BU: Abfindungszahlung wegen Anfechtung des Versicherungsvertrages
Der Versicherungsnehmer wandte sich an die unter anderem auf Berufsunfähigkeitsangelegenheiten spezialisierte Kanzlei Jöhnke & Reichow, um bei der Geltendmachung von Leistungen aus einem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag rechtlich unterstützt zu werden.
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Bernhard Gramlich Fachanwalt für Versicherungsrecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Der Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag bestand bei der Continentale Lebensversicherung AG. Der Versicherer hatte dem Versicherungsnehmer im Rahmen der Leistungsprüfung vorgeworfen, dass er ihn im Rahmen der Beantragung des Versicherungsvertrages bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen getäuscht habe, weil er eine Operation des Handgelenks und Kniebeschwerden im risikorelevanten Zeitraum vor der Beantragung der Versicherung nicht angegeben hatte, obwohl im Antrag danach gefragt wurde.
Der Berufsunfähigkeitsversicherer erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und die Anfechtung seiner Vertragsannahmeentscheidung wegen arglistiger Täuschung. Er verweigerte in der Folge auch Leistungen aus dem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag.
Gesundheitliche Beeinträchtigung
Der Versicherungsnehmer erkrankte an Demenz bei Alzheimer-Erkrankung. Er war aufgrund dessen nicht mehr in der Lage, seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker nachzugehen. Nach Auffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow lag demgemäß aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor. Denn die zuletzt in gesunden Tagen konkret ausgeübte Tätigkeit konnte der Versicherungsnehmer gesundheitsbedingt nicht mehr zu mindestens 50 Prozent ausüben.
Wer hat die Beweislast?
In diesem gerichtlichen Verfahren unterstützte die Kanzlei Jöhnke & Reichow den Versicherungsnehmer dabei, sich gegen die Anfechtung des Berufsunfähigkeitsversicherers zu wehren und Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zu erhalten.
Hierbei musste insbesondere eine umfassende Tätigkeitsbeschreibungen vor und nach Eintritt der Berufsunfähigkeit erarbeitet werden, damit dem Versicherer das genaue Berufsbild des Versicherungsnehmers aufgezeigt werden konnte. Dieses ist zwingend notwendig, denn der Versicherte muss dem Versicherer gegenüber darlegen, dass er seine zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Der Versicherte ist in der Beweislast für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit.
Demgegenüber muss der Berufsunfähigkeitsversicherer jedoch die Arglist des Versicherungsnehmers beweisen, wenn er den Versicherungsvertrag wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen anfechten will. Dabei hat die Arglist aber auch eine subjektive Komponente. Aus der unrichtigen oder unvollständigen Beantwortung von Gesundheitsfragen allein kann daher noch nicht auf Arglist geschlossen werden.
Der Versicherungsnehmer muss zusätzlich auch erkannt und gebilligt haben, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen angenommen hätte. Den Versicherungsnehmer trifft daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine sogenannte „sekundäre Darlegungslast“. Dies bedeutet, dass der Versicherungsnehmer schlüssig und nachvollziehbar erklären muss, warum er bestimmte Gefahrenumstände, die eigentlich im Antrag auf Abschluss eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages anzugeben gewesen wären, nicht angegeben wurden.
Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens
Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens konnte dem Gericht schlüssig dargelegt werden, dass der im Namen des Versicherers handelnde Versicherungsvertreter der Swiss Life Select Deutschland GmbH den Versicherungsnehmer bei Beantragung des Versicherungsvertrages teilweise fehlerhaft beraten und aufgeklärt hatte.
Der Berufsunfähigkeitsversicherer sah dann ein, dass ihm der Beweis seines Arglistvorwurfs wohl nicht gelingen würde. Im Rahmen der Güteverhandlung vor dem zuständigen Landgericht erklärte sich der Berufsunfähigkeitsversicherer daher bereit, dem Versicherungsnehmer zur Beendigung des Rechtsstreits einen hohen fünfstelligen Betrag zu zahlen.
Expertenrat zahlt sich in BU-Verfahren aus!
Wie dieser Fall erneut zeigt, ist es stets ratsam, sich fachanwaltlichen Rat zu holen, wenn man sich mit einer Anfechtung oder einer Rücktrittserklärung eines Berufsunfähigkeitsversicherers konfrontiert sieht. Keinesfalls sollte man sofort den Kopf in den Sand stecken und die Entscheidung des Versicherers einfach akzeptieren, ohne seinen Fall vorher von einem Rechtsanwalt, der über Spezialwissen im Bereich des Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherungsrechts verfügt, überprüfen zu lassen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Anfechtung der Berufsunfähigkeitsversicherung
Ein Grund für rechtliche Auseinandersetzungen in der BU-Versicherung kann die Anfechtung des Vertrages durch den Versicherer sein. Welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein? Wer trägt die Beweislast und welche Konsequenzen drohen dem Versicherungsnehmer?
