Durch technologische Innovationen entstehen in der privaten Krankenversicherung immer mehr Möglichkeiten in puncto Kundenausrichtung und Effizienzsteigerung. So hat sich die Digitalisierung auch im Bereich der PKV inzwischen als größter Veränderungstreiber etabliert.
Dies geht aus der Studie „PKV der Zukunft – Wo geht die Reise hin?“ von Deloitte hervor, die gemeinsam mit dem Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln und der Wiesbaden Business School entstand.
Neugeschäft ist entscheidende Steuerungsgröße
Im Rückblick auf 2019 sind rund 94 Prozent der Befragten mit ihrer Geschäftsentwicklung zufrieden, ganze 38 Prozent zeigen sich sogar „sehr zufrieden“. Maßgeblich ausschlaggebend für diese Bewertung ist die positive Entwicklung des Neugeschäfts.
Stefanie Kampmann, Partnerin und Leiterin Insurance Consulting bei Deloitte, dazu:
„Die Befragung hat gezeigt, dass für fast 70 Prozent der Unternehmen das Neugeschäft die wichtigste Steuerungsgröße für das Krankenversicherungsgeschäft ist – noch vor dem versicherungstechnischen Ergebnis und den Beitragseinnahmen.“
Ungewissheit bei Blick in die Zukunft
Die Mehrheit der Befragten erwartet im Falle politischer Veränderungen starke Auswirkungen auf ihr Tätigkeitsfeld. Darunter fallen etwa mögliche Eingriffe in das PKV-Geschäftsmodell – wie die Einführung einer Bürgerversicherung – sowie Veränderungen im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherer.
Digitalisierung wirkt sich auf Marktumfeld und Betrieb aus
Mit Big Data und künstlicher Intelligenz stehen zudem Innovationen bereit, die das Gesundheitswesen dauerhaft transformieren werden.
Diesen Trend erkennen auch die befragten Vorstände an: Mit einer Zustimmungsquote von 100 Prozent ist die Digitalisierung für sie mittelfristig der wichtigste Veränderungstreiber im Geschäftsumfeld der Krankenversicherer.
Zudem ist die Digitalisierung für alle Teilnehmer auch auf lange Sicht strategisch bedeutsam. 81 Prozent befinden sich bereits in der Umsetzung einer entsprechenden Digitalstrategie, während 19 Prozent angaben, dass sie derzeit eine Strategie erarbeiten.
Im Krankenversicherungsbetrieb sieht ein Großteil der Befragten hohes Potenzial für den Einsatz von KI und Robotics Process Automation (RPA) – sowohl in der Leistungsbearbeitung (94 Prozent) als auch in Tarifierung, Risikoprüfung und im Underwriting (69 Prozent). Demgegenüber überwiegen bei der Nutzung von Cloud-Lösungen für zahlreiche Versicherer noch Datenschutzbedenken.
Coronavirus beschleunigt Digitalisierung
Die COVID-19-Krise hat die Umsetzung bereits bestehender oder initiierter Digitalisierungsmaßnahmen deutlich vorangetrieben: Laut der Befragten hat die Pandemie sowohl die Digitalisierung von Prozessen (63 Prozent Zustimmung) als auch die der Kundenkommunikation (56 Prozent Zustimmung) beschleunigt.
Stefanie Kampmann erläutert:
„Das betrifft beispielsweise digitale Arbeits- und Kollaborationsmodelle, den Auf- und Ausbau digitaler Gesundheitsangebote, aber auch die Überarbeitung der Ansprachekonzepte für einen noch zielgruppengerechteren Kundenservice.“
Zusatzversicherungen haben hohes Potenzial
Die Mehrheit der privaten Versicherer geht davon aus, dass sich der Wettbewerb zukünftig verschärfen wird, sei es zur gesetzlichen Krankenversicherung (82 Prozent) oder zur direkten PKV-Konkurrenz (69 Prozent).
Produktseitig machen die Vorstände das größte Wachstumspotenzial einstimmig in der Krankenzusatzversicherung aus (100 Prozent Zustimmung), gefolgt von der betrieblichen Krankenversicherung (81 Prozent Zustimmung). Auch in der klassischen Krankenkostenvollversicherung sehen 68 Prozent der Teilnehmer weiterhin ordentliche Wachstumschancen.
Im Segment der Pflegezusatzprodukte messen die Befragten der Pflegezusatzversicherung mit rund 88 Prozent Zustimmung die größten Potenziale bei – vor allem in Kombination mit Assistance-Leistungen und Pflegeserviceprodukten.
Digitale Gesundheitsprodukte auf dem Vormarsch
Digitale Produkte und Services können dazu beitragen, die Kundenzufriedenheit und -gesundheit positiv zu beeinflussen. Die befragten Versicherer nennen Apps zur Therapieunterstützung (94 Prozent), Telemedizin (88 Prozent) und ePortale (81 Prozent) als vielversprechendste Angebote. Die Mehrheit der Teilnehmer hat sie sogar bereits implementiert.
Zugleich gehen 94 Prozent davon aus, dass digitale Gesundheitsprodukte die Gesundheitskosten langfristig senken werden. Hierfür wollen die Unternehmen auch verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, zum Beispiel InsurTechs, Gesundheitsdienstleistern oder Vertriebspartnern, setzen. Dass es im gesamten Wettbewerbsumfeld zukünftig zu einem Anstieg von Kooperationen kommt, wird von sämtlichen Befragten (100 Prozent Zustimmung) bejaht.
Stefanie Kampmann dazu:
„Anstatt der reinen finanziellen Absicherung anfallender Krankheitskosten ist es zunehmend die Verbesserung der Gesundheitsversorgung und der Lebensqualität der Kunden, die das Zukunftsbild der privaten Versicherer prägt. Aber auch wenn der Weg zum Gesundheitsdienstleister mit einem umfassenden Transformationsprozess verbunden ist, können bereits einzelne zielgerichtete Schritte in Sachen Kundenservice und Effizienz in naher Zukunft einen entscheidenden Unterschied am Markt ausmachen.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
Diese PKV-Unternehmen wuchsen nach Personen
Zehn der 32 PKV-Unternehmen haben unterm Strich, trotz der auch 2021 heraufordernden Rahmenbedingungen, Versicherte hinzugewonnen. Die Debeka baute dabei ihren Vollversichertenbestand am deutlichsten aus. Ursächlich dafür ist vor allem die starke Position im Beihilfegeschäft.
Die besten PKV-Vollkostentarife 2022 für jedes Portemonnaie
Das DFSI untersuchte die PKV-Tarife 2022 differenziert nach Tarif-Segment. Beim Grundschutz erreichte die HanseMerkur den 1. Platz, auf Standardniveau siegte die ARAG und beim Premiumschutz liegt die Hallesche ganz vorne.
Über 100-Jährige sind die Innovatoren der Krankenversicherungsbranche
Wer ist Vorreiter in Sachen Innovation, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Investition? Auffällig häufig befinden sich unter den Trägern des Siegels „Ausgezeichnete Krankenkassen“ Versicherer, die vor über 100 Jahren gegründet wurden.
PKV-Beiträge entwickeln sich langfristig günstiger
Der Beitrag für Angestellte oder Selbstständige, die 20 Jahre und länger privat krankenversichert sind, liegt 2023 im Schnitt etwa auf der Höhe von GKV-Versicherten mit mittlerem Einkommen. Ältere PKV-Versicherte zahlen im Durchschnitt nicht mehr als jüngere.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.