Wie sichert man das Steuerprivileg bei der Warentransportversicherung? Und worauf ist dabei zu achten? Robert Armstroff, Head of TecLine & Marine bei MRH Trowe, erklärt es im Gastbeitrag. Der Text erschien zuerst im expertenReport 10/24.
Die steuerliche Behandlung von Warentransportversicherungen rückt seit zwei Jahren zunehmend in den Fokus von Versicherern und Unternehmen, da die Regelungen strenger werden. Im Zuge der globalen Vernetzung und des internationalen Handels wird klar, dass die Warentransportversicherung nicht nur essenziell ist, um die erheblichen Risiken des Gütertransports abzusichern, sondern auch eine bedeutende Rolle bei der Optimierung der Kostenstruktur von Unternehmen spielen kann.
Steuerliche Privilegierung: Ein wichtiger Vorteil mit Prüfungsbedarf
Ein zentraler Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Möglichkeit, durch die steuerliche Privilegierung der Verträge der Warentransportversicherung, insbesondere bei grenzüberschreitenden Transporten, erhebliche Kosten einzusparen. Gemäß § 4 Nr. 10 VersStG unterliegt die Versicherungsprämie für solche Transporte nicht der Versicherungssteuer, was für diesen Anteil des Transportumsatzes (Warenbezug und Warenversendung) eine Kostenersparnis von 19 Prozent für den Versicherungskunden bedeutet.
Diese Einsparungen sind jedoch eng an eine präzise und sachgerechte Vertragsgestaltung gebunden, die nicht nur das Haftungsrisiko minimiert, sondern auch sicherstellt, dass die steuerlichen Vorteile vollständig genutzt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch eine genaue Deklaration der Vertragsbedingungen. Die Einführung der Generalpolice auf Umsatzbasis hat zwar den administrativen Aufwand bei Kunde, Makler und Versicherer verringert, allerdings hat die ständige Weiterentwicklung der Vertragsinhalte dazu geführt, dass die Verträge steuerschädlich geworden sind. Beispiele dafür sind die Versicherung von Vorlagerungen oder die Mitversicherung von persönlichen Gegenständen von Standpersonal auf Messen.
Aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung aller am Vertrag Beteiligten haben die Versicherer hohe Steuernachzahlungen leisten müssen. Steuerschuldner ist allerdings immer der Versicherungskunde. Die Weiterentwicklung der Versicherungsbedingungen, insbesondere zum Nutzen der Kunden, kann also steuerliche Implikationen haben, die nicht unterschätzt werden sollten. Die „Steuerinfizierung“ kann schließlich dazu führen, dass der gesamte Beitrag zum Vertrag steuerpflichtig wird.
Kauf- und Lieferverträge: Haftungsmanagement minimiert Risiken
Die Notwendigkeit, die Warentransportversicherung aufgrund der steuerlichen Gegebenheiten neu zu überarbeiten, sollte genutzt werden, um die AGBs, Kauf- und Lieferverträge zu prüfen. Die Beratung des Fachmaklers umfasst viele Facetten und ist je Kunde individuell.
Ein Punkt der Prüfung ist die Anwendung von Incoterms. Die Warentransportversicherung versichert die Mehrzahl der Sachschäden zwar unabhängig von den Regelungen der Incoterms, allerdings können weitere Schäden wie eine Betriebsunterbrechung entstehen, für die keine Deckung eingekauft wurde. Die Wahl des richtigen Incoterms ist genauso relevant wie die dazugehörige Ortsbeschreibung oder der Verweis auf die aktuellen ®ICC Incoterms 2020.
Die Incoterms regeln in der Hauptsache Organisation, Kostentragung und Gefahrtragung des Transportes. Häufig findet sich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Begriff „frei Haus“, der weder ein Incoterm ist noch mit „EXW“ (Ex Works/ab Werk) gleichzusetzen ist. Der Begriff „frei Haus“ gehört in den Bereich des BGB, sodass besondere Vorsicht bei Geschäften mit Auslandskunden geboten ist. Hierbei wird ausschließlich die Kostentragung geregelt, während das Risiko eines Schadens schon bei der Beladung auf den Käufer übergeht.
Auch bei einer wirksamen Einigung auf den Incoterm „EXW“ (Ex Works/ab Werk) werden die damit verbundenen Verpflichtungen im tatsächlichen Arbeitsablauf beim Versicherungskunden oft nicht beachtet. Obwohl nach „EXW“ der Käufer für die Gefahr im Verladevorgang verantwortlich ist, übernimmt diese Aufgabe meist der Verkäufer.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Angesichts dieser Herausforderungen ist eine genaue Vorgehensweise unerlässlich: Eine detaillierte Risikoanalyse, die sorgfältige Überarbeitung bestehender Policen und eine genaue Deklaration der Versicherungsbestandteile sind der Schlüssel, um die maximalen steuerlichen Vorteile zu realisieren und gleichzeitig potenzielle Nachzahlungen zu vermeiden. Unternehmen, die diese Maßnahmen konsequent umsetzen, sparen nicht nur Kosten, sondern stärken auch ihre Wettbewerbsfähigkeit – ein entscheidender Vorteil in einem zunehmend komplexen Marktumfeld.