Google, Meta und jetzt auch Amazon? Diese börsennotierten Global Player gelten nicht mehr nur als Marktführer. Laut Einschätzung des deutschen Kartellamts nehmen sie eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb ein. Entsprechend stehen alle drei Internetgiganten unter verstärkter Aufsicht.
„Dadurch kann die Behörde künftig leichter mögliche wettbewerbsgefährdende Praktiken wie die Behinderung von Konkurrenten oder eine Selbstbevorzugung der Konzerne untersagen“, weiß Jan-Philippe von Hagen, Anwalt für Wettbewerbs- und Kartellrecht bei der Korten Rechtsanwälte AG. Doch warum gewinnt die Thematik jetzt an Dynamik?
Eine Frage des Blickwinkels
Im Januar 2021 verkündete der Bundestag die zehnte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Sie bildet die Grundlage der aktuellen Anstrengungen des Kartellamts. „Laut dem ergänzten § 19a kann die Aufsichtsbehörde Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung zuschreiben, was weitere Schritte ermöglicht“, erklärt Jan-Philippe von Hagen.
Als Bewertungsgrundlage für die Einordnung nennt der Gesetzgeber fünf ausschlaggebende Faktoren. Verfügbarkeit von Ressourcen, der Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten sowie die Bedeutung der eigenen Aktionen für das Handeln Dritter gehören ebenso zu den Entscheidungskriterien wie die Integration in einen oder mehrere Märkte. Sieht das Kartellamt diese erfüllt, wird die Einschätzung offiziell verkündet und die Behörde darf genauen Einblick in einzelne Geschäftsabläufe nehmen. Bisher decken Konzerne mit großen Internetplattformen die Kriterien ab.
Unmittelbare Sanktionen drohen dem Unternehmen damit noch nicht. Fallen nach Prüfung jedoch Geschäftspraktiken als wettbewerbsgefährdend auf, kann die Aufsichtsbehörde diese untersagen.
Einfluss verpflichtet
Manchmal fallen Formulierungen in Gesetzen bewusst vage aus. In § 19a Absatz 2 GWB hingegen findet sich eine konkrete Eingrenzung wettbewerbsgefährdenden Verhaltens. Beispielsweise verbietet es der Text, die Nutzbarkeit von Informationen oder Leistungen für Konkurrenten einzuschränken. Im Umkehrschluss heißt das: Drittanbieter müssen ohne zusätzliche technische Hürden Daten eines öffentlich zugänglichen Kartendienstes weiterverarbeiten können. Neben technischen Faktoren regelt § 19a GWB auch den Zugang zu potenziellen Kunden wie etwa über ECommerce-Plattformen. „Gleich mehrere Vorschriften betreffen die Chancengleichheit beim Zutritt zu Märkten.
Der Gesetzgeber gesteht Wettbewerbern die Möglichkeit zu, ihre Produkte und Dienstleistungen auf Augenhöhe anzubieten“, erklärt Jan-Philippe von Hagen. Bevorzugung eigener Produkte, etwa durch bessere Positionierung bei Suchergebnissen, untersagt der Text eindeutig. Auch bei Werbemaßnahmen müssen Unternehmen anderen Akteuren Platz einräumen. Grundtenor aller Regelungen? Wer das Potenzial besitzt, einen oder mehrere Märkte maßgeblich zu beeinflussen, darf einzelne Anbieter nicht benachteiligen. Genauso sorgt der Gesetzgeber für Fair Play bei der Nutzung von Informationen.
Die Nutzung wettbewerbsrelevanter Daten schränkt § 19a GWB auf den vorgesehenen Zweck ein. Zur Weiterverarbeitung im Konzern braucht es das explizite Einverständnis der Anwender.
Gleichzeitig verpflichtet das Gesetz Unternehmen dazu, erbrachte Leistungen gegenüber Auftraggebern nachvollziehbar darzustellen, was Global Player häufiger dazu zwingt, ihre Karten auf den Tisch zu
legen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Ein neues „Wettrüsten“ hat im Technologiesektor begonnen
Die bekannten Technologieriesen haben so große Fortschritte bei der Entwicklung der grundlegenden KI-Modelle gemacht, dass diese derzeit im Begriff sind, die Marktlandschaft zu verändern. Wie Google, Meta und Co. sich für die nächste Phase aufstellen.
Fokus auf KI und Gaming macht Tech-Aktien interessant
Google, Amazon & Co - die größten Gewinner der Coronakrise - mussten jüngst deutlich Federn lassen. Manche dieser Titel haben sich noch nicht vollständig davon erholt und sind daher „spottbillig“. Eine interessante Situation, da diese Unternehmen massiv in das Metaverse und KI investieren.
Auf Sichtbarkeit setzen, anstatt Geldscheine zählen!
Sichtbarkeit ist die neue Währung für Unternehmen, und wer den rasenden Zug in die Zukunft verpasst, macht der Konkurrenz das Leben leicht. Denn wer medial Unsichtbar bleibt, wird schnell bei Kunden und potenziellen Geschäftspartnern in Vergessenheit geraten.
Die Suche nach dem Strippenzieher
Der Ukraine-Krieg verschärft die Anforderungen an Sanktionslistenprüfungen. Unternehmen sind in der Pflicht – sie müssen sicherstellen, dass ihre Geschäftspartner nicht auf internationalen Sanktionslisten stehen und dass es sich um keine sanktionierten UBOs handelt, die indirekt Einfluss auf harmlos auftretende Unternehmen, Personen oder Organisationen nehmen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Trump eskaliert Handelskonflikt mit Jahrhundert-Zöllen
US-Präsident Donald Trump verhängt die höchsten Zölle seit einem Jahrhundert – mit drastischen Folgen für den Welthandel. Experten warnen vor Stagflation, Märkte reagieren nervös. Besonders China und die EU sind betroffen.
Trump-Zölle könnten Deutschland 200 Milliarden Euro kosten
Kommt es unter Donald Trump zu neuen Strafzöllen, drohen der deutschen Wirtschaft Milliardenverluste. Eine aktuelle IW-Studie rechnet mit einem Minus von 200 Milliarden Euro – und auch die Finanzmärkte reagieren bereits spürbar nervös.
BVK begrüßt Trilog zur EU-Kleinanlegerstrategie – Hoffnung auf Entbürokratisierung
Die EU-Kleinanlegerstrategie geht in die entscheidende Phase. Der BVK sieht im gestarteten Trilogverfahren eine Chance, bürokratische Hürden abzubauen und Vermittlerinteressen besser zu wahren. Auch ein möglicher Kurswechsel zugunsten der geplanten EU-Spar- und Investitionsunion steht im Raum.
Mehr Bürokratie statt Klarheit? EU-Pläne sorgen für Verunsicherung bei Versicherern
Die EU-Kleinanlegerstrategie soll private Kleinanleger ermutigen, doch die aktuellen Vorschläge drohen, das Gegenteil zu bewirken. Versicherer sehen sich mit steigenden Kosten und unklaren Anforderungen konfrontiert. Der Versicherer-Verband GDV fordert deshalb pragmatische Lösungen in den Trilog-Verhandlungen.