Angesichts einer stetig wachsenden Wahrscheinlichkeit großer Schadenereignisse durch den Klimawandel, wird sich in Zukunft die Frage stellen, wie solche Schäden vermieden oder bewältigt werden können. Dies hat Dr. Matthias Land, Vorsitzender des Ausschusses Schadenversicherung der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV), am Rande der DAV-Jahrestagung in Dresden ausgeführt.
Gleichzeitig betont der Vorsitzender des Ausschusses Schadenversicherung der DAV, dass sich das große Thema der Versicherbarkeit von Klimaschäden noch mitten im Diskussionsprozess befindet: „Diese Diskussion wird auch DAV-intern noch geführt, wobei verschiedene Ansätze auf dem Tisch liegen. Aus aktuarieller Sicht gibt es jedoch schon jetzt einige Punkte, auf die man bei dem Thema hinweisen sollte.“
Auf der DAV-Jahrestagung in Dresden ging es in einer von Wettermoderatorin, Klima-Expertin und Speakerin Claudia Kleinert geleiteten Podiumsdiskussion um das Thema „Klimakrise und Versicherbarkeit – wirtschafts- und sozialpolitische Implikationen“. Mit dabei waren Vertreter aus Wirtschaft, Politik, von Erst- und Rückversicherern sowie Experten für Städtebau.
Extremwetterereignisse nehmen zu
Weltweit nehmen Extremwetterereignisse zu. Im letzten Sommer wurden große Teile Europas und auch Deutschlands von außergewöhnlich starken Dürren und Waldbränden heimgesucht. Eine der einschneidendsten Katastrophen war aber die Sturzflut im Zuge des Unwetterereignisses „Bernd“ in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021. Die persönlichen Tragödien, aber auch die wirtschaftlichen Folgen waren von gigantischem Ausmaß.
Es war das bislang kostenintensivste Einzelereignis für die deutschen Versicherer. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bezifferte Mitte 2022 die versicherten Schäden auf insgesamt etwa 8,2 Milliarden Euro. Im gesamten Jahr 2021 beliefen sich allein in Deutschland die versicherten Schäden durch Naturgefahren auf geschätzt rund 12,7 Milliarden Euro.
Matthias Land: „Wir rechnen damit, dass solche Großschadenereignisse an Intensität und Häufigkeit zunehmen werden.“ Das führe zu erwartbaren Mehrbelastungen bei den Versicherern, für die nur ein begrenztes Maß an Kapital zur Verfügung steht. „Wir müssen als Gesellschaft etwas tun, um den zunehmenden Schadenrisiken aus Naturgefahren zu begegnen. Dabei sind wir alle gefragt – die Versicherungswirtschaft, der Staat, die Bürgerinnen und Bürger und jedes einzelne Unternehmen.“
Offene Diskussion notwendig
Die hierfür notwendige Diskussion sollte sich nicht nur um eine mögliche Elementarschadenpflichtversicherung drehen. Matthias Land: „Eine Pflichtversicherung kann für sich genommen ohnehin keine Universallösung sein. Aber ob man nun für oder gegen eine Pflichtversicherungslösung ist: Es sollte klar sein, dass sich alle Beteiligten auf die erwartbaren Zukunftsszenarien vorbereiten müssen.“
Mit Blick auf Aktuarinnen und Aktuare in den Versicherungen gehöre es zum Beispiel dazu, Gebäudeversicherungsprodukte entsprechend zu konzeptionieren. Denkbar seien etwa solche Lösungen, die auch die Eigenverantwortung der Versicherungsnehmer stärker mit einbeziehen, zum Beispiel über höhere Selbstbehalte.
„Auf die Art könnten die Prämien auch in Zukunft auf einem erträglichen Maß gehalten werden“, so Land. „Hinzu kommt, dass Anreize beim Versicherten zur eigenen Vorsorge geschaffen werden. Das werden beispielsweise, je nach Situation, bauliche Maßnahmen sein. Der Staat könnte hier zusätzliche Spielräume mittels individueller Subventionierung schaffen.“
Insgesamt plädiert Dr. Land für eine offene Diskussion, die mögliche Lösungen für die erwartbaren Zukunftsszenarien aufzeigt und alle Beteiligten einbindet: „So wie wir es hier in Dresden gesehen haben, wünsche ich mir auch zukünftig eine Auseinandersetzung mit dem Thema. Am Ende ist entscheidend: Wie können wir für die Betroffenen, die Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt einen Weg finden, mit den prognostizierten Mehrkosten durch die Klimakrise fertigzuwerden?'"
Das sei eine offen geführte Diskussion wert, so Land weiter. Die Deutsche Aktuarvereinigung werde sich daran mit konstruktiven Vorschlägen aus aktuarieller Perspektive beteiligen und dem Austausch auch einen angemessenen Rahmen bieten.
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