Die Überschwemmung kann als Naturgefahr in der Elementarschadenversicherung, zum Beispiel einer Gebäudeversicherung oder Hausratversicherung versichert sein. Oftmals weicht das gewöhnliche Verständnis einer Überschwemmung von der juristischen Handhabe des Begriffes ab. Rechtsanwalt Thorben M. Jöhnke von der Kanzlei Jöhnke und Reichow erläutert aufgrund der aktuellen und sich häufenden Ereignisse ausschlaggebende Details.
Die Definition einer Überschwemmung können je nach Versicherungsbedingungen unterschiedlich ausfallen. Eine Überschwemmungsklausel kann jedoch so oder so ähnlich aufgebaut sein: „1. Versicherte Schäden Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Überschwemmung … zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen. Überschwemmung ist die Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch c)Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche infolge von a) oder b).“ Infolge der Begriffsverwendung stellte sich die Frage, ob das Wasser unmittelbar oberirdisch (von „oberflächlich“) selbst in das versicherte Grundstück eindringen muss. Dieses Verständnis hätte zur Folge, dass in den Erdengrund einsickerndes Überflutungswasser, keinen versicherten Schaden an einem Gebäude bewirken könnte, wenn dieses im späteren Verlauf in den Keller des Gebäudes eindringt (BGH, Urteil v. 20.04.2005. Az.: IV ZR 252/03). Der BGH stellte klar, dass ein solches Verständnis entgegen der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist. Insofern sind auch unterirdische Überschwemmungen versichert. Ebenfalls ursächlich für den Schaden können durch das überflutende Wasser getragene Gegenstände oder Erdmassen werden, hierbei besteht der Versicherungsschutz uneingeschränkt. Maßgeblich für die Einstufung als Überschwemmung ist die Ansammlung von erheblichen Wassermengen auf der Grundstücksoberfläche. Daran kann es fehlen, wenn nur ein Teil des Grundstückes oder Gebäudes überflutet wird. Läuft nur der Keller mit Regenwasser voll und tritt deshalb ein Wasserschaden ein, liegt kein versicherter Überschwemmungsfall vor (LG Mönchengladbach, Urteil v. 30.04.2020 – Az.: 1 O 278/18). Das Einsickern von Grundwasser in einen Keller, ohne dass der Erdboden bedeckt wird, kann demnach ebenfalls keine Überflutung darstellen (siehe LG Berlin: Kellerüberflutung keine Überschwemmung im Sinn der Versicherungsbedingungen einer Wohngebäudeversicherung). Unscharf formuliert ist der gebietseingrenzende Begriff von „Grund und Boden“. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn einzelne Gebäudeteile betroffen sind. Unterschieden wird hier zwischen dem Gebäude und dem Boden. Sollte der Grund und Boden überflutet worden sein, so besteht Versicherungsschutz für die einzelnen betroffenen Gebäudeteile (Terrasse, Dach, Balkon). Andersherum ist die einzelne Überflutung abgrenzbarer Teile des Gebäudes nicht ausreichend, um eine Überflutung des Grundes und Bodens anzunehmen. Der Versicherungsnehmer muss dann nachweisen, dass das gesamte versicherte Grundstück überflutet war. In den Klauseln wird eine erhebliche Menge von Wasser gefordert. Dieser Begriff ist einzelfallabhängig handzuhaben, es gibt keine bestimmte bezifferbare Wasserhöhe oder -menge die erheblich ist. Das Wasser und dessen Auswirkung muss zumindest sichtlich wahrnehmbar sein. Auch ist der Fläche nach keine klare Grenze zu setzen, eindeutig ist nur, dass eine Überflutung des gesamten Grund und Bodens nicht erforderlich ist. Ob eine erhebliche Menge an Wasser vorliegt ist immer in Relation von betroffenem zu unbetroffenen Grundstücksanteil festzustellen (OLG Karlsruhe, Urteil v. 20.09.2011 – Az.: 12 U 92/11). Die Ausuferung von oberirdischen Gewässern ist weit zu verstehen. Darunter ist jedwede Ursache die zur Ausuferung führt gemeint. Als solche seien erwähnt, die Schneeschmelze, das Hinunterfließen von Regenwasser an einem Berghang, oder beispielhaft der Dammbruch. Der Überschwemmungsbegriff ist nicht durch Rechtsprechung abgesteckt. In der Praxis bestehen hier große Auslegungsspielräume. Kommt es in Ihrem Umfeld zu einer naturbedingten Wasserbeschädigung und lehnt der Versicherer eine Regulierung des Schadens ab, so kann es sich durchaus anbieten einen Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der rechtlichen Prüfung der Leistungsablehnung zu beauftragen. Bilder: (1) © Gina Sanders – stock.adobe.com (2) © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbBDefinition innerhalb der Versicherungsbedingungen
Ursächlichkeit des überflutenden Oberflächenwassers
Grund und Boden
Erhebliche Menge
Ausuferung
Fazit und Hinweis für die Praxis
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