Anstieg der Insolvenzen im Maschinenbau und in der Stahl- und Metallindustrie

Steigende Preise, Lieferschwierigkeiten sowie die Sorge vor den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges machen sich im Maschinenbau bemerkbar. Die Anzahl der Schadenmeldungen ist laut Atradius in den ersten neun Monaten 2022 um mehr als 40 Prozent angestiegen. "Wir rechnen daher auch mit einer Zunahme der Insolvenzen im Maschinenbausektor und im schlimmsten Falle in angrenzenden Branchen", sagt Frank Liebold, Country Director Germany bei Atradius, und ergänzt: "Das ist ein starker Anstieg für den zweitstärksten Wirtschaftssektor Deutschlands." Doch nicht nur im Maschinenbau sind die derzeitigen wirtschaftlichen Verwerfungen spürbar. Betroffen ist auch die Stahl- und Metallbranche. "Hier dürfte die Produktion in den kommenden Monaten deutlich zurückgehen", so Liebold. Grund für die Entwicklungen im Maschinenbau sind gestiegene Rohmaterial- und Energiepreise und eine erhöhte Vorsicht der Unternehmer vor möglichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf ihr Geschäft. "Viele Firmen haben aufgrund der gestiegenen Preise weniger Kapital zur Verfügung und müssen an anderer Stelle sparen, um ausreichend liquide zu bleiben", führt Liebold aus. "Die Unternehmer kämpfen an vielen Fronten gleichzeitig", so der Risikoexperte: "Corona führt nach wie vor zu Lieferproblemen. Die Krise in der Chipproduktion betrifft die Maschinenbauer ebenso wie die Automobilbranche. Aufgrund der unterbrochenen Lieferketten aus Asien sind die Unternehmer gezwungen, mehr Material auf Vorrat einzulagern, was wiederum mehr Liquidität bindet. Hinzu kommen auslaufende KfW-Kredite, die die Unternehmen zurückzahlen müssen."

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Die Krise in der Stahl- und Metallbranche

Steigende Energie- und Materialpreise bereiten auch der Stahl- und Metallproduktion Probleme. Sie hemmen den Erholungskurs, den die Branche in diesem Jahr eingeschlagen hat, spürbar. Allerdings können die Hersteller von Metall die steigenden Kosten bislang in den meisten Fällen an ihre Abnehmer weitergeben. Dennoch rechnen die Risikoexperten von Atradius derzeit mit einem Produktionsrückgang um 1,6 Prozent. "Bei Firmen mit geringerer Liquidität beobachten wir bereits jetzt, dass diese ihre Produktion drosseln und beginnen, Lagerbestände abzubauen", sagt Liebold. "Aufgrund der Kombination aus schwächerer Nachfrage und anhaltenden globalen Überkapazitäten im Stahlsegment könnten die Großhändler durch hohe Lagerbestände in Schwierigkeiten geraten", so der Atradius-Experte. "Da die Gasversorgung aus Russland aktuell fast gänzlich zum Erliegen gekommen ist, könnte dies zu einer Zunahme der Zahlungsausfälle führen. Und gleichzeitig könnte die Metall- und Stahlproduktion auch deutlich zurückgehen. In einem solchen Szenario rechnen wir mit Produktionsrückgängen um 2 Prozent in diesem und etwa 1,7 Prozent im kommenden Jahr."

Probleme im Maschinenbau erreichen andere Sektoren

Auch im Maschinenbau ist die Auftragslage vorübergehend noch stabil. Das wird sich jedoch ändern, sobald der Liquiditätsdruck auf Seiten der Kunden hoch genug ist und Investitionen geschoben werden. "Wenn zum Beispiel die Liquidität eines Unternehmens schon gering ist, können die Schwierigkeiten der Maschinenbaubranche zu extremen Folgeproblemen bei den Abnehmern führen", erläutert Liebold. "Das ist der Fall, wenn ein Unternehmer modernisieren will, Maschinen bestellt, aber jetzt länger darauf wartet als vereinbart. Die Verträge laufen langfristig, das heißt, kommt es auf Seiten des Maschinenherstellers zu Lieferverzögerungen, bedeutet das für den Kunden eine längere Wartezeit und damit - angesichts der aktuellen Zinsentwicklung - teurere Kredite. Das wiederum stellt eine finanzielle Belastung für ihn dar." In letzter Konsequenz werde sich diese Gemengelage wiederum auch negativ auf die Auftragslage der Maschinenbauer auswirken, so der Risikoexperte. Leittragende sind wie so oft in diesen Zeiten zunächst kleinere und mittelständische Unternehmen mit geringeren Liquiditätspolstern. Letztlich sei zu erwarten, dass in der sowohl in der Stahl- und Metallbranche als auch im Maschinenbaue die Insolvenzen ansteigen werden, so Liebold.

Insolvenz-Welle wird kommen

Wie in anderen Branchen auch, ist derzeit auch in diesen beiden Sektoren die Insolvenzquote noch ungewöhnlich niedrig. Wann es zum flächendeckenden Anstieg der Insolvenzen kommen wird, ist derzeit jedoch nicht klar einzuschätzen. Das liegt daran, dass durch die staatlichen Corona-Hilfen während der vergangenen zwei Jahre und durch das vorübergehende Aussetzen der Insolvenzantragspflicht Unternehmen, die unter anderen Umständen nicht mehr lebensfähig gewesen wären, weiterhin bestehen - sogenannte Zombieunternehmen. "Dieses Phänomen war zuletzt vor allem im Automobilsektor zu beobachten und betrifft den Maschinenbau und die Stahl- und Metallbranche deutlich weniger", sagt Liebold. "Derzeit schieben wir eine Insolvenzwelle vor uns her, die aktuell noch durch die erfolgten staatlichen Eingriffe verzögert wird. 2021 lag die Insolvenzquote im Maschinenbau rund 20 Prozent unter dem langjährigen Mittel."

Die Krise zwingt Maschinenbau und Metallindustrie zur Transformation

Angesichts der anhaltend schwierigen Lage sollten sich die Unternehmer entsprechend wetterfest machen. Wie schon in der Automobilbranche zwingt die Krise auch andere Produktionsbereiche zur Transformation: "Auch im Maschinenbau müssen die Firmen ihre bisherigen Prozesse hinterfragen und prüfen, ob bewährte Produkte noch den Ansprüchen der Abnehmer genügen oder ob neue Produkte entwickelt werden müssen", erläutert Liebold. "In der Stahl- und Metallindustrie geht es vor allem darum, dort, wo es möglich ist, auf alternative Energieträger umzusteigen. Wie gut die Unternehmen jetzt durch die Krise kommen, hängt zu großen Teilen vom Management ab und davon, ob die Firmen bereits länger andauernde Entwicklungen - beispielsweise im Bereich Digitalisierung - mitgemacht oder verschlafen haben."

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