Arbeitnehmer können einen Aufhebungsvertrag auch dann nicht widerrufen, wenn dieser in ihrer Privatwohnung abgeschlossen wurde. Ein Aufhebungsvertrag kann jedoch unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist. So lautet ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts.
Die Klägerin war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten der Beklagten einen Aufhebungsvertrag, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsieht.
Arglistig getäuscht und bedroht?
Am Tag des Vertragsschlusses war die Klägerin nach eigener Darstellung erkrankt. Sie hat den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wendet sie sich unter anderem gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.
Bundesarbeitsgericht: Neue Verhandlung und Entscheidung
Nachdem das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen hat (Az.: 10 Sa 1159/16), verwies das Bundesarbeitsgericht die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.
Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags nicht möglich
Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte rechtsfehlerfrei erkannt, dass dem Vortrag der Klägerin kein Anfechtungsgrund entnommen werden kann. Der Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags ist somit auf gesetzlicher Grundlage nicht möglich. Auch wenn Verbrauchern bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, ein Widerrufsrecht eingeräumt wurde und auch Arbeitnehmer Verbraucher sind, sind arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge aber nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen.
Nicht Gebot fairen Verhandelns geprüft
Allerdings hat das LAG nicht geprüft, ob das Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrags beachtet wurde. Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert.
Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte hätte dann Schadensersatz zu leisten. Sie müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies führte zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Landesarbeitsgericht wird die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags daher erneut zu beurteilen haben.
Urteil vom 7. Februar 2019 (Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 75/18)
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