Außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages bei mehrmaligem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot
Ist eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages bei mehrmaligem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zulässig? Mit dieser Frage hatte sich das OLG München mit Urteil vom 18. November 2015 (Az.: 7 U 4851/14) zu befassen.
Sachverhalt
In dem vom OLG München zu entscheidendem Fall begehrte ein Handelsvertreter vom Versicherer nach Beendigung des Handelsvertretervertrages die Zahlung eines angemessenen Ausgleichs und die Erteilung eines Buchauszugs. Maßgeblich streiten die Parteien dabei um die Wirksamkeit einer vom Versicherer ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung.
Der zwischen den Parteien geschlossene Handelsvertretervertrag im Jahr 1991 enthielt eine Wettbewerbsklausel, die im Fall eines Verstoßes eine fristlose Kündigung rechtfertigen sollte. Trotz dieses Ausschließlichkeitsgebotes hatte der Handelsvertreter im Jahr 2011 eine Fremdvermittlung vorgenommen. Daraufhin wurde er vom Versicherer aufgrund eines Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot abgemahnt.
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In der Abmahnung erklärte der Versicherer, dass dem Handelsvertreter bei Bekanntwerden weiterer Verstöße und im Wiederholungsfall das bestehende Handelsvertreterverhältnis fristlos gekündigt wird. Der Handelsvertreter bezeichnete diesen Vorgang hingegen als eine „einmalige Angelegenheit“.
Im Jahr 2012 kündigte der Versicherer den Handelsvertretervertrag sodann fristlos. In der Kündigung bezog sich der Versicherer auf einen „neuerlichen Vorgang“. Allerdings berief sich der Versicherer dabei auf Geschäftsvorgänge, die zeitlich vor der Abmahnung im Jahr 2011 lagen. Der Handelsvertreter gab dabei unstreitig an, an der weiteren Fremdvermittlungen beteiligt gewesen zu sein. Jedoch begründet er dies damit, dass er lediglich aus Gefälligkeit für die Kunden gehandelt hätte. Nach seiner Ansicht nach, war die außerordentliche Kündigung daher unbegründet.
Entscheidung
Eine außerordentliche Kündigung ist regelmäßig begründet, wenn einer Partei die Fortführung des Handelsvertretervertrages bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach Ansicht des OLG München ist für die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wichtig, ob weiterhin eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien möglich erscheint.
Im Ausgangsfall gehen die Münchener Richter von einer irreparabel gestörten Vertrauensgrundlage aus, da der Handelsvertreter beim ersten bekannt gewordenen Vorfall angab, dass es sich um einmalige Angelegenheit gehandelt hat. Später stellte sich jedoch heraus, dass er weitere Vermittlungen vorgenommen hat. Aufgrund der Verschleierungstaktik des Handelsvertreters erschien daher eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit schwerlich vorstellbar. Das OLG München sah die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages durch den Versicherer daher als rechtmäßig an.
Fazit
Das OLG München sah eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages bei mehrmaligem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot als rechtmäßig. Allerdings ist anzumerken, dass es stets der genauen Bewertung des Einzelfalles bedarf. So hat der BGH bereits 2010 anerkannt, dass lediglich geringfügige Verstöße gegen das Ausschließlichkeitsgebot zumindest nicht ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages rechtfertigen (siehe BGH: Geringfügiger Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung).
Auch andere Instanzgerichte tolerierten geringfügige Verstöße gegen das Ausschließlichkeitsgebot (siehe OLG Düsseldorf: Provisionsanspruch nach außerordentlicher Kündigung). Es empfiehlt sich daher für betroffene Handelsvertreter frühzeitig einen im Handelsvertreterrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren und mit der Prüfung des konkreten Einzelfalles zu beauftragen. Gerne steht hierfür auch die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung.
Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
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