Wer eine Nettopolice mit separater Vergütungsvereinbarung vermittelt, muss den Kunden deutlich auf die Gefahren eines Frühstornos hinweisen. Insbesondere darauf, dass er sich bei diesem Vertragsmodell deutlich schlechter stellen kann als bei dem Abschluss einer Bruttopolice, urteilte das Landgericht Köln.
Die Beklagte schloss am 28.02.2014 eine fondsgebundene Rentenversicherung mit einer Beitragssumme von 133.200 Euro bei der klagenden Versicherungsmaklerin ab. Als monatlicher Beitrag wurden 300 Euro, in den ersten 60 Monaten ein reduzierter monatlicher Beitrag von 145 Euro, vereinbart. Es handelt sich um eine so genannte Nettopolice.
Zudem schloss die Klägerin mit der Beklagten eine separate Vergütungsvereinbarung (Einrichtungsauftrag) über einen Betrag von 9324 Euro, der in 60 Monatsraten zu je 155,40 Euro gezahlt werden sollte. Um die Ansprüche aus dem Einrichtungsauftrag zu sichern, trat die Beklagte ihre Ansprüche gegen das Versicherungsunternehmen aus dem vermittelten Versicherungsvertrag an die Klägerin ab. Am selben Tag unterzeichnete die Beklagte außerdem eine Beratungsdokumentation.
Mit Schreiben vom 02.05.2016 erklärte die Beklagte die Kündigung des Versicherungsvertrags und des Einrichtungsauftrags. Insgesamt leistete sie Zahlungen in Höhe von 3261,80 Euro.
Der Beklagten wurde mitgeteilt, dass sie den Einrichtungsauftrag allerdings nicht kündigen könne und die gesamte Restschuld fällig wird.
Die Versicherungsmaklerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 5744,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 21.07.2016 zu zahlen.
Klägerin: ausreichend aufgeklärt
Nach Meinung der Klägerin wurde die Beklagte durch den für die Klägerin tätigen Vermittler umfassend über die Besonderheiten der Nettopolice aufgeklärt. Vor allem auch darüber, dass die Kosten für die Vermittlung über den Einrichtungsauftrag auch im Falle einer frühzeitigen Beendigung oder Beitragsfreistellung des Versicherungsvertrags vollumfänglich zu begleichen seien. Sie ist der Ansicht, der Ausschluss des Kündigungsrechts bezüglich der Kostenvereinbarung sei bei einer Nettopolice zulässig.
Klägerin: keine Unterlagen erhalten
Die Beklagte behauptet, sie habe vor dem Beratungsgespräch am 28.02.2014 keine Unterlagen vom Vermittler erhalten und sei auch nicht über die Besonderheiten einer Nettopolice aufgeklärt worden.
Stattdessen sei ihr suggeriert worden, dass die Rentenversicherung jederzeit gekündigt werden könne und der Rückkaufswert ausgezahlt würde. Über die Gefahren eines Früh-Storno sei sie nicht aufgeklärt worden. Zudem ist sie der Ansicht, die beiden Verträge seien als wirtschaftliche Einheit zu sehen, so dass der Kündigungsausschluss bezüglich des Einrichtungsauftrags unwirksam sei.
Treuwidrige Doppeltätigkeit
Bei der Beweisaufnahme stellte sich heraus, dass die Versicherungsmaklerin nicht allein von der Versicherungsnehmerin entlohnt wurde, sondern auch vom Versicherer.
Da die Klägerin allerdings die Beklagte nicht über die ihr von der Versicherungsgesellschaft gewährten Vorteile informiert hat, hat sie ihren Honoraranspruch verwirkt.
Allein wegen der Beratungspflichtverletzungen steht der Beklagten ein Anspruch auf Freistellung von der mit dem Einrichtungsauftrag eingegangenen Verbindlichkeit zu.
Das Gericht stellte dennoch klar, dass sich die Aufklärungspflicht auch auf die Auswirkungen des Abschlusses einer Nettopolice im Fall einer vorzeitigen Kündigung erstreckt. Vor allem muss ein deutlicher Hinweis darauf erfolgen, dass der Kunde bei der Nettopolice auch dann zur Zahlung der vollen Vergütung verpflichtet bleibt, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag nach kurzer Zeit beendet wird.
Da die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung hat, besteht auch kein Anspruch auf Erstattung von Mahnkosten.
Urteil vom 15. Oktober 2018 (Landgericht Köln, 18 O 270/16)
Themen:
LESEN SIE AUCH
Wie Branded Content Marken helfen kann, Vertrauen aufzubauen und Kunden zu binden
Insbesondere im Finanzsektor steht Sponsored Content vielfach noch am Anfang. Dabei bietet Branded Content viel Potential und kann helfen, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Wie das gelingen kann.
Werbemarktanalyse: Krankenversicherungen im Fokus
Krankenversicherungen dominieren den Werbemarkt für Versicherungen und machen bei 300 erfassten Anbietern ein Drittel des jährlichen Werbevolumens von rund 657 Millionen Euro im Versicherungsmarkt aus. Top-Werber in dieser Produktkategorie sind Ergo, Maxcare und der AOK Bundesverband.
Beste Experten für Google Werbung finden
Um das Potenzial von Google Werbung auszuschöpfen, ist es entscheidend, auf die richtigen Experten zu setzen. Eine Anleitung zeigt, wie Spezialisten gefunden werden, um das Online-Marketing auf das nächste Level zu heben.
Durch Influencer-Marketing die richtige Zielgruppe erreichen
Creators können mit Persönlichkeit und Authentizität Kaufentscheidungen und Meinungen prägen und somit Reichweite bieten. Andreas Bock, CEO Famez – Marketing & Management, geht darauf ein, worauf es ankommt.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Check24 in der Customer Journey von Versicherungskunden
Preisvergleichsportale wie Check24 beeinflussen zunehmend das Verhalten von Versicherungskunden. Eine aktuelle Studie zeigt, dass viele Verbraucher das Portal für eine erste Orientierung nutzen, während komplexere Produkte weiterhin eine persönliche Beratung erfordern.
INTER: „Makler müssen die Lebenswelt ihrer Zielgruppe verstehen.“
Michael Schillinger und Andreas Bahr von der INTER erklären, wie wichtig Zielgruppenspezialisierung für Makler ist und wie die INTER ihre Partner dabei unterstützt – von maßgeschneiderten Produkten bis hin zu persönlicher Beratung vor Ort. Es ist der zweite Teil eines Interviews, das zuerst im expertenReport 10/24 erschien.
INTER: „Schema F gibt es nicht mehr.“
Der Maklermarkt befindet sich in einem stetigen Wandel. Das fordert nicht nur die freien Vermittlerinnen und Vermittler selbst, sondern auch die Versicherer. Vertriebsvorstand Michael Schillinger und Bereichsleiter Maklerorganisation Andreas Bahr erzählen im Interview mit expertenReport, wie die INTER auf die Entwicklungen reagiert und welche eigenen Akzente sie setzen will.
Maklermedien auf dem Prüfstand: Die MRTK Media-Analyse 2024
Welche Medien erreichen Makler wirklich? Die „MRTK Media-Analyse 2024“ zeigt: Print und Newsletter sind für Makler gleichermaßen wichtig.