Am 25.05.2018 trat die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (EU-DSGVO) in Kraft. Verordnungen gelten direkt und unmittelbar – einer Umsetzung durch nationale Gesetzgeber bedarf es nicht. Derweil sind weitere Verordnungen und Richtlinien in Vorbereitung, welche potentiell die freie Meinungsäußerung beschränken sollen – etwa um Fake-News zu begegnen.
Keine Auskunft vom Versicherer über seine gezogenen Nutzungen
Das Amtsgericht Brühl (Urteil vom 02.05.2018, Az. 23 C 407/17) entschied, dass aus dem Datenschutzrecht kein Auskunftsanspruch für Versicherungsnehmer (VN) betreffend die vom Versicherer (VR) gezogenen Nutzungen aus dessen erhaltenen Prämienzahlung besteht.
Wirtschaftliche Vorteile des VR sind indes keine auskunftspflichtigen personenbezogenen Daten.
Wer nach Anfechtung, Widerruf, Rücktritt, Widerspruch erfahren will, welche Nutzungen der VR gezogen hat, wird sich damit abfinden müssen, dass er eines Privatgutachters oder der Einschaltung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen bedarf, damit überhaupt erst ein schlüssiger und substantiierter Klageschriftsatz für ein Gericht oder bereits außergerichtlich formuliert werden kann, denn der VR muss hier laut Bundesgerichtshof (BGH) nichts vorrechnen. Manche VN erkennen dann erstmalig, dass dieser Aufwand für den Einkauf von nötigem Sachverstand in den eigenen Rechtsschutzbedingungen (ARB) gar nicht erst gedeckt ist.
Auskunftsanspruch gegen Versicherer als lukrativer Rechtsstreit
Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 19.04.2018, Az. IX ZB 62/17) entschied, dass es beim Gegenstandswert beziehungsweise Streitwert eines Auskunftsanspruches darum geht, wie gering die Kenntnisse des Anspruchsinhabers sind. Je weniger der Auskunftsberechtigte (noch) weiß, umso höher ist der Bruchteil, den man von der eigentlichen Hauptsache ansetzen kann. Je dringender der VN auf eine Auskunft angewiesen ist, beispielsweise wegen Verlust von Unterlagen nach einem Umzug oder durch ein Hochwasser, umso höher der Streitwert und damit die Kosten. Andere Gerichte berücksichtigen die Mühe des Zusammentragens der Auskünfte zusätzlich erhöhend.
Auskunft über bezahlte Prämien vom Versicherer, §§ 242, 810 BGB
Nach einem Widerruf oder Widerspruch des VN weigert sich mancher Versicherer auch, dem Kunden Auskunft über seine gezahlten Beiträge zu geben, was für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nebst Klagebegründung jedoch benötigt wird. Hier kann dann ein ausdrückliches Auskunftsbegehren nach Datenschutzvorschriften durchaus weiterhelfen.
Mancher Versicherer beschäftigt „After Sales Manager“, deren Arbeitsplatzbeschreibung sich so liest, als ob es darum geht, berechtigte Bitten von VN abzuwiegeln. Solche Manager des VR fragen dann bei VN nach, mit welchem Rechtsanspruch sie denn meinen, die Informationen bekommen zu müssen.
Hilfreich ist es in derartigen Fällen, gleich einen umfassenden Auskunftsanspruch (nach bis vor kurzem dem Bundesdatenschutzgesetz, heute der EU-DSGVO) zu allen personenbezogenen Informationen geltend zu machen, beim Datenschutzbeauftragten des Versicherers gleich mit einer Abschrift an den Landesdatenschutzbeauftragten. Dem sind die Versicherer dann auch regelmäßig umfassend nachgekommen, manchmal nachdem sie sich wehren wollten, dass dies rechtsmissbräuchlich wäre.
Auskunftsverweigerung als Schikane?
Selbst wenn die eigentlich gewünschte Information dann doch nicht dabei ist, macht dies dem Versicherer so viel Arbeit, dass er sich künftig zweimal überlegt, durch Verweigerung leicht zu erteilender Information den Kunden zu solcher Anspruchstellung nach umfassenden nicht automatisch auf Knopfdruck erstellbaren umfassenden datenschutzrechtlichen Auskünften zu provozieren.
Beispielsweise kann dies auch nutzbar sein bei Information über gespeicherte Leistungen, Diagnosen und Vorerkrankungen – ein Verlangen ausdrücklich nach Datenschutzgesetz beziehungsweise EU-DSGVO erhöht die Auskunftsbereitschaft enorm. Dies ist auch als Vorgehen bekannt geworden, wenn eine PKV immer wieder die gleichen ärztlichen Berichte, Behandlungspläne, Diagnosen etc. anfordert, um damit vermutungsweise die Erstattung von Behandlungskosten zu verzögern.
Dem VN soll durch die datenschutzrechtliche Auskunft ermöglicht werden, umfassend alle Daten auf Richtigkeit zu prüfen und die Berichtigung oder Löschung falscher Daten zu verlangen. So kann etwa eine falsche gespeicherte Diagnose dazu führen, dass es später Probleme bei Vertragsänderungen, Tarifwechseln oder Neuabschlüssen gibt, oder auch in Leistungsfällen – eine Berichtigung falscher Daten nach umfänglicher Auskunft beugt hier vor.
Daneben gibt es noch die Rechenschaft
Wenn der VR einen Schaden reguliert, oder einen Gutachter nach einem Schadensfall losschickt, bleibt der VN häufig uninformiert. So wie auch mancher Versicherungsmakler vergisst, dass der VN sein Auftraggeber und damit Geschäftsherr ist. Dann wird stets eine Rechenschaft geschuldet, welche bei verspäteter Nachforderung oft unwillig erteilt wird, § 666 BGB. In der PKV könnte es sich beispielsweise darum handeln, was über die Clinic-Card abgerechnet und bezahlt wurde. So wie auf einer Kfz-Inspektionsrechnung stand „Nebelleuchten eingestellt“ – diese gab es indes gar nicht.
Von Dr. Johannes Fiala, PhD, RA, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www.fiala.de) und
Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).
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