Unionspläne für ein Standardvorsorgeprodukt als fragwürdig kritisiert

In ihrem gemeinsamen Wahlprogramm sprechen sich CDU und CSU für eine Reform der staatlich geförderten Altersvorsorge aus. Dazu wollen sie Standardvorsorgeprodukt ohne Abschlusskosten und mit "möglichst niedrigen Verwaltungskosten". 

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Rechtsanwalt Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des Branchenverband VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V., kritisiert die Unionspläne. Ein Standardprodukt werfe zu viele Fragen auf:

Das Ziel von CDU und CSU, die Riester-Rente durch ein obligatorisches Standardprodukt für alle Arbeitnehmer ohne Abschlusskosten zu ersetzen, zeige einen realitätsfernen Irrglauben.

Auf die unterschiedlichen Erwerbsbiografien, Wünsche und Ziele von 45 Millionen Erwerbstätigen kann ein Standardprodukt nicht die Antwort sein. Dies ahnt auch die Union, wenn sie anführt, dass Produkte mit unterschiedlichen Garantien angeboten werden sollen.

Es ist nicht im Sinne der Erwerbstätigen, wenn sie zukünftig nicht mehr die Wahl haben, ob sie mit den Leistungen der geförderten Altersvorsorge ein Versicherungsprodukt, eine Investmentfondsanlage oder aber ihren Wunsch nach privaten Wohneigentum besparen möchten. Warum wollen CDU und CSU die Bürger um diese Wahlmöglichkeit berauben?

Der Gedanke, dass eine finanzielle Absicherung im Alter ohne professionelle Beratung möglich sein soll, ist ein weiterer Irrglaube. Wer soll den zusätzlichen Absicherungsbedarf des Erwerbstätigen ermitteln? Wer hilft ihm bei der Entscheidung für das richtige Garantieniveau?

Bei allen anderen Kapitalanlageprodukten sollen künftig zudem die Nachhaltigkeitsziele des Kunden Berücksichtigung finden. Wie sollen diese beim Standardprodukt ermittelt werden? Die Arbeitgeber werden diese Beratung ebenso wenig übernehmen können wie die Ämter.

Für die private Altersvorsorge existiert eine eierlegende Wollmilchsau ebenso wenig wie für andere politische Herausforderungen der Zukunft. Das obligatorische Standardprodukt ist ein Trugbild, dem die Union nicht nachlaufen sollte.

BVK empfiehlt Reform der Riester-Rente

Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) lehnt die Einführung eines Standardproduktes ab. Präsident Michael H. Heinz ist der Ansicht, dass eine Reform der bisherigen Riester-Rente wesentlich zielführender wäre:

Die Unionspläne sind äußerst fragwürdig und entsprechen nicht dem Leitgedanken bürgerlich-freier Entscheidung. Sie verkennen die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebenssituationen der Menschen, für die eine qualifizierte individuelle Beratung durch Vermittler notwendig ist.

Beratung ist wichtig und muss auch angemessen entlohnt werden. Ein Vertrieb ohne Beratung widerspricht dem Verbraucherschutzgedanken. Dass dieses Standardprodukt ohne Abschlusskosten und damit Beratung auskommen soll, ist kontraproduktiv.

Es besteht die Gefahr, dass die Verbraucher diesem Vorsorgezwang in großer Zahl widersprechen werden.

Der BVK schlägt dagegen vor, die Riester-Rente weiterzuentwickeln und sie vom bürokratischen Ballast zu befreien. Damit könnten deutlich mehr als die bisher 16 Millionen Bundesbürger für eine private Altersvorsorge gewonnen werden.

Der Wegfall der Beitragsgarantie und die Öffnung für weitere Berufsgruppen könnten der Riester-Rente zusätzlichen Schub verleihen, so dass fast doppelt so viele Menschen privat vorsorgen könnten. Wobei gerade Geringverdiener weiterhin von den hohen Riester-Kinderzulagen profitieren könnten.

Dagegen ist bei den Unionsplänen völlig unklar, wie das von der CDU/CSU gewünschte Standardprodukt konzipiert und wie seine Anlagestrategie aussehen soll.

Dass jetzt die Union das bewährte und reformfähige Riester-Modell einem fragwürdigen Standardprodukt opfert, kritisiert der BVK scharf. Private Altersvorsorge ist auch bei 0815-Produkten erklärungsbedürftig.

Die Beratungsexpertise der Vermittler ungenutzt lassen zu wollen, wäre ein großer Fehler.

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