Deutschland galt lange als wichtigster Auslandsmarkt für Schweizer Versicherer. Unternehmen wie Baloise, Helvetia, Swiss Life, Swiss Re und Zurich sind seit Jahrzehnten hier aktiv. Doch nun zeichnet sich eine Wende ab: Helvetia plant den Rückzug und sucht Käufer für ihr Deutschland-Geschäft. Auch Baloise steht unter Druck, dem Beispiel zu folgen.
Helvetia stellt Deutschland-Geschäft zum Verkauf
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat Helvetia in den vergangenen Wochen mehrere unverbindliche Angebote für ihre deutschen Gesellschaften erhalten. Nun beginnt die nächste Phase des Verkaufsprozesses: Ein digitaler Datenraum wird für ausgewählte Interessenten geöffnet, die dann detaillierte Einblicke in interne Kennzahlen erhalten. Ein Unternehmenssprecher kommentierte die Verkaufsgerüchte nicht.
Zum Verkauf stehen zwei Tochtergesellschaften – Helvetia Versicherung und Helvetia Lebensversicherung – sowie der Bestand der deutschen Niederlassung. Insgesamt geht es um rund 800 Mitarbeitende und Prämieneinnahmen von etwa einer Milliarde Euro. Die Entscheidung folgt einer strategischen Neuausrichtung unter CEO Fabian Rupprecht, der seit Ende 2023 auf höhere Profitabilität und steigende Dividenden setzt. Gleichzeitig kämpft die deutsche Helvetia-Gruppe mit hohen IT-Investitionen und überdurchschnittlichen Abschluss- sowie Verwaltungskosten.
Cevian fordert Rückzug von Baloise aus Deutschland
Auch Baloise, ehemals als Basler Versicherung bekannt, prüft den Rückzug aus Deutschland. Größter Aktionär des Unternehmens ist der schwedische Investmentfonds Cevian, der 9,4 Prozent der Anteile hält. Cevian-Chef Lars Förberg drängt auf eine Neuausrichtung und hält das Deutschland-Geschäft für unrentabel. Bereits im Oktober 2024 verkaufte Baloise den Direktversicherer Friday an die Allianz.
Im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung kritisierte Förberg zudem die insgesamt schwache Rentabilität von Baloise, die laut ihm 50 Prozent unter dem Branchendurchschnitt liege. „Baloise braucht eine neue Strategie und muss sich auch operativ verbessern. Ihr Kernmarkt ist die Schweiz, wo sie erfolgreich ist. In Deutschland hingegen ist Baloise nicht erfolgreich und wird es wohl auch nie sein. Deshalb sollte sie sich von da zurückziehen“, erklärte er. Neben dem Rückzug fordert er auch eine effizientere Konzernstruktur, insbesondere in der Bankensparte, die eine der höchsten Kostenquoten aller Schweizer Banken aufweise.
Investoren nehmen verstärkt Einfluss
Während Baloise bislang auf Effizienzsteigerungen und Stellenabbau setzt, um die Rentabilität zu verbessern, will Cevian weiter Einfluss nehmen. So soll Robert Schuchna, Cevian-Partner und Versicherungsexperte, für einen Sitz im Verwaltungsrat kandidieren. Förberg sieht dies als ersten Schritt für umfassendere Veränderungen.
Die Situation zeigt, dass Investoren zunehmend aktiv in die strategische Ausrichtung von Versicherungsunternehmen eingreifen. Ob sich Baloise und Helvetia endgültig vom deutschen Markt verabschieden, dürfte sich in den kommenden Monaten entscheiden. Der hohe Wettbewerbsdruck, steigende regulatorische Anforderungen und strukturelle Marktprobleme machen es für mittelgroße Versicherer zunehmend schwer, profitabel zu operieren.
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