Laut einer neuen internationalen Studie von WTW knüpfen 77 Prozent der weltweit betrachteten börsennotierten Unternehmen ihre Vorstandsvergütung auch an die Erreichung von ESG-Zielen. DAX-Unternehmen liegen im internationalen Vergleich deutlich vorne: 98 Prozent der führenden deutschen Unternehmen berücksichtigen ESG-Ziele in ihren Incentive-Systemen.
In den vergangenen Jahren haben ESG-Kriterien für die Unternehmensführung erheblich an Bedeutung gewonnen. Folglich wird die Erreichung solcher Ziele auch in die Bonussysteme und die langfristig variable Vergütung von Vorständen einbezogen. Aus der neuen WTW-Studie geht hervor, dass im letzten Jahr noch 68 Prozent der betrachteten Unternehmen entsprechende Kriterien berücksichtigten. Dieses Jahr sind es bereits 77 Prozent.
„ESG ist auf dem Vormarsch. Aufgrund der regulatorischen Anforderungen sowie der Erwartungshaltung von Investoren, Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit konzentrieren sich Unternehmen zunehmend auf die Verknüpfung von ESG-Zielen mit der Vorstandsvergütung“, sagt Ralph Lange, Senior Director Executive Compensation bei WTW.
Europa ist führend bei der Integration von ESG
Vor allem bei europäischen Unternehmen ist die Verwendung von ESG-Metriken bei der Gestaltung von Vergütungssystemen für Vorstände weit verbreitet. 91 Prozent der Organisationen knüpfen ihre Systeme an die Erreichung von ESG-Zielen.
Mit 98 Prozent sind die DAX-40-Unternehmen fast Spitzenreiter. Nur französische Unternehmen des CAC 40 liegen darüber. Dort haben alle Firmen ihre Incentive-Systeme an ESG-Ziele gekoppelt (100 Prozent). Beim amerikanischen S&P500 liegt der Wert nur bei 69 Prozent.
Im Vergleich zu Europa gebe es in den USA keine so strenge Regulatorik und das Bewusstsein der Öffentlichkeit sowie der Investoren sei weniger stark ausgeprägt, erklärt Lange. Trotzdem sei zu beobachten, dass auch in den USA die ESG-Ziele zunehmend Einzug in die Vorstandsvergütung halten.
ESG-Ziele oft mit kurzfristiger variabler Vergütung verknüpft
In den langfristigen Bonusplänen (LTI) von Vorständen sind ESG-Kriterien immer mehr verbreitet. 45 Prozent der DAX-Unternehmen nutzen mindestens einen ESG-Faktor in den LTI-Plänen. Vergangenes Jahr waren es 22 Prozent. In den kurzfristigen Bonusplänen (STI) ist die Entwicklung ähnlich, jedoch ist die Verwendung von ESG -Kennzahlen bei den DAX 40 bereits etablierter: 98 Prozent nutzen mindestens eine ESG-Kennzahl in ihren STI-Plänen. Eine Zunahme von ebenfalls 23 Prozentpunkten im Vergleich zu 2021.
„Bisher setzen die Unternehmen den ESG-Schwerpunkt in den kurzfristigen Bonusplänen, die sich auf ein Geschäftsjahr beziehen. Für diesen Zeitraum können Unternehmen besser abschätzen, wie sich die Wirtschaft und Regulatorik verändern wird – anders ist es bei den langfristigen Bonusplänen, die meist eine Laufzeit von drei oder vier Jahren haben“, sagt Lange.
Investoren wünschen sich jedoch, dass ESG-Ziele auch mit den langfristigen Plänen verknüpft werden, sodass die ESG-Kennzahlen die Unternehmensteuerung nachhaltig beeinflussen, weiß der Senior Director Executive Compensation.
Soziale Ziele sind am meisten verbreitet
Am häufigsten werden für Incentive-Pläne soziale Faktoren verwendet, wie beispielsweise Gesundheit, Motivation und Sicherheit der Mitarbeitenden. 80 Prozent der Vergütungssysteme von DAX-Vorständen enthalten mindestens solch eine Größe. Bei ökologischen Faktoren sind es 78 Prozent, bei Governance 38 Prozent.
Die Qualität der Diskussion ändere sich, berichtet Lange. Bisher sei es vor allem darum gegangen, ESG-Kriterien überhaupt in den Vergütungssystemen von Vorständen zu berücksichtigen. Er erklärt:
Mittlerweile fordern Investoren, Ziele konkret zu benennen, sie messbar zu machen und transparent darüber zu berichten.
Unternehmen seien daher gefragt, abgeleitet aus der Unternehmensstrategie ihre ESG-Ziele zu definieren und sie sinnvoll mit den Vergütungssystemen der Vorstände zu verknüpfen.
Über die Studie
Die Studie hat Geschäftsberichte von 885 Unternehmen für das Geschäftsjahr 2021 analysiert, die im S&P500, FTSE 100, DAX 40 oder sieben weiteren wichtigen europäischen Indizes gelistet sind. Die Studie ist unter diesem Link verfügbar.
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