Chefsache: die betriebliche Krankenversicherung

Die qualifizierte Besetzung offener Stellen und die Bekämpfung des Fachkräftemangels wird für die Unternehmen in den kommenden Jahren eine der größten Herausforderungen sein. Es handelt sich hier nicht um ein singuläres Problem eines Betriebes, sondern um das ganzer Produktions- und Lieferketten. In der globalen, vernetzten Wirtschaftswelt sind von den Auswirkungen fehlender Fachkräfte Kunden und Dienstleister gleichermaßen betroffen – nur jeweils zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt und Wirkungsgrad.

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Anzugtraeger-Ordner-Diagramm-110665988-FO-smallblackcatAnzugtraeger-Ordner-Diagramm-110665988-FO-smallblackcatsmallblackcat / fotolia.com (2) © Aon Risk Solutions

Als exemplarisches Beispiel für die Problematik können die Heil- und Pflegeberufe angeführt werden. So gehen in den nächsten zehn Jahren circa 30 Prozent der heutigen Ärzte, Krankenschwestern und Pflegekräfte in den Ruhestand. Gleichzeitig erhöht sich aber durch den demografischen Wandel in unserer Gesellschaft die Nachfrage an gesundheitlicher Versorgung. Bereits heute üben sich Patienten für einen Termin beim Facharzt in Geduld.

Uwe-Juettner-2019-Aon-Risk-SolutionsUwe-Juettner-2019-Aon-Risk-Solutions Uwe Jüttner, Experte betriebliche Krankenversicherung, Aon Risk Solutions

Auch das vom Bundestag kürzlich verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird dieses Vakuum nicht kurzfristig füllen können. Nicht nur die Gesundheitsbranche kämpft mit diesem Problem. Wir finden es branchenübergreifend, insbesondere im Einzelhandel und Handwerk sowie in der IT-Branche, um nur einige Beispiele zu nennen. Unternehmen, die dem demografischen Wandel entgegensteuern wollen, dürfen ihre Maßnahmen nicht auf später terminieren. Belegschaften müssen gepflegt und die Leistungen der Arbeitnehmer honoriert werden. Mit der Einrichtung einer betrieblichen Krankenversicherung bieten Arbeitgeber Mehrwerte für die Gesunderhaltung ihrer Mitarbeiter und bringen gleichzeitig ihre Wertschätzung zum Ausdruck.

Für die Sicherung der Wertschätzung und – damit verbunden – der Unternehmenskultur gehen Experten davon aus, dass ein Betrieb in den nächsten drei bis fünf Jahren mehr als 50 Euro je Mitarbeiter und Monat in zusätzliche Benefits investieren muss, da nur 16 Prozent der Mitarbeiter über eine hohe emotionale Bindung (Quelle: Statista) an ihren Arbeitgeber verfügen.

Eine Möglichkeit, diese Investitionen zielgerichtet und zum Nutzen beider Parteien einzusetzen, ist die Einrichtung einer betrieblichen Krankenversicherung. In diese Planungen sollte bereits heute die Erwerbstätigenrolle der Generation Z einfließen. Diese zukünftige Arbeitnehmergeneration zeigt in der Regel keine oder eine geringe Bereitschaft zu einer längeren Zugehörigkeit zu einem Unternehmen.

Die betriebliche Krankenversicherung nimmt somit eine wichtige Rolle ein. Neben der betrieblichen Altersversorgung ist sie ein wichtiges Instrument für die Mitarbeitergewinnung und -bindung. Job-Hopper werden sich vor der Kündigung des Arbeitsvertrages durchaus überlegen, welche betrieblichen Sozialleistungen mit der Beendigung des betrieblichen Arbeitsverhältnisses aufgegeben werden.

Das Leistungskaleidoskop der betrieblichen Krankenversicherung

Die Versorgungsleistungen einer betrieblichen Krankenversicherung sind in hohem Maße mit den Wünschen und konzeptionellen Vorstellungen des Arbeitgebers verbunden. Vermittler sind somit gut beraten, wenn die betriebliche Krankenversicherung nicht als Produkt, sondern als konzeptionelle Beratungsleistung, die letztendlich die Philosophie des beauftragenden Unternehmens spiegelt, aufgesetzt wird.

Diesem Grundsatz folgend ist die betriebliche Krankenversicherung individuell auf das Unternehmen abgestimmt. Oder anders formuliert: Der IT-Experte, der projektbezogene Nacht- und Wochenendschichten als selbstverständlich akzeptiert, hat einen anderen Versorgungsbedarf als der Arbeitnehmer, der seine 38,5 Wochenstunden zuverlässig und eingebettet in den geregelten Arbeitsablauf am Schreibtisch verbringt.

