Risiken für Makler bei Kontokorrentabreden in Courtagezusagen

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Enthält die Courtagezusage des Versicherers eine ausdrückliche oder konkludente Kontokorrentabrede, muss der Makler den Abrechnungen des Versicherers widersprechen, wenn er sie nicht gegen sich gelten lassen will.

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Jürgen Evers, EVERS Rechtsanwälte für Vertriebsrecht

Jürgen Evers, Rechtsanwalt, EVERS Rechtsanwälte für Vertriebsrecht © EVERS Rechtsanwälte für Vertriebsrecht

Das Landgericht Kassel verurteilte einen Makler zur Rückzahlung von rund 23.000 Euro „unverdienter“ Abschlusscourtagen. In der Urteilsbegründung führte die Kammer Folgendes aus: Eine Courtagezusage (gemäß §§ 93 ff. HGB) verpflichte den Versicherer zur Zahlung der für die Vermittlung von Versicherungen zugesagten Courtagen und den Makler zur Rückzahlung unverdienter Courtagen. Zwischen Versicherer und Makler bestehe eine Kontokorrentabrede (im Sinne von § 355 HGB), wenn der Versicherer nach der Courtagezusage zur Einstellung seiner Forderungen in eine laufende Rechnung berechtigt sei und die Courtagezusage die Regelung enthalte, dass der Versicherer monatlich über Gutschriften und Rückbelastungen abrechne. Dass die Courtagezusage nicht ausdrücklich den Begriff Kontokorrent erwähne, stehe der Annahme eines Kontokorrents nicht entgegen.

Anerkenntnisfiktion

Versicherer und Makler treffen schlüssig eine Kontokorrentabrede, wenn die Berechnung der gegenseitigen Forderungen über Jahre in sogenannte „Geschäftspartnerabrechnungen“ des Versicherers kontokorrentmäßig erfolge und der Makler nach Übersendung der regelmäßigen Abschlüsse keine Einwendungen gegen die Abschlüsse erhebe.

Dies gelte zumindest, wenn die vom Versicherer übersandten Geschäftspartnerabrechnungen den Hinweis enthalten, dass die Vergütungsabrechnung als anerkannt gelte, wenn der Makler nicht innerhalb von 14 Tagen schriftlich widerspreche. Lege der Versicherer dem Gericht die dem Makler übersandten Provisionsabrechnungen vor, belege er damit seine Forderungen auf Rückzahlung unverdienter Courtage, wenn sich aus den Provisionsabrechnungen die Abschlusssalden ergeben, die der Makler mangels fehlenden Widerspruchs anerkannt hat.

Das Anerkenntnis einer Courtageabrechnung stelle ein Schuldanerkenntnis (im Sinne des § 781 BGB) dar. Davon sei zumindest auszugehen, wenn die Abrechnung des Versicherers den Makler in die Lage versetze, unter Vergleich mit seinen eigenen Unterlagen zu prüfen, ob die Courtage und alle anderen Vergütungen lückenlos erfasst sind, und damit zur Grundlage der ihm zu erbringenden Zahlungen gemacht werden.

Bei Rückforderungen von Courtagen muss der Makler aus der Abrechnung des Versicherers erkennen können, aus welchem Grund die Rückzahlung verlangt werde. Courtageabrechnungen des Versicherers werden diesen Anforderungen gerecht, wenn sie Einzelnachweise über Courtagen enthalten, in denen die Versicherungsnehmer namentlich genannt werden und aus denen sich der Grund für die Courtage beziehungsweise das Rückzahlungsverlangen ergebe. Solche Abrechnungen versetzten den Makler in die Lage, die Rückforderungsansprüche des Versicherers nachzuvollziehen.

Der Makler könne sich gegenüber dem Anspruch des Versicherers auf Rückzahlung unverdienter Abschlussprovisionen für stornierte Krankenversicherungen nicht darauf berufen, dass die Rückforderung ausgeschlossen sei, weil der Versicherer nicht die Interessen des Maklers am Erhalt seiner Courtage gewahrt habe, indem er auf den Erhalt der Verträge hingewirkt hätte. Für Versicherungsvertreter sieht dies zwar § 87 a Abs. 3 HGB ausdrücklich vor.

