BU: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte gewinnen Prozess gegen Gothaer

Die Klägerin hatte für sich als versicherte Person bei der Gothaer Lebensversicherung AG seit dem 01.04.2000 eine Risikolebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auslaufend zum 01.04.2024 abgeschlossen. Nach wiederholten stationären und ambulanten Behandlungen in einem Klinikum wurde durch einen Facharzt am 27.05.2013 die Diagnose multiple Sklerose mit primär schubförmigen Verlauf gestellt. Im Rahmen einer weiteren Untersuchung in der Klinik wurde die Diagnose am 04.06.2013 bestätigt.

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Richterhammer-Stethoskop-188801219-FO-Andrey-PopovRichterhammer-Stethoskop-188801219-FO-Andrey-Popov© Andrey Popov / fotolia.com 

Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin waren Taubheitsgefühle, sensible Reizerscheinungen im Bereich beider Füße, Kribbelgefühl und Minderempfindung beider Fußsohlen mit unsicherem Gang. Hinzu kamen gelegentliche ziehende Schmerzen in den Armen.

Am 07.08.2013 leitete die Klägerin die Leistungsfallprüfung auf Berufsunfähigkeit ein und stellte der Gothaer Lebensversicherung AG alle notwendigen medizinischen Unterlagen zur Verfügung, damit eine Leistungsfallverpflichtung geprüft werden konnte.

Nach Prüfung der vorliegenden Behandlungsunterlagen und ärztlichen Stellungnahmen lehnte der Versicherer die Leistungen aus der BUZ ab und vertrat die Ansicht, dass eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit in der zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Tätigkeit als selbstständige Raumausstatterin nicht vorlag.

Die Klägerin war von 2000 bis zu Geschäftsaufgabe per 01.09.2013 als selbstständige Raumausstatterin tätig gewesen. In gesunden Tagen hatte sich der typische Arbeitsablauf der Klägerin so gestaltet, dass sie von 9:30 bis 10:00 Uhr Maschinen gereinigt und gestartet, von 10:00 bis 13:00 Uhr genäht, Schnitte angefertigt, Änderungen und Schneiderarbeiten sowie kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten ausgeführt hat. Von 13:00 bis 16:00 Uhr kümmerte sie sich um Verkauf und Kundenberatungen und erledigte von 16:00 bis 18:00 Uhr Bügeltätigkeiten. Zwischen 18:00 und 20:00 Uhr wurde für Aufträge das Aufmaß genommen, Gardinen aufgehängt, dekoriert und Montagearbeiten ausgeführt.

Aufgrund des Krankheitsbildes, der Beschwerden und Diagnosen war die Klägerin dann nicht mehr in der Lage, ihrer Tätigkeit als selbstständige Raumausstatterin nachzugehen. Nach der Geschäftsaufgabe war sie nur noch für ca. 3 Stunden pro Tag als Näherin tätig und gab auch diese Tätigkeit ab dem 01.01.2015 auf, da fortschreitende Beschwerden dies nicht mehr ermöglichten. Die Klägerin konnte aufgrund der eingetretenen Erkrankung und ihrer Folgen durch eine zunehmende Konzentrationsschwäche und die feinmotorische Beeinträchtigungen die Näh- und Zuschneide-Arbeiten nicht mehr ausführen.

Schwindel, Taubheitsgefühle und Gangunsicherheiten hinderten sie auch daran eine Leiter zu besteigen, um Aufmaß zu nehmen, Gardinen und Dekoration aufzuhängen. Auch ein Kraftfahrzeug zu führen, um zum Kunden zu fahren, war nicht mehr gegeben. Selbstverwaltende Tätigkeiten führte die Klägerin nur noch sehr eingeschränkt aus, da es immer schwieriger wurde, sich zu konzentrieren. Angesichts der Unternehmensstruktur als Einmannbetrieb, der von der Einnahmensituation aus die Einstellung von Angestellten nicht erlaubte, war es ihr auch, durch eine Umorganisation nicht möglich gewesen, ihre Defizite auszugleichen.

Zur Klage

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte sowie die Klägerin vertraten die Ansicht, dass die Klägerin zumindest seit dem 01.09.2013 jedenfalls nicht weniger als zu 50 Prozent aufgrund ihrer Erkrankung und der krankheitsbedingten Beeinträchtigungen ihres Leistungsvermögens für die Ausübung ihrer Tätigkeit als selbstständige Raumausstatterin mit dem Schwerpunkt Gardinen und Fenstergestaltung berufsunfähig sei, was letztlich auch auf die Tätigkeit als Näherin zutreffe. Da die Gothaer Lebensversicherung AG außergerichtlich kein Anerkenntnis in Bezug auf die begehrten BU-Leistungen abgab, erhob die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte Klage zum Landgericht Mühlhausen (Thüringen). Das Gericht erhob für die Beweisführung zwei schriftliche Sachverständigengutachten sowie mündliche Erläuterungen in der Hauptverhandlung.

Die Klägerin hatte mit ihrem Begehren Erfolg und die Gothaer Lebensversicherung AG wurde antragsgemäß verurteilt, u.a. an die Klägerin eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente für die Dauer der Berufsunfähigkeit zu zahlen. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Versicherer verpflichtet ist, die Klägerin von der Beitragszahlungspflicht für die Vergangenheit und die Zukunft freizustellen und die rückständige Berufsunfähigkeitsrente seit dem 01.09.2013 an die Klägerin auszubezahlen. Das Landgericht folgte damit der Rechtsauffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte, die sich unter anderem auf Rechtsstreitigkeiten mit Berufsunfähigkeitsversicherungen spezialisiert hat.

Bereits außergerichtlich waren dem Versicherer durch die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte umfassende medizinische Unterlagen zur Verfügung gestellt worden, die eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit der Klägerin bewiesen haben. Im Rahmen der Beweisaufnahme kamen die medizinischen Sachverständigen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten war. Die Klägerin war aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, ihre zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit als selbständige Raumausstattungen auszuüben, da alle Beeinträchtigungen in Gänze dazu beitragen, dass die Klägerin ihre entsprechenden Einzeltätigkeiten nicht mehr ausüben konnte.

Hinweis für die Vermittler – Praxis

Spätestens ab dem Zeitpunkt der außergerichtlichen Leistungsablehnung durch den Berufsunfähigkeitsversicherer ist anwaltliche Unterstützung zwingend geboten. Die Kanzlei Jöhnke & Reichow wird zu dem Bereich Berufsunfähigkeit auf den Vermittler-Seminaren am 24.09.2018 in Hamburg, am 25.09.2018 in Dortmund, am 26.09.2018 in Bad Soden und am 27.09.2018 in Leipzig referieren. Informationen zur Agenda finden Interessierte hier.

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