Gründer: Was man definitiv den Experten überlassen sollte

Gründer: Was man definitiv den Experten überlassen sollte

Firmengründer müssen zu einem hohen Grad Universaltalente sein, weil die Natur einer Gründung meist keinen großen Finanzspielraum offeriert, um Spezialisten anzuheuern. Allerdings sollten gewisse Grenzen eingehalten werden.

Die allermeisten Gründungen haben, ungeachtet der exakten Ausrichtung, eine Gemeinsamkeit: Derjenige, der sich selbstständig macht, möchte sein eigener Herr sein, nach seinen eigenen Regeln spielen. Ein im höchsten Maß notwendiger Wunsch. Denn als Gründer muss man einen derart starken Antrieb haben, um die oft zahlreichen Hürden nehmen zu können.

Häufig allerdings führt dieser Weg über das Ziel hinaus. Viele Gründer sind unwillig, auch nur wenige Dinge outzusourcen – meist ist hier die Sorge vor Kontrollverlusten die größere Hemmung als tatsächliche finanzielle Unzulänglichkeiten. Allerdings kann eine Person allein natürlich kaum sämtliche Sparten, die in einem Unternehmen zusammenlaufen, mit letzter Perfektion beherrschen.

Vor allem dort, wo alles unterhalb von hochprofessioneller Expertise zum Nachteil der Firma gereicht, muss die Fähigkeit vorhanden sein, Experten ans Ruder zu lassen – schlicht, weil es für das Unternehmen gesünder ist; ungeachtet der Kosten. Das gilt in besonderem Maß bei den folgenden Punkten.

1. Cybersicherheit

Die gute Nachricht konnten wir Ende vergangenen Jahres vermelden: Deutschlands Mittelstand wird immer digitaler. Doch damit einher geht eine steigende Gefahr für digitale Verwundbarkeit.

Nun zeigte zwar schon vor einigen Jahren eine Studie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, dass KMU zwar prinzipiell gut aufgestellt seien, auch was die Bedrohungs-Awareness anbelangt. In jüngster Zeit allerdings mehren sich auch die Berichte, wonach die globale Majorität aller wirtschaftlich ausgerichteten Cyber-Attacken auf kleine Unternehmen zielt. Dies wurde durch eine Studie des US-Telekommunikationsriesen Verizon erst jüngst nochmals verdeutlicht.

Das Problem besteht dabei darin, dass zwar in KMU das Bewusstsein vorhanden ist, allerdings längst nicht in dem Maß die Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die greifbar wären – bei nicht wenigen KMU-Geschäftsführern spielt hier auch eine Denkweise von „zu klein, um gefährdet zu sein“ eine wichtige Rolle.

Insbesondere deshalb, weil Cyberattacken in einem geschäftlichen Umfeld …

  1. … ein enorm hohes Schadpotenzial bis zum wirtschaftlichen Totalschaden haben können;
  2. … in aller Regel von versierten Experten geplant und durchgeführt werden;
  3. … sich in ihrer Art und Ausrichtung in ständigem Wandel befinden;

… sollte es für Gründer obligatorisch sein, an diesem enorm wichtigen Punkt auf Experten zu vertrauen, statt ihren eigenen Digitalkenntnissen – egal wie umfangreich diese auch sein mögen. Wer Hackern immer einen Schritt voraus sein will, muss mindestens so gut sein wie sie. Und das geht in der Regel nur hauptberuflich.

2. Logodesign

Ein Logo ist das Herzstück einer jeden Marke. Es ist, noch vor dem Namen, einer der wichtigsten Schlüssel für Brand Awareness, für Wiedererkennung und somit den allgemeinen Bekanntheitsgrad eines Unternehmens.

Allerdings nehmen sich viele Neu-Geschäftsführer die Regel, wonach ein Logo möglichst simpel sein sollte, zu sehr zu Herzen – sie glauben dann, dass etwas derart Simples keines höheren grafischen Talents bedarf und machen sich selbst ans Werk. Leider ist das Gegenteil der Fall: Just, weil es so schwierig ist, die oft hochkomplizierten Werte einer Marke auf ein möglichst einfaches Logo „herunterzubrechen“, ist dafür professionelle Expertise dringend vonnöten.

In diesem Zusammenhang steht eine bedeutsame Studie des Werbegeschenk-Spezialisten ADLER. Dazu sollten ausgewählte Probanden die Logos der zehn größten Unternehmen Europas aus dem Gedächtnis nachzeichnen. Die Ergebnisse zeigten ganz klar, dass gerade bei den einfachen Logos oft Details (etwa die Ausrichtung) falsch memoriert wurden. Das lässt wiederum den Rückschluss zu, dass selbst bei den Großen Fehlerpotenzial besteht – das sich wegen der Komplexität eines „guten“ Logos bei neugegründeten Firmen nochmals vervielfacht.

„Unser Ziel war es, herauszufinden, wie gut 100 Personen die zehn bekanntesten Marken Europas zeichnen können. Das Ergebnis zeigt, dass selbst große Marken es nicht schaffen, bei allen Verbrauchern präsent zu sein.“

Aus diesem Grund sei dringend angeraten, zumindest das grundlegende Design des Logos an Grafik-Fachleute outzusourcen. Auch um zu verhindern, dass das eigene, prinzipiell vielleicht sogar gute Design aus Versehen in womöglich strafzahlungsbewerte Nähe eines bereits bestehenden Unternehmenslogos rutscht.

3. Medien-Inhalte

83 Millionen Einwohner hat Deutschland. In den Taschen von 57 Millionen, das entspricht 81 Prozent der Bevölkerung ab 14, befindet sich dank Smartphone eine Kamera, deren Leistungsfähigkeit in Sachen Foto und Video alles in den Schatten stellt, was noch vor zehn Jahren dem absoluten Profi-Segment vorbehalten war.

Rechnet man dann noch dedizierte Kamerasysteme hinzu, die in der Consumer-Class teilweise noch höhere Leistungen liefern, haben die allermeisten Deutschen die (technische!) Möglichkeit, enorm hochwertige mediale Inhalte zu erstellen. Genau das ist das Problem in vielen neugegründeten Firmen: Viele Gründer sehen die vorhandene Technik als einzige notwendige Voraussetzung, um gute Medien-Inhalte zu erschaffen.

Schon vor einigen Jahren nahm ein Startup genau diese Tatsache in eigenen Videos auf die Schippe, indem die beiden Gründer absichtlich typische laienhafte Medienfehler nutzten und sie so persiflierten. Der Erfolg blieb nicht aus. Jedoch zeigte diese Kampagne auch, welch vergleichsweise geringen Anteil an „sehenswerten“ Inhalten eine moderne Technik hat.

Nicht umsonst ist der Mediengestalter ein dreijähriger Ausbildungsberuf. Denn egal ob reine Fotografie oder eben Videos, immer handelt es sich dabei um sehr vielschichtige Arbeiten, bei denen Stil, Fachkenntnisse und nicht zuletzt auch ein gewisses künstlerisches Talent zwingend notwendig sind. Natürlich muss ein Gründer nicht für jeden Social-Media-Post einen Profi beauftragen. Aber für die zentralen Kerninhalte wie Imagevideos, Produktfotos und dergleichen sollte auf jeden Fall ein Experte Regie übernehmen.

4. Buchhaltung und Steuern

Das Steuerliche ist in Deutschland ein Schwert mit zwei scharfen Schneiden.

  • Auf der einen Seite ist es, besonders im Unternehmensbereich, ein hochkomplexes Gebiet, bei dem zahlreiche, häufig aktualisierte Gesetze eingehalten werden müssen und in dem eine strenge Politik von „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ gefahren wird.
  • Auf der anderen Seite hingegen gibt es weder für Gewerbetreibende noch Freiberufler irgendwelche Zwänge, diese Arbeit Fachleuten überlassen zu müssen. Zwischen Buchhaltung und Bilanz kann jeder Unternehmer diese Aufgaben selbst erledigen.

Naturgemäß entscheidet hierbei häufig ein Blick in die Firmenkasse, in welche Richtung ein Gründer tendiert – die mehreren Tausend Euro, die ein Steuerberater Unternehmen jährlich in Rechnung stellen kann, möchten sich die meisten verständlicherweise ersparen.

Leider falsche Sparsamkeit. Schon die Steuervorauszahlungen können, wenn sie falsch angesetzt wurden, einem Startup im Nachgang das Genick brechen. Und insgesamt gibt es zu viele Fallstricke, bei denen selbst kleine Fehler auf keinerlei Toleranz oder Verständnis treffen.

Ja, der Steuerberater bedeutet dauerhafte Kosten. Aber schon eine Nachzahlung, die durch laienhaftes Vorgehen entsteht, kann diese bei weitem übertreffen.

Zusammenfassung

Es ist durchaus verständlich und in vielerlei Hinsicht wirtschaftlich sehr sinnvoll, wenn Gründer in Personalunion viele Aufgaben auf sich vereinen. Der gesunde Unternehmerverstand sollte jedoch gebieten, dass man schlicht nicht in all diesen Feldern perfekt sein kann. Und dort, wo mangelnde Perfektion direkt nachteilig für das Unternehmen ist, sollte immer der Wille vorhanden sein, „jemanden zu fragen, der sich mit sowas auskennt“.

 

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