Erst die Corona-Pandemie, nun Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine: Zwei schwere Krisen haben innerhalb kurzer Zeit nicht nur viel Leid über die Menschen gebracht, sondern auch zu wirtschaftlichen Verwerfungen und deutlichen Teuerungsraten geführt. Die Inflationsrate ist zuletzt auf den höchsten Wert seit 40 Jahren gestiegen.
Insbesondere Sachversicherer geraten dadurch erheblich unter Druck, denn die Inflation führe auf längere Sicht zu höheren Schadenkosten, berichtet Dirk Schmidt-Gallas, Senior-Partner und Leiter der Versicherungs-Practice bei Simon-Kucher & Partners. Denn auch nach einem Ende des Angriffskrieges in der Ukraine dürften die Preise aufgrund der Störungen beziehungsweise Unterbrechungen von Lieferketten sowie der Engpässe bei den Rohstoffen hoch bleiben.
Zudem ist wegen der vielerorts angespannten Arbeitsmärkte mit deutlichen Sekundäreffekten über höhere Löhne zu rechnen. Hinzu kommen die niedrigen Zinsen, die sich trotz der jüngsten Leitzinserhöhung durch die US-amerikanische Notenbank Fed noch immer auf einem niedrigen Niveau befinden, so Schmidt-Gallas. Dies schmälere die Ertragskraft der Versicherer weiterhin empfindlich.
Preiserhöhungen? Ja – aber nicht pauschal, sondern auf intelligente Weise
Sachversicherer seien angesichts des schwierigen Marktumfelds zu Kostensenkungen und Preiserhöhungen gezwungen. Letztere erforderten jetzt nach Ansicht von Schmidt-Gallas intelligente Strategien. Versicherer seien gut beraten, die Preise nicht pauschal zu erhöhen, sondern strategisch vorzugehen. Der Senior-Partner erläutert:
Durch eine neue Tarifpreislogik lassen sich auch in einem schwierigen Marktphase die Kundenbindung und die Neukundengewinnung auf einem hohen Niveau halten und unter Umständen sogar ausbauen.
Entscheidend sei dabei die bewusste Positionierung des Produktnutzens durch den richtigen Mix an attraktiven Leistungen und sinnvollen Ereignissen. Wichtig sei auch, dass die Versicherer Produktlösungen zusammenstellen, die für Verbraucher einen echten Mehrwert darstellen.
Private Altersvorsorge neu gedacht – Inflation stellt bisherige Strategien auf den Kopf
Das gelte auch für die private Altersvorsorge. Infolge der inflationsbedingten Geldentwertung würden die einmal mit den Kunden festgelegten Ziele beim Kapitalaufbau in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um zusammen mit anderen Vorsorgemaßnahmen und/oder der gesetzlichen Rente den Kapitalbedarf im Alter zu decken. Gerade jetzt sollten sich die Versicherer als Partner der Kunden erweisen und ihnen beratend sowie unterstützend zur Seite stehen – auf allen Kanälen, auch digital, betont Schmidt-Gallas. Bei vielen Verträgen komme es nun darauf an, die Parameter an die neuen Gegebenheiten anzupassen, die Kapitalbildungsziele nach oben anzupassen oder weitere Absicherungsbausteine hinzuzufügen, um den Auswirkungen der steigenden Teuerung entgegenzuwirken.
Anstelle der klassischen Lebensversicherung, die weiterhin mit niedrigen Zinsen, schwindenden Garantiegrundlagen und der steigenden Lebenserwartung zu kämpfen habe, sieht Schmidt-Gallas dabei weiterhin ein großes Nachfragepotenzial für einfache und transparente Produkte, die sich primär auf das Ansparen von Kapital für das Alter fokussieren. Als Kapitalsammel- und -anlagestellen verfügten die Versicherer hier über enorme Erfahrung.
Der Senior-Partner resümiert, dass Versicherer, die auf die aktuellen Herausforderungen mit intelligenten Strategien reagieren – sowohl bei Preisanpassungen als auch bei der Produktzuschneidung und der Ansprache der Kunden – die Chance haben, gestärkt aus der schwierigen Phase hervorzugehen.
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