Wann endet die Krankentagegeldversicherung? Die Stolperfallen des § 15 MB/KT

Der Vorsorgeberatung zur Absicherung des Arbeitsunfähigkeitsrisikos kommt im Praxisalltag oftmals nur die Rolle des Mauerblümchens zu. Nicht wenige Vermittler setzen die Vorsorgeberatung zur Absicherung der Arbeitskraft mit der Vorstellung und dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung gleich. Ein Kardinalfehler, der im Fall einer längeren Arbeitsunfähigkeit des Kunden den Vermittler sehr schnell in Erklärungsnöte bringen kann, meint Alexander Schrehardt von AssekuranZoom. Der Text erschien zuerst im expertenReport 10/24.

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Mit einer flankierenden Krankentagegeldversicherung kann die Versorgungslücke von Versicherten einer gesetzlichen Krankenkasse geschlossen und der Differenzbetrag zwischen dem Krankengeld und dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des Kunden aufgefüllt werden. Freiberuflern und Selbstständigen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine Absicherung von Krankengeld optieren müssen, bietet sich mit dem Abschluss einer substitutiven Krankentagegeldversicherung eine Alternative zur Absicherung ihres Arbeitsunfähigkeitsrisikos. Auch bei einem Wechsel aus der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wird die Krankheitskosten- regelmäßig um eine substitutive Krankentagegeldversicherung ergänzt.

Darum prüfe, wer sich ewig bindet

Vor der Einrichtung einer Krankentagegeldversicherung sollten die Versicherungsbedingungen der Anbieter sehr genau geprüft werden. Vor allem die vom PKV-Verband in § 15 Abs. 1 der Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung benannten Beendigungsgründe müssen auf der Grundlage der AVB kritisch hinterfragt werden. So endet die Krankentagegeldversicherung für die versicherte Person

  • bei Fortfall einer Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit,
  • mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit,
  • dem Bezug der Altersrente,
  • der Vollendung des 65. Lebensjahres,
  • dem Tod oder
  • der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes in einen Staat, der nicht Mitgliedsstaat der Europäischen Union und nicht Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums ist.

Auch wenn die MB/KT 2009 weder einen zwingenden noch einen halb zwingenden Charakter entfalten und nur eine Empfehlung des PKV-Verbandes an die Unternehmen der privaten Krankenversicherung darstellen, haben viele Gesellschaften wesentliche Teile der Musterbedingungen ohne eine inhaltliche Änderung in ihre Bedingungswerke übernommen. In jedem Fall sollte der Vermittler von den MB/KT 2009 abweichende Regelungen in den AVB der Krankenversicherer vor allem mit Blick auf eine mögliche Besserstellung prüfen.

Beendigung der Berufstätigkeit oder des Arbeitsverhältnisses?

Während sich mit Tod der versicherten Person unstrittig das Ende der Krankentagegeldversicherung begründet, muss der Fortfall einer Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit schon differenzierter betrachtet werden. Vor allem langjährig berufstätige Arbeitnehmer nutzen oftmals das Instrument der Altersteilzeit für einen „vorgezogenen Ruhestand“. Im Rahmen der Altersteilzeit vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine – zum Beispiel dreijährige – Aktivphase, in der der Arbeitnehmer vollschichtig arbeitet und 70 Prozent seines bisherigen Arbeitsentgelts erhält. Nach Ablauf der Aktivphase schließt sich eine Freistellungsphase mit gleicher Dauer an. Während der Freistellungsphase ist der Arbeitnehmer nicht mehr berufstätig und erhält fortlaufend 70 Prozent seines Arbeitsentgelts.

Ein privater Krankenversicherer hatte den Wechsel eines Arbeitnehmers aus der Aktiv- in die Freistellungsphase seiner Altersteilzeit zum Anlass für die Beendigung der Krankentagegeldversicherung genommen. Mit seiner Klage verfolgte der Arbeitnehmer die Fortführung seiner Krankentagegeldversicherung auch für die Dauer der Passivphase. Der Krankenversicherer verweigerte dies mit der Begründung, dass der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit zeitlich unbefristet bestehen würde. Der Bundesgerichtshof teilte diese Einschätzung des Arbeitgebers nicht und verurteilte das Unternehmen zur Fortführung der Krankentagegeldversicherung und verneinte einen Rückforderungsanspruch des Versicherers (Urt. IV ZR 314/17 vom 27.11.2019). In seiner Urteilsbegründung führte der Vierte Senat aus, dass das lohnsteuerpflichtige Arbeitsverhältnis des Klägers auch für die Dauer der Freistellungsphase und damit auch die Versicherungsfähigkeit fortbestanden haben.

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Alexander Schrehardt

Nach Abschluss seines Studiums an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg war Herr Schrehardt seit 1984 bei namhaften Versicherungsmaklerunternehmen in den Unternehmensbereichen Personenversicherung und Pensionsmanagement tätig. Die regelmäßige und kontinuierliche Teilnahme an Vorträgen und Seminaren zur eigenen Weiterbildung waren dabei für Herrn Schrehardt ebenso verpflichtend wie ein Aufbaustudium zum Betriebswirt für betriebliche Altersversorgung (FH) an der Fachhochschule Koblenz. Im Jahr 2019 gründete er zudem mit Brigitte Hicker das Beratungsunternehmen AssekuranZoom.

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