Rechtsstellung des Maklers

Diese Regelung (§ 87 a Abs. 3 HGB) könne aber nicht analog auf den Makler angewendet werden. Die Rechtsstellung des Maklers sei im Verhältnis zum Versicherer in ihren wesentlichen Interessenaspekten der des Vertreters nicht ausreichend vergleichbar. Die Stellung des Maklers sei weit freier als die des Handelsvertreters. Als Handelsmakler sei der Versicherungsmakler beiden Vertragspartnern verpflichtet.

Der zentrale Grund dafür, dass das HGB nur für den Handelsvertreter eine besondere „Provisionsschutzvorschrift“ in Gestalt des § 87 a Abs. 3 HGB geschaffen habe, liege einerseits im regelmäßigen Gefälle von relativer wirtschaftlicher und rechtlicher Freiheit des Handelsmaklers. Andererseits liege der Grund in der relativen wirtschaftlichen und rechtlichen Gebundenheit des Handelsvertreters.

Im Einzelfall könnten zwar nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch von einem Versicherer gegenüber dem Makler Stornoabwehrmaßnahmen geschuldet sein. Der Versicherer schulde solche jedoch nur, wenn der Makler aufgrund seines Tätigkeitsbildes dem Vertreter angenähert sei. Ob und in welchem Umfang eine Pflicht des Versicherers zu Stornoabwehrmaßnahmen im Verhältnis zum Makler bestehe, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab.

Wenn die Parteien davon ausgehen, dass der Makler ausschließlich als solcher tätig sein soll, sei nicht erkennbar, dass er aufgrund seiner Tätigkeit für den Versicherer einem Vertreter angenähert sei. Dies sei der Fall, wenn der Makler in den Courtagebestimmungen ausdrücklich als Handelsmakler (gemäß §§ 93 ff. HGB) bezeichnet werde und keine Bestimmung der Courtagezusage und keine Regelung des künftigen Geschäftsverkehrs eine andere Rechtsstellung begründe.

Wenn dem Makler für die Vermittlung von Versicherungsverträgen eine Courtage zugesagt werde, führe dies nicht schon automatisch dazu, dass er abweichend von der ausdrücklichen Regelung in der Courtagezusage einem Vertreter gleichstehe. Aus der Zahlung einer Betreuungscourtage folge ebenfalls nicht, dass der Makler abweichend von der ausdrücklichen Regelung in der Courtagezusage einem Vertreter gleichstehe.

Dies gelte jedenfalls, wenn die Betreuungscourtage 100 Euro pro Monat nicht übersteige. Beläuft sich die Höhe der verdienten Abschlusscourtage auf eine Summe von 1.822,17 Euro, spreche dies für eine lose Beziehung zwischen den Parteien und nicht für eine Einbindung des Maklers in den Geschäftsbetrieb des Versicherers. Gegen eine Schutzbedürftigkeit des Maklers spreche ansonsten, dass die Zusammenarbeit mit dem Versicherer nach der Courtagezusage von beiden Parteien fristlos schriftlich und damit zu jeder Zeit beendet werden kann.

Die Verjährung (gemäß §§ 195, 199 BGB) laufe erst mit dem Ende des Kontokorrents an, solange das Kontokorrent fortbestehe, der Versicherer den Sollsaldo „vortrage“ und am nächsten Stichtag mit neuen Posten saldiere. Sie trete nicht vor Ablauf des Jahres 2022 ein, wenn der Makler nicht vortrage, dass das Kontokorrent früher beendet worden sei und zumindest bis zur Abrechnung 6/19 fortbestanden habe.

Fazit: Makler werden doppelt benachteiligt

Makler sind Stornorückforderungen der Versicherer weitgehend schutzlos ausgesetzt. Dies zeigt die Entscheidung deutlich auf. Sie benachteiligt Makler doppelt, weil sie seine Courtage abweichend von § 652 BGB dem für Vertreter geltenden Schicksalsteilungsgrundsatz des § 92 Abs. 4 HGB unterwirft und ihm darüber hinaus noch die Schutzrechte versagt, die der Vertreter hat. Aus diesem Grund sollten im Personengeschäft arbeitende Makler, die gegen diskontierte erstjährige Courtage tätig werden, mit Versicherern verabreden, dass sie Stornogefahrmitteilungen erhalten und § 87 a Abs. 3 HGB entsprechend anzuwenden ist. Außerdem sollten Makler den Abrechnungen der Versicherer widersprechen, sollte ihnen keine Gelegenheit zur Nachbearbeitung gegeben worden sein.

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