Zudem kann die betriebliche Krankenversicherung auch eine Lenkungsfunktion übernehmen, wenn ein Unternehmer bei seinen Mitarbeitern langfristig eine gesundheitsorientierte Verhaltensänderung erreichen möchte. Dann empfiehlt sich ein Konzept mit einer budgetorientierten bKV-Leistung. Mit dieser Vorgehensweise überträgt der Arbeitgeber ein hohes Maß an Eigenverantwortung für individuelle Vorsorge- und Behandlungsmaßnahmen.

Eine Umfrage der Continentale Krankenversicherung a.G. aus dem Jahr 2017 bestätigte, dass 35 Prozent der befragten GKV-Versicherten Behandlungen unterlassen haben, da sie sich diese nicht leisten konnten. Die Befragten gaben weiter an, dass sie in den letzten zwölf Monaten im Durchschnitt 448 Euro für Zuzahlungen und nicht erstattungsfähige Leistungen ausgegeben hatten. Neben den Zuzahlungen zu Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln saldieren auch die Kosten für Zahnbehandlungen und -ersatz zu diesem Betrag.

An dieser Stelle stellt sich die Gretchenfrage, welche Versorgungsform einer betrieblichen Krankenversicherung sowohl aus Sicht des Arbeitgebers als auch der Belegschaft für ein Unternehmen geeignet ist. Entscheidet sich der Arbeitgeber für eine budgetorientierte bKV, können die Mitarbeiter das vereinbarte Budget beispielsweise für Zuzahlungen und/oder nicht erstattungsfähige Behandlungskosten einsetzen. Verfolgt der Arbeitgeber mit der betrieblichen Krankenversicherung das Ziel einer Absicherung von hohen leistungsorientierten Kosten, wie bei einem Zahnersatz oder einer vollstationären privatärztlichen Behandlung, ist die budgetorientierte Leistung nicht das geeignete Instrument. In diesem Fall ist der Betrieb zumeist mit einer klassischen betrieblichen Krankenversicherung und einem festgeschriebenen Leistungskatalog besser beraten.

Hierbei sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die betrieblichen Versorgungsleistungen auf den Regelleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung aufsetzen. Mit einer geschickten Kombination der gesetzlichen Regel- mit Wahlleistungen aus einer betrieblichen Krankenversicherung kann der Arbeitnehmer einen Privatpatientenstatus erhalten. Mitarbeiter erhalten regelmäßig eine schnellere Terminvergabe beim Arzt. Arbeitgeber profitieren durch den Beginn zeitnaher Behandlungsmaßnahmen im Idealfall von verkürzten Fehlzeiten infolge einer Arbeitsunfähigkeit.

Der Arbeitgeber ist zudem gut beraten, wenn Leistungen aus einer betrieblichen Krankenversicherung nicht aus dem Füllhorn verteilt werden. Wie in der betrieblichen Altersversorgung müssen nicht alle Arbeitnehmer mit gleichen Versorgungsansprüchen ausgestattet werden.

Die thematisierte Sorge in Unternehmerkreisen, dass mit der Entscheidung für das Benefit-Konzept einer betrieblichen Krankenversicherung eine hohe finanzielle Belastung eingegangen wird, ist regelmäßig unbegründet.

Bei der Einrichtung der Versorgungsordnung muss allerdings darauf geachtet werden, dass die versorgungsberechtigten Arbeitnehmergruppen mit objektiven Kriterien umschrieben werden. In diesem Zusammenhang können unterschiedliche Leistungen an die verschiedenen Arbeitnehmergruppen angepasst werden.

Mehr Netto vom Brutto

„Tue Gutes und rede auch darüber.“ Insofern sollten die positiven finanziellen Auswirkungen einer betrieblichen Krankenversicherung an die Mitarbeiter kommuniziert werden. Nachdem die bislang aus der eigenen Tasche zu leistenden Zuzahlungen nun teilweise oder vollständig von der betrieblichen Krankenversicherung des Arbeitgebers getragen werden, führt dies zu einer indirekten Lohnerhöhung und im Ergebnis zu „mehr Netto vom Brutto“.

Die oftmals thematisierte Sorge in Unternehmerkreisen, dass mit der Entscheidung für das Benefit-Konzept einer betrieblichen Krankenversicherung eine hohe finanzielle Belastung eingegangen wird, ist regelmäßig unbegründet.

Gemessen an den gesamten Personalkosten eines mittelständischen Unternehmens beträgt der Anteil für diese betrieblichen Vorsorgemaßnahmen oft nicht einmal 1 Prozent der Personalkosten. Insofern stellt sich die Frage, ab wann es für eine obligatorische betriebliche Krankenversicherung einen ersten Tarifvertrag geben wird. Auch bleibt abzuwarten, wie sich der Gesetzgeber hinsichtlich der steuerlichen Thematik entscheiden wird.

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