Provisionen für Arbeitnehmer: Auf Verfallsfristen achten

Arbeitnehmer mit Provisionsansprüchen sollten auf einige Punkte bei der Gestaltung ihrer Vereinbarungen achten. Unter anderem muss dies entweder arbeits- oder tarifvertraglich geregelt sein. Auch müssen Ansprüche in der Regel innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden.

(PDF)
Time is running out. Hourglass vanishing on grey table against bTime is running out. Hourglass vanishing on grey table against bNew Africa – stock.adobe.com

Für viele Angestellte in Banken und Versicherungen gehören Provisionen beziehungsweise Zahlungen für vermittelte Geschäfte zur festen Gehaltsstruktur. Je nach Gestaltung können diese einen spürbaren Anteil an der gesamten Vergütung ausmachen. Als Provision wird im Arbeitsrecht im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) die Erfolgsprämie beschrieben, deren Auszahlung davon abhängt, ob der Vermittler dem Auftraggeber zu einem Umsatz verhilft oder nicht.

Grundsätzlich werden diese Ansprüche im Arbeitsvertrag geregelt, die Höhe der Vergütung orientiert sich beim Provisionsvertrag meist an einem bestimmten Prozentsatz. „Dieser wiederum ergibt sich in der Regel aus dem für den Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit erwirtschafteten Gewinn oder erbrachten Umsatz. Der Provisionssatz ist Verhandlungssache und hängt beispielsweise von der Branche, vom Wert der vermittelten Ware und vom Grad der Markteinführung der Produkte ab. Ein üblicher Durchschnitt ist eine Provisionshöhe von zehn Prozent“, sagt Tim Banerjee, Rechtsanwalt und Partner der Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen.

Rechtsanwalt Banerjee hat sich auf die Beratung an der Schnittstelle zwischen Vertriebs- und Arbeitsrecht spezialisiert und berät sowohl freie Handelsvertreter als auch Arbeitnehmer im Vertrieb und Unternehmen bei allen rechtlichen Fragen rund ums Vertriebsarbeitsrecht.

Bei der Gestaltung von Provisionsverträgen für Arbeitnehmer gibt der Vertriebsrechtsexperte zu bedenken: „Es gilt beispielsweise: Wenn ein Arbeitnehmer ausschließlich auf Provisionsbasis tätig ist, muss dies entweder arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich geregelt sein. Unzulässig ist eine vertragliche Grundlage, wenn von vornherein offenkundig ist, dass der Arbeitnehmer allein aus den Provisionszahlungen keinen angemessenen Verdienst erzielen kann.“

In dem Zusammenhang könne es zu Schwierigkeiten kommen, wenn der Verdienst nicht angemessen sei und Arbeitszeit und Provision des Mitarbeiters in einem krassen Missverhältnis stünden. Eine solche Vereinbarung sei sittenwidrig (§ 138 BGB). In dem Paragrafen heißt es: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.“ Der Arbeitnehmer könne in diesem Fall die für seine Tätigkeit übliche Vergütung nach Stunde oder Monat verlangen, betont Tim Banerjee.

Auch die Geltendmachung von Provisionen sorgt in der Praxis regelmäßig für Streitigkeiten. Oftmals haben Unternehmen und ihre Arbeitnehmer im Vertrieb ein anderes Verständnis hinsichtlich Berechnung und Strukturierung der Provisionsregelungen. Um Streitigkeiten über die Voraussetzungen des Entstehens des Provisionsanspruches und über die Höhe der Provision zu vermeiden, braucht es zum einen individuelle vertragliche Regelungen, die für beide Seiten akzeptabel sind. Zum anderen existieren einschlägige Vorgaben im Handelsgesetzbuch, die auch arbeitsrechtlich relevant sind.

Wenn beispielsweise arbeitsvertraglich vereinbart ist, dass ein kaufmännischer Angestellter für Geschäfte, die von ihm geschlossen oder vermittelt werden, eine Provision erhalten soll, gelten die Regeln des Handelsgesetzbuches auch für Arbeitnehmer, die demnach bei der Provisionsregelung dem freien Handelsvertreter gleichgesetzt sind.

Ebenfalls gilt dann die Regelung, dass Arbeitgeber die Provisionsansprüche grundsätzlich monatlich abrechnen müssen. Als maximaler Abrechnungszeitraum sind drei Monate zulässig. Ist nichts weiter vereinbart, wird die Provision zum Monatsletzten des Folgemonats fällig, „sobald und soweit“ der Arbeitgeber das Geschäft tätigt.

