Der Investorenrat „Investiere nur in Anlagen, die Du auch selbst verstehst“, betrifft den Zeitpunkt des Investments in Geldanlagen sowie die laufende Überwachung von Kapitalanlagen. Häufiger werden Sachverständige erst konsultiert, nachdem Vermögensverluste bereits eingetreten sind.
Herrschend, aber unzutreffend, ist für die Renditebetrachtung der Blick auf die Mieterträge (Brutto-Rendite). In Musterberechnungen der Verkäufer zur Immobilienrendite fehlen typischerweise Instandhaltungskosten, Versicherungskosten, Mietausfallwagnis und Kosten für Modernisierungsmaßnahmen. Hier helfen auch weder ein Mietspiegel noch die Kaufpreissammlungen der Kommunen weiter.
Bundesgerichtshof verurteilt Vorstände bei pflichtwidriger Kreditvergabe
Seit den 80er-Jahren (BGH, Urteil vom 15.11.2001, Az. 1 StR 185/01) finanzierte manches Kreditinstitut massenhaft Schrottimmobilien. Bei gravierendem Verstoß gegen die Pflicht zur sorgfältigen Bonitätsprüfung kommt eine Untreue zum Nachteil des Bankvermögens in Frage. Regelmäßig haben Bankenverbände daher „Wertermittlungsanweisungen“ entwickelt.
Bandenbetrug durch Strukturvertriebe
Der BGH (Urteil vom 08.10.2014, Az. I StR 359/13) sanktioniert gewerbsmäßigen bandenmäßigen Betrug durch „Täuschung über eine Tatsache bei Prognoserechnungen über die Immobilienfinanzierung“. Täuschung ist dabei nicht das Ergebnis der Prognose, sondern sind die unzutreffenden Angaben zu den Prognosegrundlagen.
Bauträger und Initiatoren geschlossener Immobilienfonds müssen dabei zivilrechtlich für Fehlverhalten als Erfüllungsgehilfen eingeschalteter Vertriebsmitarbeiter einstehen (BGH, Urteil vom 04.07.2017, Az. II ZR 358/16). Es besteht eine unaufgeforderte Aufklärungspflicht über (Innen- und Außen-)Provisionen ab einer Gesamthöhe von 15 Prozent (BGH, Urteil vom 19.10.2017, Az. III ZR 565/16).
Warnpflichtig ist auch der eigene steuerliche Berater, wenn sich eine Gefahr aufdrängt (OLG Köln, Urteil vom 12.04.2017, Az. 16 U 94/15). Dies kann der Fall sein, wenn die Zinskosten für einen Festkredit oder Policendarlehen steuerlich fraglich erscheinen oder Währungsrisiken vorliegen. Auch die in Aussicht gestellte Ablaufleistung einer Tilgungsaussetzungs-Lebensversicherung erwies sich nicht selten als von Beginn an zweifelhaft bis unrealistisch, um das endfällige Immobiliendarlehen zu tilgen.
30 Prozent verschwiegene Innenprovision – weder strafbar noch wucherisch
Ein typisches Schrottimmobilien-Vertriebssystem kann mit bis zu mehr als 30 Prozent an Innenprovision kalkulieren (BGH, Urteil vom 20.05.2015, 5 StR 547/14). Eine Offenlegungspflicht besteht erst wenn die Grenzen von Wucher oder Sittenwidrigkeit erreicht ist (BGH, Urteil vom 14.03.2003, V ZR 308/02). Eine Jahre nach dem Kauf eingeholte Neubewertung kann auf erst später die Wertbildung beeinflussende Faktoren zurückzuführen sein – entscheidend ist der Wertermittlungszeitpunkt.
Wucher ist ab Überteuerung von 50 Prozent näher zu prüfen – ab 89 Prozent liegt dieser ohne weiteres vor; jedoch sind vom Verkäufer – für den Käufer – übernommene Erwerbsnebenkosten zuvor abzuziehen (BGH, Urteil vom 15.01.2016, Az. V ZR 278/14). Ein „vereinfachtes Ertragswertverfahren“ (bloße Vervielfältigung von Nettomieten) wäre selbst auf dem Briefpapier eines Sachverständigen nicht geeignet (BGH, Urteil vom 18.10.2016, Az. XI ZR 145/14).
