Fahrradversicherungen: Ein Markt mit Zukunftspotenzial

Gerold Saathoff, Vorstand Vertrieb, Ammerländer Versicherung © Ammerländer Versicherung

Durch die Klimawende und Rohstoffkrise boomt die Fahrradindustrie noch mehr. Die Experten der Ammerländer Versicherung bieten schon seit Jahren sehr weitreichende Versicherungslösungen für Fahrräder unterschiedlichster Art an.

Ein Interview mit Gerold Saathoff, Vorstand Vertrieb der Ammerländer Versicherung über die Entwicklung eines jungen Marktes.

Herr Saathoff, wie schätzen Sie die aktuelle Situation der Branche ein?

Als wir 2014 als einer der ersten Versicherer eine vom Fahrradhandel unabhängige Fahrradversicherung starteten, fristete die Sparte ein Nischendasein. Das hat sich gedreht. Nie gab es mehr Versicherungslösungen am Markt.

Die vergangenen zwei Jahre haben vor allem das Bewusstsein für E-Bikes und Pedelecs als alternatives Verkehrsmittel in der Breite der Bevölkerung ankommen lassen. Das befeuert den Versicherungsbedarf, steigert aber auch den Anspruch an die Produkte.

Die Corona-Pandemie sei laut GDV der Grund dafür, dass die Zahl der Fahrraddiebstähle im Jahr 2021 auf ein Rekordtief gesunken ist. Gleichzeitig sind die Schadensummen auf ein Rekordniveau geklettert. Welche Erfahrungen hat die Ammerländer Versicherung gemacht?

Im vergangenen Geschäftsjahr ist die Schadenquote unserer Fahrradsparte leicht um 4,52 Prozent auf 42,67 Prozent gesunken. Mit 3,32 Millionen Euro haben wir in 2021 ein beachtliches versicherungstechnisches Ergebnis für die Fahrradsparte erwirtschaften können und sie hat sich trotz des mittlerweile stark umworbenen Marktes zu unserer zweitstärksten nach der Hausratsparte entwickelt.

Hohe Schäden bedeuten auch ein enormes Reparaturaufkommen. Bieten Assistance-Leistungen dafür einen echten Mehrwert?

Definitiv. Das gilt vor allem für die Soforthilfe, wenn Versicherte mit ihrem defekten Rad unterwegs nicht weiterkommen. Vor allem wenn es sich um ein technisch aufwendiges E-Bike oder Pedelec handelt. Pannenhilfe vor Ort, Abschleppdienst oder Bergung sowie Werkstattvermittlung und Fahrrad-Rücktransport sind gefragt. Entsprechend beliebt sind daher unsere Produkte mit Schutzbrief in Kooperation mit ROLAND. Unserer Erfahrung nach ist aber genauso wichtig, dass Reparaturkosten möglichst umfangreich und einfach aufgefangen werden – auch bei Verschleiß.

Die Schadendaten des GDV bestätigen auch, dass besonders teure E-Bikes gestohlen werden. Welche Auswirkungen hat der Trend auf künftige Versicherungsangebote?

Entsprechende Versicherungsleistungen und -bedingungen rücken vermehrt in den Fokus, etwa wenn ein gestohlenes Rad durch ein gleichwertiges ersetzt werden soll. Die steigenden Kaufpreise können das bei älteren Verträgen verkomplizieren. Deshalb haben wir als einer der ersten Anbieter reagiert: Je nach Police werden Teuerungsraten für das neue Rad bis zu einem bestimmten Prozentsatz abgefedert.

Spezielle Fahrräder oder Luxus-Fahrräder sind (fast) so teuer wie mancher Kleinwagen. Könnten Tarife der Fahrradversicherung künftig ähnlich wie Kfz-Tarife kalkuliert und mit einem Schadenfreiheitsrabatt angeboten werden?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Kfz- und Fahrradversicherungen lassen sich nicht direkt miteinander vergleichen, da die Grundbedingungen in beiden Sparten andere sind. So ist eine Kfz-Haftpflicht beispielsweise eine Pflichtversicherung. Außerdem haben wir eine große Spannweite bei den möglichen Versicherungsprämien für ein und denselben Wagen. In der Fahrradversicherung ist das nicht der Fall. Angesichts des sehr vielfältigen Angebotes an Produkten und unterschiedlichen Tarifierungsstrategien ist es wichtig, die Transparenz gegenüber Kund*innen zu wahren.

Kann sich Deutschland trotz der Meldungen über Lieferengpässe und eine stockende Produktion zu einem Fahrradstandort entwickeln?

Was die Nachfrage betrifft, ist Deutschland schon ein Fahrradstandort: Laut der Studie „Fahrrad Monitor 2021“ ist jeder vierte Mensch in Deutschland während des vergangenen Jahres von anderen Verkehrsmitteln auf das Rad umgestiegen. Etwa 27 Prozent der Befragten wollen sich 2022 ein neues zulegen. Gleichzeitig steigen Ausgabebereitschaft wie Kaufpreise. All das sorgt auch für Versicherungsbedarf. Was die Produktion, Lieferketten und verfügbaren Fachkräfte angeht, kommt es darauf an, wie die Hersteller – davon viele mit Sitz in Deutschland – die Zukunft gestalten. Viele der Unternehmen arbeiten derzeit an Lösungen. Ich denke, es liegt hier viel Zukunftspotenzial.

Herr Saathoff, vielen Dank für das Gespräch!