"Entscheidend ist, dass die sogenannte Zielerreichungskontrolle transparent und fair ist. Der Arbeitgeber
ist für die Richtigkeit der Leistungsbestimmung verantwortlich und muss diese im Zweifel vor Gericht auch beweisen.“ Vor allem gelte auch der Grundsatz, dass Zielvereinbarungen beziehungsweise Zielvorgaben realistisch sein müssten. Das hat Tim Banerjee zufolge das Bundesarbeitsgericht bereits 2010 festgelegt.

Der Arbeitgeber müsse im Zweifel nachweisen, dass die Ziele erreichbar gewesen seien. Sei dies nicht der Fall, könne dies Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen begründen, die von den Gerichten auch geschätzt werden könnten. Das bedeutet: „Grundsätzlich sollten Vertriebsmitarbeiter also schon bei den Arbeitsvertragsverhandlungen und der Festsetzung der Provisionsregelungen und Zielvereinbarungen darauf achten, dass rechtlich tragfähige und konsensuale Regelungen gefunden werden. Das kann später viel Ärger ersparen“, sagt Tim Banerjee.

Ein wichtiger Punkt: Die meisten Arbeitsverträge enthalten Ausschlussklauseln, nach welchen alle Ansprüche drei Monate nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden müssen. Das ist hochgefährlich. Wer also Provision zu bekommen hat, kann die Zügel nicht einfach schleifen lassen, sondern muss handeln.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

businessman signing documentsbusinessman signing documentsKonstantin Yuganov – stock.adobe.com
Recht

Provisionen: Besondere Regelungen im Arbeitsrecht

Arbeitnehmer mit Provisionsansprüchen sollten auf einige Punkte bei der Gestaltung ihrer Vereinbarungen achten. So muss dies entweder arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich geregelt sein.
Kryptowährungen als SachbezugKryptowährungen als SachbezugDALL-E
Recht

Kryptowährung als Lohnbestandteil: Bundesarbeitsgericht legt Bedingungen fest

Dürfen Arbeitnehmer ihre Provisionen in Kryptowährung erhalten? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat hierzu jetzt eine wegweisende Entscheidung getroffen – und klargestellt, unter welchen Bedingungen digitale Währungen als Teil des Gehalts zulässig sind.

Das Bürokratieentlastungsgesetz IV, das am 1. Januar 2025 in Kraft trat, sorgt für einige Änderungen im Arbeitsrecht. Rechtsanwältin Sarah Kolß (Kanzlei Michaelis) erklärt, welche Neuerungen Arbeitgeber beachten sollten und wo weiterhin Vorsicht geboten ist.Das Bürokratieentlastungsgesetz IV, das am 1. Januar 2025 in Kraft trat, sorgt für einige Änderungen im Arbeitsrecht. Rechtsanwältin Sarah Kolß (Kanzlei Michaelis) erklärt, welche Neuerungen Arbeitgeber beachten sollten und wo weiterhin Vorsicht geboten ist.CUsai / pixabay
Chefsache

Erleichterungen im Arbeitsrecht: Was das Bürokratieentlastungsgesetz IV bringt

Das Bürokratieentlastungsgesetz IV, das am 1. Januar 2025 in Kraft trat, sorgt für einige Änderungen im Arbeitsrecht. Rechtsanwältin Sarah Kolß (Kanzlei Michaelis) erklärt, welche Neuerungen Arbeitgeber beachten sollten und wo weiterhin Vorsicht geboten ist.

covid-19 3d red banner corona virus 2019-ncov flu outbreak,  miccovid-19 3d red banner corona virus 2019-ncov flu outbreak, micCREATIVE WONDER – stock.adobe.com
Recht

Corona-Hilfen: Nachträgliche Gefahr für freie Handelsvertreter

Mittlerweile laufen in Deutschland zahlreiche Ermittlungen gegen vermeintliche Subventionsbetrüger bei den Corona-Hilfen. Für freie Handelsvertreter im Finanz- und Versicherungssektor bestehen im Falle eines solchen Verfahrens ganz besondere Risiken.

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.

Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk

Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.

"Das Gesamtpaket muss stimmen"
Ausgabe 05/25

"Das Gesamtpaket muss stimmen"

Bernd Einmold & Sascha Bassir
„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”
Ausgabe 03/25

„Im Vertrieb werden wir unsere Aktivitäten ausbauen und die Kapazitäten dafür verstärken”

Dr. Florian Sallmann
"Schema F gibt es nicht mehr"
Ausgabe 10/24

"Schema F gibt es nicht mehr"

Michael Schillinger & Andreas Bahr
Kostenlos

Alle Ausgaben entdecken

Blättern Sie durch unser digitales Archiv im Kiosk und lesen Sie alle bisherigen Ausgaben des ExpertenReports. Zur Kiosk-Übersicht