Warum sollten meine Zielkunden gerade bei mir kaufen – und nicht bei einem Mitbewerber? Vor dieser Frage stehen Berater häufig beim Entwickeln ihrer Marketing- und Vertriebsstrategie. Die Antwort hierauf fällt ihnen oft schwer, denn einen USP bzw. ein Alleinstellungsmerkmal ihrer Person bzw. Organisation oder ihres Produkts gibt es meist nicht, meint PRofilBerater Bernhard Kuntz im Gastbeitrag.
Berater – gleich welcher Couleur – stehen beim Planen ihrer Marketing- und Vertriebsaktivitäten oft vor den Fragen:
Wie überzeuge ich meine potenziellen Kunden davon, dass sie gerade mich bzw. meine Organisation kontaktieren sollten? Und:
Warum sollten diese gerade meine bzw. unsere „Leistung“ kaufen – und nicht die eines Mitbewerbers?
Fakt: Viele Mitbewerber sind meist auch nicht schlecht!
Denn ganz gleich auf welches Themenfeld sie spezialisiert sind: Es hat gibt (nahezu) stets Mitbewerber, die ebenfalls um die lukrativen Aufträge ihrer Zielkunden buhlen – Mitbewerber zudem, die häufig sogar etablierter, günstiger oder (IT-technisch fitter bzw.) innovativer sind.
Also brauchen die Beratungsanbieter überzeugende Argumente, warum die Zielkunden gerade ihre Organisation um ein Angebot bitten oder ihr einen Auftrag erteilen sollten. Sonst können sie weder Werbebriefe noch Broschüren konzipieren, noch Webseiten-Texte und Social-Media-Posts verfassen, die die gewünschte Wirkung erzielen. Und auch in den Verkaufsgesprächen kommen sie ohne überzeugende Kaufargumente meist nicht weit.
Das Formulieren solcher Kaufargumente fällt vielen Beratern, Trainern, Coaches usw. schwer. Denn je länger sie hierüber nachdenken, um so bewusster wird ihnen in der Regel: Das Gros meiner (relevanten) Mitbewerber ist auch nicht schlecht. Ihre Leistungen sind mit meinen – zumindest auf den ersten und zweiten Blick – nahezu identisch. Auch ihr Service bzw. ihre Kundenbetreuung ist nicht schlecht. Und ihre Preise? Sie sind oft sogar noch etwas niedriger als meine bzw. unsere. Deshalb fragen sie sich nicht wenige Berater (zumindest, wenn sie über eine realistische Markteinschätzung verfügen) zuweilen selbst: Warum sollten sich meine/unsere Zielkunden gerade für mich bzw. mein/unser Unternehmen und seine Produkte begeistern?
Den USP bzw. das Alleinstellungsmerkmal gibt es meist nicht
Eine Ursache hierfür ist: Viele Beratungsanbieter suchen, wenn es um das Entwickeln einer überzeugenden Kaufargumentation geht, verzweifelt nach dem USP (von Englisch „Unique Selling Proposition“) – also dem einen Merkmal, das ihr Unternehmen oder „Produkt“ von allen Mitbewerbern bzw. Konkurrenzprodukten unterscheidet. Und ernüchtert stellen sie dann fest: Dieses „Alleinstellungsmerkmal“ gibt es nicht! Und wenn doch, dann lässt sich hierauf keine längerfristige Marketingstrategie aufbauen – zum Beispiel, weil die Mitbewerber das aktuelle Alleinstellungsmerkmal im Leistungserbringungs- oder Servicebereich spätestens in einem halben Jahr kopiert haben. Oder weil sie in drei, vier Monaten den Vorsprung im technischen Bereich oder beim Produktdesign eingeholt haben.
Der Versuch vieler Berater für sich einen USP bzw. ein Alleinstellungsmerkmal zu formulieren, gleicht vielfach dem Versuch, eine Person mit einem Satz zu beschreiben. Das geht nicht! Das sei an einem Beispiel illustriert. Angenommen ein Bekannter von Ihnen möchte Sie einem Freund beschreiben. Sagt er zu ihm nur „Der Karl (oder die Karla) ist circa 1,75 groß“, dann entsteht im Kopf des Gegenübers noch kein konkretes Bild. Denn Männer (bzw. Frauen) dieser Größe gibt es viele. Anders ist dies, wenn Ihr Bekannter zudem sagt: „Der Karl (bzw. die Karla) ist 44 Jahre alt, hat BWL studiert, ist ein kommunikativer Typ, hat stets ein Lächeln auf den Lippen, ist ein absoluter Oldtimer- und USA-Fan ....“ Dann entsteht allmählich ein Bild.
Mehrere Merkmale zu einem unverwechselbaren Profil kombinieren
Ähnlich verhält es sich mit Unternehmen und Produkten. Erst wenn man mehrere Merkmale von ihnen kombiniert, gewinnen sie in der Regel Profil (im Markt) und werden im Idealfall für ihre Zielkunden einzigartig und unverwechselbar.
Also lautet Ihre Aufgabe als Unternehmer bzw. Marketing- und Vertriebsverantwortlicher die Merkmale zu ermitteln, die in ihrer Kombination ein unverwechselbares Profil ergeben. Doch dies allein genügt nicht. Denn das Profil soll ja nicht nur unverwechselbar, sondern auch attraktiv sein. Dies wird es erst, wenn Sie aus den einzelnen Merkmalen die Vorteile für Ihre Zielkunden – also Kaufargumente – ableiten.