Berufsunfähigkeit wegen Parkinson-Erkrankung anerkannt
Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte erreichen für einen Gas- und Wasserinstallateur eine Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit wegen einer Erkrankung an Morbus Parkinson von seiner Berufsunfähigkeitsversicherung, der ERGO Lebensversicherung AG.
Die häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit
Ob eine bestimmte Krankheit als Ursache für eine Berufsunfähigkeit dienen kann, hängt vom jeweiligen Beruf des Versicherten ab. Gleichwohl gibt es durchaus statistisch betrachtet bestimmte Ursachen, welche besonders häufig zu einer Berufsunfähigkeit führen.
BU-Kompetenz-Rating: Diese Anbieter sind in Ihren Leistungen top
Die komplexe BU-Versicherungslage verlangt mehr als nur einen reinen Preisvergleich: Es gilt herauszufinden, bei welchem Versicherer es sich um einen kompetenten und fairen Vertragspartner handelt. Gesamtsieger des IVFP-Ratings sind unter anderem AXA, die Bayerische und HDI.
Intensivpatient gesetzliche Rentenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung ist vor allem wegen einer finanziellen Dauerinfusion aus dem deutschen Bundeshaushalt überlebensfähig. So ist die private Vorsorge unter strategischem Einsatz von Renditekatalysatoren unabdingbar. AssekuranZoom untersucht die vielversprechenden Mehrwerte des HDI-Tarifs CleverInvest.
BU-Leistungsanerkenntnis durch Ärzteversicherung
Der Leistungsantrag ist Dreh- und Angelpunkt im BU-Leistungsprüfungsverfahren und eines eventuell folgenden Versicherungsprozesses. Daher lohnt es sich, dazu Expertenrat einzuholen. Denn: Einmal der Versicherung überlassen, ist er nur ganz selten noch zu korrigieren.
Rückholanrufe ohne Kundeneinwilligung sind wettbewerbswidrig
Das Landgericht Hannover entschied, dass Anrufe und Mails an ehemalige Kunden, mit dem Ziel, diese zurückzugewinnen, wettbewerbswidrig sind, wenn keine ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Auch ein wettbewerbswidriges Verhalten des den Kunden neu betreuenden Maklers ändert daran nichts.
Keine Haftung des Versicherungsmaklers für fehlende Risikolebensversicherung
Das Oberlandesgericht Dresden stärkt die Rechte von Versicherungsmakler(innen) und hat entschieden, dass diese ohne besondere Umstände nicht verpflichtet sind, Kunden zum Abschluss einer Risikolebensversicherung zu raten. Der Fall betraf eine Klägerin, die ihren Versicherungsmakler verklagte, weil ihr verstorbener Ehemann keine ausreichende Absicherung im Todesfall hatte. Sie forderte einen Schadensersatz von 500.000 Euro.
Großinsolvenzen steigen um mehr als ein Drittel, Schäden sind nahezu verdoppelt
Die Insolvenzen in Deutschland steigen an und der Trend dürfte sich durch die Rezession im Jahresverlauf fortsetzen. Bis Ende 2024 rechnet Allianz Trade für die Bundesrepublik mit einer Zunahme der Pleiten um 21 Prozent. Damit dürften die Fallzahlen Ende des Jahres etwa 15 Prozent über dem Niveau von 2019 und damit vor der Pandemie liegen. Erst in 2025 wird ein Abflachen der Zahlen erwartet.
BGH stärkt Rechte der Versicherungsnehmer bei Einbruchdiebstählen
Der Bundesgerichtshof stärkt mit einem Urteil die Rechte der Versicherungsnehmer bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Hausratversicherung aufgrund von Einbruchdiebstählen.
Die Zukunft ist digital: moderne Arztpraxen absichern
Die Fakten für einen modernen Praxisbetrieb und das unternehmerische Risiko unterscheiden sich nicht sehr von anderen hochtechnisierten (Dienstleistungs)unternehmen, die auch sensible Kundendaten verarbeiten und verwalten. Versicherungsmaklerbüros sollten diesen Status quo in ihrer Kundenberatung berücksichtigen.
Elementar wichtig: Prävention in der Wohngebäudeversicherung
Die SHB-Versicherung hatte schon beim Relaunch ihrer Wohngebäudeversicherung ankündigt, Schadenprävention noch stärker zu unterstützen. Vorstand Wolfgang Rieke erklärt dazu, dass der Versicherer aus Königswinter dafür mit dem Heidelberger Start-up Enzo kooperiert.