Wissensvorsprung der Bank: Von Anfang an keine Pflicht zur Darlehensrückzahlung
Häufig steht dem Finanzierer von Schrottimmobilien „ein ihren Darlehensansprüchen entgegenstehender Schadensersatzanspruch aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden wegen eines aufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs über eine arglistige Täuschung ... über das Anlageobjekt durch den Bauträger und Vertreiber bzw. Vermittler sowie den Verkaufsprospekt zu“ (OLG Köln, Urteil vom 01.10.2010, Az. 13 U 119/06):
„Dabei wird die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen“.
Dies ist etwa der Fall, wenn ein (später insolventer) Mietgarant eine unrealistisch hohe Marktmiete versprochen hatte oder in einem Bankformular derart ein viel zu hoher Mietertrag suggeriert wird – für den Nachweis braucht es neben dem Mietspiegel oft auch einen Sachverständigen.
Schadensersatz teilweise steuerfrei
Sofern der Verkäufer, der Vertrieb oder der Initiator eines Immobilienfonds später eine Entschädigung an den Kapitalanleger bezahlt, sind derartige Rückzahlungen meist „zugleich als Entgelt für den Verzicht auf Schadensersatzansprüche aus deliktischer und vertraglicher Haftung und die Rücknahme der Schadensersatzklagen“ zu bewerten und damit teilweise steuerfrei (BFH, Urteile vom 06.09.2016, Az. IX R 44/14, IX R 45/14, IX R 27/15).
Ungeeignete Verwalter und Eigentümer überführen in den Schrott-Immobilien-Zustand
Gelegentlich nehmen Leerstand und Reparaturrückstau beim Wohnungseigentum zu, weil Verwalter die erforderlichen Beschlüsse nicht durchsetzen beziehungsweise eine im Zeitverlauf zunehmende Anzahl von Eigentümern ihr Wohngeld schuldig bleiben, Wohnungen leerstehen lassen und es hinnehmen, dass sie ganz unvermietbar werden.
Aus Versammlungsprotokollen der Wohnungseigentümer lässt sich dann ablesen, wie oft Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung wirtschaftlich fruchtlos geblieben sind, so dass potentielle künftige Eigentümer vor dem Erwerb zurückschrecken – egal wie preiswert es scheint.
Wenn der Narrenverein zur Narrensitzung einlädt, sollte man wissen, was einen erwartet.
Gemeinschaften von Wohnungseigentümern erscheinen dann solider, wenn es bis zu mehr als 50 Prozent Selbstnutzer gibt – und nicht im Distanzgeschäft ein Steuersparmodell verkauft wird.
Man kann mit echten Schrottimmobilien ebenso wie mit anderem Schrott gut Geld verdienen – wenn man weiß, dass es Schrott ist, für den man nur Schrott-Preise gezahlt hat. Schlecht ist aber, wenn es sich um Schrott-Eigentümer handelt, die das normale Objekt zu einer Schrottimmobilie verkommen lassen, binnen weniger Jahre, auch weil sie wegen überhöhter Kaufpreiszahlung ohnehin auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Wenn eine Unterschrift beim Notar spät erkennbar geradewegs in die Überschuldung führt, käme jeder noch investierte Euro nur der Bank zugute.
Dann hilft allenfalls noch sogenanntes „Collateral Management“ oder eine Insolvenz, bei der die Unverwertbarkeit der Schrottimmobilie sogar noch hilfreich sein kann, um den Gläubigern die Hoffnung auf mehr Erlös zu nehmen. Nicht selten kann dann auch der Widerruf der Lebensversicherung noch zu einem versicherungsmathematisch zu begutachtenden Nachschlag führen.
Von Dr. Johannes Fiala, PhD, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www.fiala.de) und
Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).