Der Wertverlust für deutsche Sparer hat einen neuen Höchststand erreicht: Über 22 Milliarden Euro haben die Spareinlagen der Deutschen im ersten Halbjahr 2021 an Wert verloren: Pro Kopf sind das 269 Euro.
Dies ist das Ergebnis des quartalsweise erscheinenden comdirect Realzins-Radars, der gemeinsam mit Barkow Consulting ermittelt wird.
Allein im zweiten Quartal 2021 beträgt der Wertverlust 14,3 Milliarden Euro. Das entspricht pro Bundesbürger durchschnittlich 173 Euro.
Der Grund ist die nach Ende der Mehrwertsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 stark gestiegene Inflationsrate.
Im zweiten Quartal lag diese durchschnittlich bei 2,29 Prozent. Das ist der höchste Inflationswert seit mehr als zehn Jahren. Gleichzeitig liegen die Zinssätze für Tages- und Festgelder, Girokonten und Spareinlagen bei 0,10 Prozent und damit im Vergleich zu den beiden Vorquartalen unverändert auf historischem Tiefstand.
Daraus ergibt sich ein Realzins von minus 2,19 Prozent. Das ist der mit Abstand niedrigste Wert seit Beginn der Untersuchung im Jahr 2003.
Der Realzins ist der Zins nach Abzug der Inflation, also der Zins, den die Sparer unter Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes erzielen.
Seit 2010 liegt der Realverlust bei mehr als 2.000 Euro
Schon seit mehr als einem Jahrzehnt sind die Sparzinsen auf niedrigem Niveau, so sagt Andreas Lipkow, Marktexperte von comdirect:
Die Deutschen versuchen dennoch weiterhin gegen die niedrigen Zinsen anzusparen. Die Pandemie hat die Sparneigung zumindest vorübergehend noch verstärkt.
Durch den Kaufkraftverlust schmelzen die Ersparnisse aber dahin, anstatt sich zu vermehren,
Deutlich wird dies insbesondere bei langfristiger Betrachtung: Seit Ende 2010 hat jeder Deutsche im Schnitt 2.019 Euro durch Niedrigzins und Inflation verloren. Dennoch setzen sie weiter auf Tagesgeld, Festgeld und Spareinlagen.
Das Volumen dieser Anlagen ist in den vergangenen 12 Monaten sogar um einen neuen Rekordwert gestiegen: Weitere 164 Milliarden Euro haben die Sparer hierzulande auf die hohe Kante gelegt.
Durch eine wahrscheinlich weiter ansteigende Inflationsrate werden Sparer im zweiten Halbjahr sogar noch höhere Verluste erleiden, sagt Andreas Lipkow. Er appelliert daher an die Bundesbürger endlich umzudenken:
Die Zeiten, in denen man über Zinserträge sein Vermögen wachsen lassen konnte, sind lange vorbei. Für den langfristigen Vermögensaufbau führt an Wertpapieren heute kein Weg mehr vorbei.
So stellten beispielsweise Wertpapiersparpläne auch für Anfänger mit schmalem Budget eine gute Wahl da. Mit monatlichen Sparbeträgen ab 25 Euro lasse sich so über die Zeit ein Vermögen aufbauen.
Realzins-Radar
Der comdirect Realzins-Radar wird viermal im Jahr jeweils für das abgelaufene Quartal erhoben. Er untersucht, wie hoch der Wertverlust durch Geldeinlagen ist, deren Verzinsung unterhalb der Inflationsrate liegt. Daten für das Volumen und die Zinssätze von Geldanlagen (Tagesgeld, Termin- & Spareinlagen) entstammen dem Credit-Benchmark-Model® von Barkow Consulting.
Die Zinssätze entsprechen dem Durchschnitt des Bestandes. Als Basis werden Rohdaten der Deutschen Bundesbank, von destatis sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) verwendet. Die Realverzinsung errechnet sich aus dem Nominalzins der einzelnen Geldanlagen abzüglich der Inflationsrate.
Von der Berücksichtigung einer etwaigen Besteuerung der Zinserträge wird abgesehen. Zur Ermittlung des absoluten Realzinsverlustes beziehungsweise -gewinnes wird der jeweilige Realzinssatz von Tagesgeld, Spareinlagen und Festgeldern auf die entsprechenden Bestände angewendet.
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