Warum dies wichtig ist, sei erneut an einem Beispiel illustriert. Nehmen wir an, Sie sind ein Single und möchten eine Person, deren Kontaktanzeige Sie neugierig machte, für ein Date mit Ihnen erwärmen. Dann könnten Sie ihr zum Beispiel per Mail schreiben: „Ich bin 1,88 m groß“. Dies wäre jedoch nur ein Fakt. Zu einem „Kaufargument“ wird dieses Fakt erst, wenn Sie daraus ableiten: „Deshalb würde ich als dein Freund (bzw. deine Freundin), wenn wir auf eine Party oder in einen Club gingen, sofort wahrgenommen.“ Oder angenommen Sie sind ein „kommunikativer Typ“. Dann könnte das hieraus abgeleitete Kaufargument lauten: „Deshalb wirst du dich mit mir nie langweilen“.
Aus Fakten kundenbezogene Nutzen- oder Kaufargumente ableiten
Entsprechendes gilt für die Merkmale eines Beratungsanbieters oder -produkts. Deren nüchterne Aufzählung motiviert in der Regel weder Personen noch Organisationen zum Kauf oder zur Kontaktaufnahme. Anders ist dies, wenn Sie aus den Fakten kundenbezogene Nutzen- oder Kaufargumente ableiten. Hierfür erneut ein Beispiel. Angenommen Ihr Beratungsunternehmen ist seit 20 Jahren auf das Themenfeld Führung spezialisiert. Dann könnte das abgeleitete Kaufargument lauten: „Entsprechend ausgereift und praxiserprobt sind unsere Führungskräftetrainings, unabhängig davon, ob es sich bei Ihrem Unternehmen um ein Dienstleistungs- oder Produktionsunternehmen handelt.“ Oder angenommen Ihr Unternehmen ist keine „Ein-Mann-Bude“, sondern eine größeres Beratungsunternehmen mit Niederlassungen im gesamten deutschsprachigen Raum. Auch dies wäre zunächst nur ein Fakt. Ein abgeleitetes Kaufargument könnte sein: „Deshalb können wir auch umfangreiche, standortübergreifende PE- und OE-Projekte sowie Roll-outs sehr schnell und zuverlässig realisieren.“
Solche Kaufargumente zu entwickeln und diese den Zielkunden einzutrichtern – sei es mittels Werbebriefen, Anzeigen, Broschüren oder Social-Media-Posts – ist eine der Kernaufgaben der Marketing- und Werbefachleute in jedem Unternehmen. Doch dies allein genügt nicht. Vielmehr gilt gerade für Dienstleistungsunternehmen, die ihren Zielkunden keine „Schnelldreher“ wie Klamotten oder Schminke, sondern beratungsintensive, persönliche Dienstleistungen verkaufen, die für diese zudem nicht selten eine strategische Relevanz haben: Alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt müssen die Kaufargumente verinnerlicht haben, damit sie diese in Kundengesprächen locker und gezielt einsetzen können.
Überlegen: Welches Kaufargument passt bei wem?
Dabei sollten Sie (und Ihre Kollegen im Vertrieb) jedoch bedenken: Nicht jedes Kaufargument zieht bei allen Kunden(-gruppen) gleichermaßen. Also gilt es aus der Sammlung von Kaufargumenten stets die herauszupicken, die für den jeweiligen Kunden oder die jeweilige Kundengruppe relevant sind. Und teilweise müssen aus denselben Produkt- oder Unternehmensmerkmalen sogar unterschiedliche Kaufargumente abgeleitet werden. Warum?
Das sei erneut an einem Alltagsbeispiel illustriert. Angenommen Sie sind ein kommunikativer Typ. Dann kann die Aussage „Deshalb wird es dir mit mir nie langweilig“ zwar durchaus „ziehen“, wenn Sie eine Person für ein erstes Date gewinnen möchten. Anders wäre dies jedoch, wenn Sie zum Beispiel Beratungs- oder Trainingsleistungen Unternehmen verkaufen möchten. Dort könnte das hieraus abgeleitete Kaufargument beispielsweise lauten: „Deshalb gelingt es mir schnell, eine persönliche Beziehung zu Ihren Mitarbeitern aufzubauen und sie zur einer Einstellungs- und Verhaltungsänderung zu motivieren – und zwar unabhängig davon, ob sie in der Verwaltung oder der Produktion arbeiten.“
Faktenbasiert argumentieren statt Phrasen dreschen
Dasselbe gilt für alle Kaufargumente, die Sie als Beratungsanbieter bezogen auf Ihre Person oder Organisation und ihre Leistungen formulieren. Sie müssen glaubhaft, das heißt (zum Beispiel aufgrund Ihrer Biographie oder Organisationsstruktur) belegbar sein – also aus realen Merkmalen Ihrer Person oder Organisation bzw. Ihres Produkts abgeleitet sein. Sie sollten sich zudem auf ein konkretes Bedürfnis der anvisierten Zielgruppe beziehen. Sonst erzielen sie nicht die gewünschte Wirkung.
Über den Autor:
Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt. Er ist u.a. Autor der Marketing- und PR-Ratgeber „Die Katze im Sack verkaufen“, „Fette Beute für Trainer und Berater“ sowie „Warum kennt den jeder?“ (Internet: www.die-profilberater.de).