Versicherungsmakler in Bedrängnis

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Versicherungsmakler gehörten auch in der Vergangenheit nicht unbedingt zu einem unregulierten Berufszweig. Gerade seit der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie gab es immer wieder gesetzliche Neuregelungen. Hinzu kam das eine oder andere Gerichtsurteil, das die Pflichten von Versicherungsmaklern noch konkretisierte und hierdurch den gesetzlichen Haftungsumfang präzisierte.

Ein Beitrag von Jens Reichow, Rechtsanwalt Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Auch im Jahr 2021 setzt sich dieser Trend fort. Neue Gesetze und Urteile führen dazu, dass sich die Haftungsgefahren für Versicherungsmakler durchaus verschärfen.

Jens Reichow, Rechtsanwalt, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Gesetzgeber stärkt Verbraucherrechte und mindert Waffengleichheit in Haftungsprozessen

Zum 01. Oktober 2021 trat das Gesetz für faire Verbraucherverträge in Kraft. Hierdurch wird es auch für Versicherungsmakler zukünftig schwerer, sogenannte Abtretungsverbote mit ihren Kunden zu vereinbaren. Solche Abtretungsverbote finden sich bislang noch in vielen Maklerverträgen. Derartige Klauseln bewirken, dass Kunden von ihnen behauptete Schadensersatzansprüche gegen den Versicherungsmakler nicht auf Dritte (zum Beispiel Ehegatten) übertragen können.

Eine solche Übertragung von Ansprüchen hätte nämlich für den Versicherungsmakler den Nachteil, dass er dann von ebenjenem Dritten verklagt werden und sein eigentlicher Kunde nunmehr als Zeuge auftreten könnte. Dies wäre ein klarer Vorteil aus Sicht des Kunden. Das Abtretungsverbot wahrt also die prozessuale Waffengleichheit.

Gegenüber Verbrauchern ein solches Abtretungsverbot in AGBs zu vereinbaren, ist für Versicherungsmakler nicht mehr möglich. In Betracht käme jedoch eine individualvertragliche Vereinbarung, welche jedoch die wenigsten Makler mit ihren Kunden eingehen werden – die rechtlichen Hürden hierfür sind auch nicht unerheblich.

Das neue Gesetz dürfte aber auch für Maklerverträge mit Gewerbetreibenden und Freiberuflern Auswirkungen haben. Zwar gilt das neue gesetzliche Verbot für Abtretungsverbote in AGBs nicht zwingend auch gegenüber Gewerbetreibenden und Freiberuflern, jedoch hat das Verbot sicherlich eine gewisse Ausstrahlungswirkung.

Über gesetzliche Auffangnormen, wie zum Beispiel § 307 BGB, auf welche sich auch Gewerbetreibende und Freiberufler berufen könnten, könnten daher auch Abtretungsverbote in Maklerverträgen mit Gewerbetreibenden und Freiberuflern unwirksam werden.

Bestandsschutz für Altverträge

Erfreulich aus der Sicht der Versicherungsmakler ist zumindest, dass lediglich zukünftige Maklerverträge angepasst werden müssen. Bislang vereinbarte Abtretungsverbote bleiben hingegen wirksam. Versicherungsmakler mit einem größeren Bestand, die nicht auf eine Neukundenakquise angewiesen sind, sind also im Vorteil gegenüber ihren Maklerkollegen.

Neue Dokumentationspflicht bei Telefonwerbung

Auch bei der telefonischen Kundenansprache tut sich rechtlich etwas. War der Kunde Verbraucher, so war auch bislang bereits die Einwilligung der Kunden erforderlich, damit ein Versicherungsmakler diese telefonisch zu Werbezwecken kontaktieren durfte. Dies betraf beispielsweise auch werbende Anrufe gegenüber Bestandskunden bezüglich der Erweiterung ihres Versicherungsschutzes.

Die Einwilligung des Kunden war dabei nicht formbedürftig. Die Einwilligung konnte also beispielsweise schriftlich, mündlich oder auch durch konkludentes Handeln erteilt werden. Gerade eine mündlich erteilte Einwilligung war jedoch meist schwierig nachzuweisen.

Um diese Unsicherheiten etwas zu entschärfen, führt der Gesetzgeber zusätzlich eine Dokumentationspflicht ein, wonach Gewerbetreibende, also auch Versicherungsmakler, verpflichtet sind, die ihnen erteilte Einwilligung in die telefonische Kontaktaufnahme zu Werbezwecken zu dokumentieren. Einfach ist dies natürlich, wenn der Kunde die Einwilligung schriftlich oder in Textform erklärt hat.

Anders ist es hingegen bei mündlichen Einwilligungen. Diese sind rechtlich zwar weiterhin wirksam, verursachen jedoch aufseiten des Versicherungsmaklers einen entsprechenden Dokumentationsaufwand

Ausschluss von Direktversicherern?

Viele Versicherungsmakler wollen die Angebote von Direktversicherern nicht in ihre Beratung mit aufnehmen. Eine Vermittlung dieser Versicherungen wäre dem Versicherungsmakler ohnehin nicht möglich beziehungsweise er müsste jedenfalls mit dem Versicherungsnehmer eine gesonderte Vergütungsvereinbarung treffen, sollte der Versicherungsnehmer trotzdem den entsprechenden Versicherungsvertrag abschließen wollen.

Um von Anfang an Klarheit darüber zu schaffen, dass Direktversicherer bei der Beratung nicht mitberücksichtigt werden, enthalten viele Versicherungsmaklerverträge daher auch einen expliziten Ausschluss von Direktversicherern.

In den vergangenen Monaten äußerten sich verschiedene Instanzgerichte jedoch äußerst kritisch zu solchen Klauseln und betrachteten diese auch als unwirksam (siehe hierzu Blogbeitrag der Kanzlei Jöhnke & Reichow). Nach Ansicht dieser Instanzgerichte stellt der Ausschluss von Direktversicherern eine Eingrenzung der Marktgrundlage dar, welche nach § 60 VVG nur „im Einzelfall“ möglich ist.

Eine standardisierte Klausel in den AGBs eines Maklers kann jedoch eine solche Einzelfallregelung nicht sein. Ein genereller Ausschluss von Direktversicherern gegenüber allen Kunden im Maklervertrag wäre danach rechtlich nicht wirksam. Versicherungsmakler müssten also in ihrer Beratung auch die Angebote von Direktversicherern berücksichtigen. Für Versicherungsmakler würde dies eine erhebliche Ausweitung der von ihnen zu berücksichtigenden Versicherer und Angebote bedeuten. Außerdem müssten sie das Problem lösen, den Kunden über courtagefreie Tarife von Direktversicherern zu beraten und trotzdem eine angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit zu erhalten. Es bleibt danach zu hoffen, dass Obergerichte und der BGH schlussendlich eine andere Auffassung zum Ausschluss von Direktversicherern vertreten werden.

Teilweise wird nämlich in dem Ausschluss von Direktversicherern lediglich eine zulässige Definition des zu berücksichtigenden Marktes und keine nur im Einzelfall zulässige Anbieterauswahl gesehen. Bis es zu einer höchstrichterlichen Klärung der Frage gekommen ist, sollten Versicherungsmakler vorsichtshalber jedoch auch die Angebote von Direktversicherungen mit in ihre Beratung einbeziehen.

Bild: © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB