Auslandsjahr: Mehr als nur eine Karrierechance

Auslandsjahr: Mehr als nur eine Karrierechance
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Ein Jahr im Ausland. Das klingt für viele nach Sabbatical, nach vergnüglich verbrachter Zeit, aber nicht so sehr nach etwas, das einen im Leben voranbringt. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Ein Auslandsjahr ist ein so allumfassender Vorteil, dass es sich längst nicht in zwei Sätzen erklären lässt. Aus diesem Grund widmet sich der folgende Artikel dem Thema auch ganz grundsätzlich.

Eine Sache der Definition

Der Begriff Auslandsjahr enthält vermeintlich schon alles, was man über das Thema wissen muss. Leider falsch, dazu ist er viel zu schwammig formuliert, auch wenn es sich um zwei klare Begrifflichkeiten handelt. Ein Auslandsjahr hat mehrere konkrete Kerninhalte jenseits des Wortlauts:

  • „Jahr“ ist relativ. Generell bezeichnet ein Auslandsjahr einen Zeitraum von mehreren Monaten bis über einem Jahr.
  • Hauptzielgruppe sind Jugendliche (etwa während eines Schüleraustauschs) sowie Studenten, aber auch (junge) Menschen, die sich zwischen zwei Lebensphasen (etwa nach dem Studium, aber vor Berufsbeginn) befinden.
  • „Ausland“ umfasst zwar jedes Land und kann auch Nationen im unmittelbaren Umkreis Deutschlands betreffen. Generell sind damit aber eher Aufenthalte auf anderen Kontinenten gemeint, etwa in Nordamerika oder Australien.
  • Kerninhalt ist, dass man dabei „etwas fürs Leben“ lernt. Ein Auslandsjahr ist definitiv kein langer Urlaub, dient nicht nur der Entspannung, sondern hat immer einen zentralen lehrenden und/oder arbeitenden Fokus.
  • Generell herrscht Konsens darüber, dass man in einem Land, zumindest aber einer Region bleibt. Damit unterscheidet sich das Auslandsjahr auch scharf von der Weltreise.

Und allein aus diesen fünf Punkten lassen sich alle Vorteile ableiten.

1. Eine neue Erfahrung

Schon zwischen zwei aneinandergrenzenden Nationen können sich die nationalen Mentalitäten ganz erheblich unterscheiden, selbst wenn die Sprache gleich ist. Prominentes Beispiel wären die kulturellen Detail-Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz.

Doch je weiter man sich von seinem angestammten Kontinent wegbewegt, desto größer werden meist diese Unterschiede. Das gilt selbst dann, wenn das Zielland durchaus starke europäische Wurzeln hat, wie es etwa in Australien der Fall ist, aber auch in Nord- und Südamerika.

Hier muss man bedenken, dass diese europäischen Einflüsse vor Jahrhunderten stattfanden, sich jedoch ebenfalls schon vor langer Zeit eine nationale Identität herausbildete, die dafür sorgte, dass selbst solche Länder kulturell absolut eigenständig wurden.

Es ist in der Fachwelt unstrittig, dass das Kennenlernen anderer Kulturen eine der tiefgreifendsten Möglichkeiten ist, neue Erfahrungen zu sammeln und darüber auch Vorurteile abzubauen. Doch ebenso ist es Konsens, dass man eine Kultur nur dann „wirklich“ kennenlernt, wenn man für längere Zeit als Gleicher inmitten der Bevölkerung lebt und arbeitet, nicht abgeschottet in einem Feriendomizil.

2. Es ist ein willkommener Alltagsbruch

Monotonie ist Gift für jede Motivation. Das gilt im kleinen Maßstab am Arbeitsplatz, aber im ganz großen auch im Leben eines Menschen. Hier muss man bedenken, dass junge Menschen, die klassische Auslandsjahr-Kandidaten sind, mehrere Jahre voller Leistung an Schule und Hochschule hinter sich haben.

Und egal, an welchem Punkt man das Auslandsjahr in Erwägung zieht, der nächste Schritt auf der Karriereleiter wird ebenso vom Leistungsgedanken geprägt sein. Einige Monate bis ein Jahr aus diesem Trott auszubrechen, selbst wenn man auch im Zielland nicht nur entspannt in der Sonne liegt, kann enorme Auswirkungen auf die Motivation haben. Weil es einen vollkommenen Bruch mit dem bisherigen und zukünftigen Alltag darstellt – und nicht wenige zehren noch Jahre später davon.

3. Es schleift und vertieft Sprachkenntnisse

Es gibt kaum einen Weg, eine Sprache schneller und gründlicher zu erlernen, als sie tagtäglich im Alltag nutzen zu müssen. Schon wer nur einen mehrwöchigen Urlaub in der Anglosphäre macht, wird danach mit dramatisch verbesserten Englischkenntnissen zurückkehren.

Das Auslandsjahr treibt dieses Prinzip auf die Spitze, insbesondere dann, wenn man es ganz gezielt als Sprachreise betreibt und somit die eigenen Sprachkenntnisse effektiv im Ausland verbessern möchte. Wer das absolviert, darf danach mit Fug und Recht behaupten, die Sprache zumindest „fließend“, vielfach aber sogar „verhandlungssicher“ zu beherrschen – natürlich ein enormer beruflicher Vorteil.

Ein weiterer Bonus für eine echte Sprachreise: Ein künftiger Personaler muss sich dadurch nicht nur auf eine Angabe im Lebenslauf verlassen, sondern kann ein nachweisendes Dokument vorgezeigt bekommen.

4. Es ist ein Booster für den Lebenslauf

Es dürfte unstrittig sein, dass der Nachweis, eine Sprache viele Monate lang inmitten derer erlernt zu haben, die sie von Geburt an sprechen, schon für sich allein glänzend aus jedem Lebenslauf heraussticht. Tatsächlich jedoch sind Auslandsreisen auch auf andere Weisen ein Vorteil für die berufliche Zukunft:

  • Es ist ein klares Signal dafür, dass man flexibel ist, nicht einer Region, einer Kultur, einer Denkweise verhaftet ist.
  • Man beweist, dass man in der Lage ist, auch auf „fremdem Territorium“ im Alltag zu bestehen. Ja, dass man sich sogar freiwillig einer solchen Herausforderung stellt.
  • Es steht nicht nur sinnbildlich dafür, dass man an diesen Herausforderungen gewachsen ist. Vor allem in charakterlicher Hinsicht.
  • Man kann mit Fug und Recht behaupten, weitaus intimere Kenntnisse von Land und Leuten zu besitzen als jemand, der sich dieses Wissen nur theoretisch angeeignet hat.
  • Man erbringt den Nachweis, im Zweifelsfall sehr gut improvisieren zu können – einer der wichtigsten, aber schwer zu erlernenden Softskills in der Arbeitswelt.

Dazu muss man verstehen, dass allein die Erwähnung des Auslandsjahres plus Destination schon ein wichtiges Schlüsselwort ist, aus dem ein guter Personaler all dies zwischen den Zeilen herauslesen kann.

5. Man erlernt unschätzbare Softskills

Dabei, muss man unterstreichen, erntet man ja natürlich nicht nur Dinge, die sich im Lebenslauf gut machen. Es sind handfeste Fähigkeiten, die einem in jeglicher Hinsicht im Leben viel nützen:

  • Man wird arbeiten. Und ganz gleich, was es ist, man wird diesen Job, seine Mentalität und auch das dafür spezifisch notwendige Durchhaltevermögen erlernen. Selbst wer als saisonaler Schafscherer in Neuseeland arbeitet, nimmt dabei noch eine ausnehmende Zähigkeit mit nach Hause. Und vielleicht auch eine geänderte Mentalität, weil er gesehen hat, dass Arbeit unterschiedliche Facetten hat und auch harte, körperliche Arbeit enorm befriedigen kann.
  • Man lernt, Menschen mit einer weit weniger vorurteilsbeladenen/misstrauischen Grundstimmung zu begegnen, denn man hat eine Menge über eine fremde Kultur gelernt, vielleicht sogar vieles davon angenommen.
  • Man hat Kontakte geknüpft, die sich gerade in der heutigen vernetzten Welt auch nach der Rückkehr bestens pflegen lassen. Und selbst wenn es „nur“ Freundschaften sind, so hat man doch immer das gute Gefühl, eine Anlaufstelle in einem anderen Land zu haben – vielleicht sogar einen Brückenkopf für ein späteres Auswandern.
  • Man hat gelernt, sich zu behaupten, obwohl man mit unzähligen Problemen zu kämpfen hatte, die daraus resultieren, dass man in einem bis dato unbekannten Land lebt und vielleicht nur rudimentäre Sprachkenntnisse hatte. Das ist besonders für das eigene Selbstvertrauen ein starker Booster, von dem ebenfalls viele ein Leben lang zehren.

Und das Interessante daran ist: All die Vorteile, die dieser Artikel listet, kommen in absolut jedem Land, das man auswählt, zum Tragen – selbst wenn es nicht die „Auslandsjahr-Klassiker“ sind.