Alles dreht sich um den Kunden

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Eine der wichtigsten Prioritäten für Unternehmen ist die Kundenerfahrung: Wer Bestandskunden langfristig halten oder neue dazugewinnen möchte, muss ihre Bedürfnisse genau kennen und erfüllen können. Sich dabei an alten Gewissheiten festzuhalten, führt schnell dazu, dass sich Kunden moderneren, innovativeren Wettbewerbern zuwenden. Und das gilt für alle Unternehmen, auch Versicherer.

Peter Helfenstein, Senior Business Development Manager Banking, Financial Services, Insurance bei Endava, blickt deshalb auf aktuelle Entwicklungen in der Branche und erklärt, was Versicherungsunternehmen tun müssen, um Kunden langfristig zu binden.

Wenn wir heute Essen bestellen, Rechnungen bezahlen oder Reisen buchen, nutzen wir dafür mit hoher Wahrscheinlichkeit unser Smartphone. Die Pandemie hat die Digitalisierung in vielen Lebensbereichen erheblich beschleunigt. Dadurch sind aber auch die Erwartungen von Kunden an Unternehmen enorm gestiegen: Sie erwarten inzwischen ein personalisiertes Angebot sowie schnelle, intuitive und verständliche Prozesse.

Gerade Versicherern bieten sich Chancen, wenn sie die Kundenerfahrung in den Mittelpunkt stellen: Bislang werden sie von vielen Kunden noch immer als notwendiges Übel angesehen, mit dem diese sich möglichst wenig beschäftigen wollen. Verbessern sie jedoch ihr Angebot auf allen Ebenen, können sie stattdessen künftig zum verlässlichen Partner ihrer Kunden werden. Dafür müssen sie ihre digitale Transformation umfassend vorantreiben, denn ein modernes User Interface allein reicht nicht, um die Kunden von heute zufriedenzustellen.

Kunden wollen individuell bedient werden

So ist die Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen derzeit in nahezu jeder Branche ein Thema. Das verwundert nicht, schließlich ist es dank der großen Mengen an Daten für Unternehmen einfacher denn je, das Angebot auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden zuzuschneiden.

Insbesondere Versicherer sind jedoch oft nicht in der Lage, das volle Potenzial ihrer Daten auszuschöpfen, da ihre Datenbestände stark fragmentiert sind. Hat beispielsweise eine Abteilung den Umstieg von Papier auf digitale Lösungen eigenständig vorangetrieben, kommt hier vielleicht eine Anwendung zum Einsatz, die mit anderen nicht kompatibel ist.

Die Folge: Daten können nicht geteilt werden. Auch wollen einzelne Abteilungen ihre Daten womöglich gar nicht mit dem Rest des Unternehmens teilen. Daher brauchen Versicherer ein neues, unternehmensweites Datenmodell sowie passende Datenplattformen und Datenverarbeitungstools.

Gleichzeitig müssen sie aber auch einen Kulturwandel anstreben, um sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter den neuen Weg mitgehen. Personalisierung bedeutet aber nicht nur, dass die Versicherer die Daten ihrer Kunden analysieren, um ihr Risiko und ihre Prämien individueller zu bestimmen. Auch weitere Aspekte, wie der Rhythmus der Prämienzahlungen oder die abgedeckten Schäden, sollten sich künftig stärker an den Bedürfnissen der Kunden orientieren, statt pauschal für alle Versicherungsnehmer gleich zu sein.

Personalization Engines – also Software, die auf Basis früherer Interaktionen, des aktuellen Kontextes und der voraussichtlichen Wünsche versucht, das ideale Nutzererlebnis zu kreieren – und Predictive Analytics Tools unterstützen die Versicherer dabei und optimieren den Prozess. Zudem können sie weitere interne und externe Daten, je nach Versicherungsart beispielsweise verschiedene Sensordaten, in diese Bewertung einfließen lassen.

Die Möglichkeit, sich am Markt zu differenzieren

Ein weiterer, grundsätzlicher Aspekt, der in diesem Zusammenhang zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Frage nach der richtigen Softwareunterstützung. Zwar gibt es genügend Versicherungssoftware-Anbieter, die scheinbar alle Wünsche erfüllen können. Doch tatsächlich decken diese Lösungen nicht alle Use Cases ab und stehen darüber hinaus auch den Wettbewerbern zur Verfügung.

Wer sich am Markt mit neuen Funktionen differenzieren will oder auch feststellt, dass eine vorhandene Software die schnelle Anpassung an veränderte äußere oder interne Bedingungen verhindert, nutzt hierfür gezielt individuell für diesen Zweck erstellte Software-Komponenten. Denn auch schon eine Digitalisierung im Kleinen kann beim Kunden eine große Wirkung entfalten.

Einfachheit und Transparenz als Basis einer langfristigen Beziehung

Darüber hinaus bemühen sich immer mehr Versicherer, Prozesse für ihre Kunden transparenter zu gestalten. Das gilt zum Beispiel für die Policen, die zwar von Natur aus kompliziert sind, aber dennoch verständlicher kommuniziert und erklärt werden können. Hier ist eine umfassendere Beratungsleistung gefragt, um sicherzustellen, dass die Kunden tatsächlich verstehen, was sie unterschreiben und wie sie künftig abgesichert sind.

Auch lohnt sich durchaus die Überlegung für Versicherer, inwieweit sie ihre Produkte doch vereinfachen können. Gerade durch die Personalisierung des Angebots bieten sich hier neue Möglichkeiten. Auch die Geltendmachung von Ansprüchen nach einem Schadenfall bietet Optimierungspotenzial. Beispielsweise ist das Einreichen von Anträgen online bereits gang und gäbe und reduziert Stress für die Kunden in oft sehr unangenehmen Situationen.

Fazit

Versicherer müssen den Kunden bei ihren Überlegungen stärker denn je in den Mittelpunkt stellen. In der Theorie wissen sie zwar heute so viel wie noch nie über ihre Kunden, müssen sich dieses Wissen aber besser zunutze machen. Dadurch können sie nicht nur Risiken besser einschätzen – und womöglich Maßnahmen zur Minimierung dieser empfehlen–, sondern auch ihre Angebote und ihre Kommunikation auf jeden Kunden zuschneiden und diesen gezielt individuell abholen. Dann kann aus dem Vertragsabschluss eine langfristige, positive Beziehung werden.