Die deutschen Versicherer wollen das aktuelle Monopol der Automobilindustrie über die Daten vernetzter Fahrzeuge beenden. Stattdessen schlagen sie und andere Mobilitätsdienstleister ein Modell vor, das den Eigentümern der Autos die volle Kontrolle über die Fahrzeugdaten gibt.
Moderne Autos erfassen, speichern und senden große Mengen an Daten. Doch welche Daten die Autos zu welchen Zwecken senden, wissen derzeit nur die Hersteller. Sie kontrollieren die Daten und geben etwa Pannen- und Unfallmeldungen selbst dann nicht an Dritte weiter, wenn der Autofahrer das möchte.
Die Verlierer auf einem derart monopolisierten Markt seien die Verbraucher. Sie bekommen ein beschränktes Angebot und zahlen aufgrund des fehlenden Wettbewerbs höhere Preise, während die Autohersteller die Daten der Fahrer zu Geld machen, bemängelt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Dabei könnten die Daten vernetzter Fahrzeuge den Fahrern und Passagieren mehr und bessere Dienstleistungen ermöglichen: Vom automatisierten Notruf über die Pannenhilfe per Fernzugriff bis zu einer auf der Kilometerleistung oder Fahrweise basierenden Versicherung.
Datenhoheit für deren Eigentümer
„Die Daten vernetzter Autos gehören nicht den Autoherstellern, sondern in die Hände der Autofahrer. Sie müssen die Hoheit über die Daten haben und frei entscheiden können, ob, wann und wem sie welche Daten senden“, sagt Käfer-Rohrbach.
Dafür müssen die Fahrer allen potenziellen Dienstleistern – Herstellern, Versicherern, Werkstätten, Automobilclubs – einen gleichberechtigten Zugang zu ihren Daten geben und mit ihnen über das Entertainment-System des Autos kommunizieren können.
Für einen sicheren und diskriminierungsfreien Datenaustausch
Der GDV und andere Verbände wie beispielsweise der ADAC und der Zentralverband des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes fordern daher einen Datenaustausch über eine „Sichere Onboard-Telematik-Plattform“. Sie ermöglicht es Fahrern, die Apps verschiedener Anbieter direkt im Fahrzeugsystem zu integrieren. Die Apps können dann auf die freigegebenen Daten zugreifen, sie verarbeiten und senden.
Sicher wäre diese Lösung dadurch, dass die Apps vor der Installation geprüft und freigegeben würden – wie es bei Smartphones und den App-Stores heute schon üblich ist. „Auch eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie kommt zum Ergebnis, dass eine solche Plattform die beste Lösung ist. Sie weist den Autofahrern die Hoheit über ihre Daten zu, stellt den Wettbewerb sicher und verhindert eine marktbeherrschende Stellung der Autohersteller”, so Käfer-Rohrbach.
Die Hersteller wollen ihr Datenmonopol hingegen auch zukünftig beibehalten. Dazu etablieren sie derzeit ein System, nach dem Fahrer die Daten nur eingeschränkt und nur über die Server des Herstellers an einen dritten Dienstleister weiterleiten können (das sogenannte ADAXO-Konzept).
Damit hätten sie weiterhin allein den direkten Zugriff auf die Daten und einen direkten Draht zu den Fahrern. Alle anderen potenziellen Anbieter würden an einem direkten Kontakt zu den Autobesitzern gehindert, ohne dass diese ein Mitspracherecht hätten.
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