Zielen Mobilitätskonzepte für die Zukunft, die vor allem ein Zurückdrängen des Autos beinhalten, nach den Erfahrungen der Corona-Zeit noch in die richtige Richtung? Erhebliche Zweifel daran ergibt jetzt eine bundesweit erstmalige repräsentative Bevölkerungsbefragung zeitgleich in allen 16 Bundesländern.
Befragt wurden mehr als 4.000 Personen ab 16 Jahren repräsentativ nach Alter und Geschlecht im Februar 2021, also ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie. Die wichtigsten Ergebnisse: Entsprechend fordert eine Mehrheit der Bevölkerung an erster Stelle von Mobilitätskonzepten für die Zukunft, dass "Mobilität bezahlbar wird für breite Bevölkerungskreise" und die "Kosten für Mobilität insgesamt sinken".
Diese Ziele werden in Summe zu über 50 Prozent häufiger genannt als etwa "CO2-Neutralität" oder "mehr Verkehrssicherheit" auf den Rangplätzen drei und vier. Schon rund jeder zweite Deutsche befürchtet als größte Gefahr künftiger Konzepte "steigende Kosten für Mobilität". Nur 27 Prozent Nennung bekommt bundesweit dagegen ein zu geringer Umweltschutz als zweitgrößte Sorge.
Dr. Jörg Rheinländer, Vorstand bei der HUK-COBURG, erklärt: "Die Mobilitätskosten, von der Bahn über Kraftstoff bis hin zum öffentlichen Nahverkehr, sind in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen. Als marktführender Kfz-Versicherer beobachten wir das ebenfalls bei der Höhe von Kfz-Schadenkosten. Wenn jetzt, nach den Corona-Erfahrungen, die Menschen endlich sinkende Kosten für ihre Mobilität einfordern, muss sich das auch in Konzepten für die Zukunft widerspiegeln."
Corona bringt starke Veränderungen
Bei mehr als jedem vierten Befragten in Deutschland hat sich durch die Corona-Erfahrungen die Einstellung bei der Auswahl von Verkehrsmitteln verändert. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg ist es sogar im Schnitt jeder Dritte.
"Ich hätte vor der Corona-Erfahrung nicht erwartet, dass ein Auto für mich einen solchen Wert als Verkehrsmittel einmal haben könnte."
Nirgends sagen das jetzt etwa so viele wie in Berlin. "Ich hatte vor der Corona-Zeit beabsichtigt, das Auto weniger zu nutzen, das mache ich jetzt aber nicht." Diese Aussage ist nun bundesweit am häufigsten in Bremen zu hören gefolgt von Berlin. Gleichzeitig trägt offenbar der Hygiene-Aspekt zu einer Renaissance des Autos gegenüber Bus und Bahn bei.
So zählt für die in der HUK-Studie befragten Frauen etwa heute bei der Auswahl eines Verkehrsmittels eine gute Hygiene-Situation schon mehr als doppelt so viel wie beispielsweise die CO2-Neutralität der Fahrt.
E-Auto als Game-Changer in der Mobilitätsdiskussion
Welche Fortbewegungsmittel erfüllen die Ansprüche der Bundesbürger heute in Summe am besten? Darauf gibt es eine klare Antwort: Drei Viertel nennen das Auto oder ein E-Auto. Und gefragt, was wohl in Zukunft Ihr ideales Fortbewegungsmittel sein wird, nennt wieder ein ähnlich großer Anteil das Automobil (69 Prozent).
Zum Vergleich: Die Bahn kommt aktuell und auch in Zukunft auf lediglich rund 16 Prozent Nennung unter allen Bundesbürgern, Busse auf gleichbleibend nur zehn Prozent.
Hinter diesen Zahlen steht eine rasante Hinwendung zum E-Auto. So kommt bereits heute laut Studie der HUK-COBURG für fast jeden sechsten Deutschen "grundsätzlich beim Autokauf nur noch ein E-Auto in Frage". In Hamburg und Berlin sagt das sogar schon jeder Fünfte. Kein anderes Fortbewegungsmittel macht insgesamt bei der künftigen Akzeptanz in der Gesamtbevölkerung auch nur annähernd einen solchen Satz nach vorn wie das E-Auto.
Dr. Jörg Rheinländer:
"Das Elektroauto kann damit zum Game-Changer in der Mobilitätsdiskussion werden. Denn es schafft die Verbindung zwischen der unverzichtbaren Rolle des Autos gerade außerhalb der Städte und mehr Umweltschutz. Bei Zukunftskonzepten für Mobilität sollte das stärker berücksichtigt werden."
Tatsächlich erklären laut HUK-Mobilitätsstudie sieben von zehn Personen in Deutschland, dass ein Auto im Haushalt für sie aus beruflichen oder privaten Gründen unverzichtbar ist. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sind es aber nur die Hälfte.
Hierin liegt ein Spannungsverhältnis, wie die Studie belegt: Befragte außerhalb von Großstädten ab 500.000 Einwohnern sehen in einem E-Auto heute schon doppelt so häufig wie Befragte in den Großstädten ein ideales Fortbewegungsmittel. Und in ihren Augen kann sich die Position des E-Autos als ideales Verkehrsmittel in den nächsten fünf Jahren nochmals verdoppeln.
Öffnung der Mobilitätsdebatte wird gefordert
Fakt ist: Laut HUK-Studie sieht schon jeder vierte Befragte in Deutschland als eine der größten Gefahren künftiger Mobilitätskonzepte die "einseitige Forschung" und "öffentliche Bevormundung". Ein Viertel der Bundesbürger sagt heute:
"Ich empfinde eine Verteufelung des Autos, die meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt ist." Und fast jeder Zweite sagt voraus, dass auch in Zukunft "das Auto nicht seine bisherige Bedeutung verliert".
Zudem moniert jeder fünfte Befragte, dass sich bisherige Mobilitätskonzepte für die Zukunft "zu einseitig nur auf Städte konzentrieren". Dr. Jörg Rheinländer resümiert: "Die Studienergebnisse zeigen, dass die Debatten um die Zukunft der Mobilität und insbesondere des Autofahrens innovativer und mit weniger Scheuklappen geführt werden müssen."
Beispielhaft steht dafür ein weiteres Studienergebnis. So lehnen es mehr Deutsche ab, sich in ein autonom fahrendes Auto zu setzen, als etwa in einen Hyperloop oder sogar in ein Flugtaxi.
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