allem haben wir auf diejenigen gehört, die uns sagen, dass ein vollständiges Verbot von Anreizen in dieser Phase zu störend sein könnte.
In ihrer Rede betonte McGuinness , dass sie weiterhin pro Regulierung sei. Denn ein Berater, der auf Provision arbeitet, sei im wesentlichen ein Verkäufer. Er habe ein eigenes finanzielles Interesse daran, dem Kunden ein möglichst teures Produkt zu verkaufen.
„Kleinanlegern werden selten die günstigsten Produkte angeboten, obwohl diese häufig genauso gut sind wie die teureren“, sagte McGuinness. Auch wüssten die Kunden häufig nicht, wie viel sie für Finanzprodukte bezahlen oder wie man die erhältlichen Produkte vergleiche. Deshalb sei es in diesem Bereich mehr als in jedem anderen nötig, die Interessenskonflikte zu adressieren.
Kein Freifahrtschein für den Finanzsektor
Die Kommissarin betonte, dass sie handeln werde: „Auch wenn wir jetzt kein Provisionsverbot vorschlagen, bedeutet das keinen Freifahrtschein für den Finanzsektor“, sagte sie in ihrer Rede. Manche in der Branche müssten ihr Geschäftsmodell überdenken, damit Verbraucher einen „faireren Deal“ bekämen.
Sie kündigte an, die Vorschriften rund um Provisionen zu verschärfen: „Es sollte eine bessere Auflistung der Kosten geben, damit Verbraucher leichter verschiedene Optionen vergleichen können." Es brauche mehr Kontrolle durch die Finanzaufsicht.
Die Details will sie in ihrer Kleinanlegerstrategie vorlegen, die bereits mehrfach verschoben wurde. Aktuell ist der 24. Mai für die Vorstellung geplant.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Koexistenz von Provision und Honorar bei Altersvorsorgeprodukten
Im Zuge der Einführung „EU-Kleinanlegerstrategie“ wird die Frage nach der Beratungsvergütung für Finanzprodukte weiter heiß diskutiert. Die Forderung nach einem Verbot wird mit den Ergebnissen der Kantar-Studie begründet. Das ifa legt nun die Schwächen in deren Argumentation offen.
BVK-Gutachten: Kein Provisionsverbot für Versicherungsmakler
Versicherungsmaklern steht es nach wie vor frei, provisionsbasiert zu beraten. Das gesetzliche Berufsbild des Versicherungsmaklers hindert sie nicht daran. Vermittler*innen müssen aber offenlegen, ob die angebotene Beratung auf Provisionsbasis und deswegen „nicht unabhängig“ erfolgt.
Bessere Regulierungen anstatt Provisionsverbot!
Ein Provisionsverbot in der Finanzberatung könnte eine ganze Reihe an Kollateralschäden für Verbraucher und Geringverdiener nach sich ziehen. Marktteilnehmer, Branchenverbände und Politik sollten sich daher für bessere Regulierungen einsetzen, anstatt einseitig Provisionen zu kritisieren.
EU-Kommission untergräbt eigene Kleinanlegerstrategie
Verfolgt die EU-Kommission weiter die Einführung eines Provisionsverbots, untergräbt sie vor allem ihre eigenen Ziele. Denn ein Provisionsverbot führt nicht zu höheren Renditen für Privatanleger, sondern verhindert sogar, dass diese sich stärker an den Kapitalmärkten beteiligen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
BFH-Urteil zum freiwilligen Wehrdienst: Wann Kindergeld trotz Soldatendienst gezahlt wird
Der Bundesfinanzhof schafft Klarheit: Ein freiwilliger Wehrdienst allein begründet keinen Anspruch – doch wer ausbildungswillig ist und keinen Platz findet, kann profitieren. Was das Urteil für Familien bedeutet.
Geldanlage: Sicherheit vor Rendite – aber mit wachsender Risikobereitschaft
Für die meisten Deutschen steht Sicherheit bei der Geldanlage weiterhin an erster Stelle. Das zeigt eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der BarmeniaGothaer. Während klassische Sparformen dominieren, gewinnt das Interesse an renditestärkeren Alternativen wie Fonds und Aktien langsam an Bedeutung.
Insolvenzverfahren der P&R-Gruppe: Über 666 Millionen Euro an Gläubiger verteilt
In den Insolvenzverfahren der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften wurde nunmehr die vierte Abschlagsverteilung vorgenommen. Insgesamt rund 122 Millionen Euro wurden an mehr als 54.000 Gläubiger ausgezahlt.

Steuerbonus aus der Nebenkostenabrechnung
Versteckte Steuerersparnis in der Betriebskostenabrechnung: Wer haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gezielt nutzt, kann jährlich mehrere hundert Euro direkt von der Steuer abziehen. Was § 35a EStG erlaubt, wie man eine Bescheinigung bei der Hausverwaltung anfordert – und worauf Mieter und Eigentümer jetzt achten sollten.