Warum den Versicherungsmakler nur eingeschränkte Beratungs- und Dokumentationspflichten treffen
Das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 05.12.2018, Az. 20 U 146/18) bestätigte die Klageabweisung betreffend die (angebliche) Fehlberatung durch einen Versicherungsmakler beim Umdecken einer PKV. Der neue PKV-Versicherer hatte den Vertrag später wegen fehlerhafter Antworten bei den Antragsfragen angefochten. Eine Makler-Dokumentation gab es nicht.
Bei richtiger Prozessführung verliert der Makler häufig, wenn lediglich die Dokumentation fehlt
Grundsätzlich hat jeder Versicherungsvermittler vor der Unterschrift unter den Versicherungsantrag dem (künftigen) Versicherungsnehmer eine gesonderte Dokumentation zu überreichen, §§ 61 I 2, 62 I VVG. Fehlt die Dokumentation, insbesondere darin ein Hinweis von wesentlicher Bedeutung, führt dies regelmäßig zur Beweislastumkehr zulasten des Maklers, der dann beweisen muss, dass sein Hinweis beziehungsweise seine Belehrung erteilt wurde (BGH, Urteil vom 13.11.2014, Az. III ZR 544/13).
Antragsfragen sind nicht zwingend zu dokumentieren
Allerdings betrifft die gesetzliche Dokumentationspflicht allein „die Wünsche und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers sowie die Gründe für erteilten Rat“ des Versicherungsmaklers. Andere Hinweise, beispielsweise die Erläuterung von Antragsfragen, gehören nicht in die Dokumentation.
Der Kläger verlor den Rechtsstreit, nachdem das Gericht wegen der „selektiven Erinnerung“ seiner Zeugin „ernsthafte Zweifel an der Glaubwürdigkeit“ hatte. Der Kläger hatte behauptet, dahingehend vom Makler informiert worden zu sein, dass lediglich Operationen aus dem letzten Jahr anzugeben seien. Der Kläger hatte den Antrag zudem unterschrieben, ohne gegenzulesen, wie der Makler das Formular ausgefüllt hatte.
Eine Rechtspflicht, die für jeden (künftigen) Versicherungsnehmer nachlesbaren Antragsfragen zu dokumentieren, einschließlich etwaiger Hinweis dazu, besteht nicht:
„Vermittler müssten ansonsten den gesamten Gesprächsverlauf nahezu wörtlich dokumentieren, da Versicherungsnehmer stets behaupten können, es sei eine relevante Frage falsch vom Versicherungsvermittler erläutert worden.“
Ohne diesbezügliche Dokumentationspflicht gab es dann – trotz fehlender Dokumentation – für den Kläger keine Beweiserleichterung beziehungsweise Beweislastumkehr. Denn um Wünsche und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers sowie die Gründe für den diesbezüglich erteilten Rat des Maklers ging es nicht – sondern lediglich um einen (gegebenenfalls falschen) Hinweis zu den Antragsfragen.
Falsche Prozessführung des Klägers war für den Versicherungsmakler vorteilhaft
Der VN hätte besser nicht behauptet, dass eine bestimmte falsche Erläuterung – zu den Antragsfragen – gegeben wurde, sondern dass eine bestimmte erforderliche Erläuterung – im Rahmen der Beratung vor dem eigentlichen Antrag – nicht gegeben wurde.
Denn im ersten Fall muss der VN selbst den vollen Beweis erbringen, wenn der Makler die falsche Erläuterung einfach nur bestreitet – es sei denn, er hätte sie unnötigerweise dokumentiert. Im zweiten Fall indes muss der Makler selbst beweisen, dass er korrekt beraten hatte, wenn sich dies nicht aus der Dokumentation ergibt – der VN muss dazu lediglich behaupten, dass der Makler die korrekte Erläuterung oder den Rat nicht gegeben hat.
Ein typischer Aufhänger für eine nahezu sichere Maklerhaftung hätte etwa der fehlende Hinweis auf den Verlust der Alterungsrückstellungen beim bisherigen PKV-Versicherer sein können – dann muss der Makler beweisen, dass er dazu korrekt beraten hat. Günstigstenfalls hat er es dokumentiert.
Ein Kreuzchen bei „Über Alterungsrückstellung korrekt beraten“ reicht natürlich nicht. Ein Makler meinte mal auf die Frage des Richters, was er denn dazu nun genau beraten hätte:
„Die Alterungsrückstellung ist kollektiv, daher gehört sie nicht dem Kunden und er kann sie so mithin auch gar nicht verlieren.“
Ein Sachverständiger hätte wohl auch weitere eventuelle Nachteile beim neuen Tarif im Vergleich zum alten PKV-Vertrag entdecken können. Indes werden die Leistungsunterschiede in der Beratung meist sehr detailliert gegenübergestellt und es zeigt sich dann oft, dass der VN bewusst in den entsprechend leistungsschwächeren Tarif wechseln wollte, um Beiträge zu sparen.
Von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik, (www.pkv-gutachter.de)
Themen:
LESEN SIE AUCH
Dokumentationspflicht und Beweislast trotz Verzicht auf Beratungsdokumentation
Wie Versicherungen ohne Vermittlerzulassung vertrieben werden können
Wie Gruppenversicherungen gestaltet und gegebenenfalls Alternativen geschaffen werden können, auch wenn die Vermittlerzulassung fehlt, erläutern RA Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm.
Wie starkes Schadenmanagement zum gefährlichen „Service“ wird
BGH verbietet Versicherungsberatern Erfolgshonorare für Tarifwechsel in der PKV
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
KI-Regulierung in der Praxis: AfW veröffentlicht Leitfaden für Vermittler
Wie können Vermittler-Unternehmen die europäische KI-Verordnung umsetzten? Diese Frage will der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW mit einem Praxisleitfaden beantworten.
Ostseehochwasser: Verbraucherschützer planen Musterklage gegen Versicherer
Viele Betroffene des Ostseehochwassers im Oktober 2023 fühlen sich im Stich gelassen – trotz Elementarschadenversicherung verweigern Versicherer die Leistung mit Verweis auf Sturmflut-Ausschlüsse. Nun wollen Verbraucherschützer eine Musterfeststellungsklage einreichen.
BGH bestätigt Gefährdungshaftung: Hundehalter haftet, Versicherung kann schützen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Tierhalterhaftung bekräftigt und klargestellt: Hundehalter müssen auch ohne eigenes Verschulden für Verletzungen haften, die durch ihr Tier verursacht werden. Im konkreten Fall forderte eine gesetzliche Krankenkasse erfolgreich Behandlungskosten zurück. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer Tierhalterhaftpflichtversicherung.
Wie sich der Rechtsstreit ums geerbte Haus vermeiden lässt
Die meisten Immobilien gehen nach Todesfällen an mehrere Erben. Uneinigkeit über die Verwertung des geerbten Hauses ist dabei vielfach vorprogrammiert. Ein Partner für Teilerbauseinandersetzungen kann Streit vermeiden und ein wirtschaftliches Ergebnis für Betroffene erzielen. Warum das Modell auch für Versicherer interessant sein kann, erklären Robert Lindenstreich und Florian Kania vom Frankfurter Startup Remedium. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/25.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.