Europas junge Erwachsene sehen einer entmutigenden Zukunft entgegen. Sie haben eine klare Vorstellung von der Welt, in der sie leben wollen, fürchten aber, dass mächtige Kräfte gegen sie arbeiten. Sie stehen vor der Herausforderung, aufzustehen und zu den Gestaltern von morgen zu werden. Die Gesellschaft muss sie dabei unterstützen. Das zeigt eine neue Studie der Allianz Foundation.
Jede Generation hat Zweifel an ihrer Zukunft, doch die Ängste, die Europas Jugend umtreiben, liegen am äußersten Rand des Spektrums. Viele sind fest davon überzeugt, dass ihre Gesellschaft ungleicher, unsicherer und gespaltener wird. Die Aussichten sind so düster, dass sich acht von zehn Befragten fragen, ob ihre Generation überhaupt Kinder bekommen sollte.
Diese Ergebnisse einer aktuellen Studie der Allianz Foundation zeigen eine Generation, welche die Angst eint. Dieses Weltbild ist zutiefst beunruhigend, zumal die jungen Erwachsenen in Europa auch der Regierung, der organisierten Zivilgesellschaft und anderen etablierten Institutionen misstrauen.
Wie lassen sich die Ergebnisse der Studie einordnen? Die Aussichten der jungen Europäer sind mindestens so entmutigend wie die jeder anderen modernen Generation. Nachdem sie gerade die schlimmste globale Pandemie seit einem Jahrhundert erlebt haben, sehen sie sich mit einer Welt konfrontiert, die von wachsender Angst vor Rezession, geopolitischen Konflikten und der existenziellen Bedrohung durch das Klimachaos geprägt ist. In Ländern wie Deutschland und Italien müssen die Jüngeren zudem mit enormen Steuerlasten für die Renten ihrer Eltern zurechtkommen.
Für viele sind die Probleme jedoch persönlicher und unmittelbarer. Sie kämpfen um ein auskömmliches Einkommen in einem zunehmend unsicheren und prekären Arbeitsmarkt, in dem Niedriglöhne an der Tagesordnung sind. Wer in Ländern wie Großbritannien die Universität verlässt, hat zehntausende Pfund an Studienschulden. Und in ganz Europa haben überhitzte Wohnungsmärkte viele dazu gebracht, zur "Mietergeneration" zu gehören, ohne Aussicht darauf, jemals Wohneigentum zu erwerben.
Die Zukunft, die sich junge Erwachsene wünschen
Die Allianz Foundation hat in Zusammenarbeit mit dem SINUS-Institut 10.000 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 39 Jahren in Deutschland, Griechenland, Italien, Polen und Großbritannien befragt, wie sie sich eine lebenswerte Zukunft vorstellen und was sie tun, um diese Zukunft mitzugestalten. Diese fünf Länder spiegeln die unterschiedlichen Realitäten in Europa in Bezug auf viel diskutierte Themen wie antidemokratische Tendenzen, Klimaschutz und Minderheitenrechte wider.
Während die Ergebnisse ein Bild der jungen Europäer in einer sich wandelnden Gesellschaft zeichnen, zeigt die Umfrage eine starke Übereinstimmung in den Wünschen der Generation Z (18-26 Jahre) und der Millennials (27-29 Jahre) für das Europa, das sie sich vorstellen. Vor allem glauben sie, dass ihre Gesellschaft auf Fairness, Sicherheit und Nachhaltigkeit basieren sollte.
Die meisten von ihnen ergreifen bereits individuelle und alltägliche Maßnahmen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen, zum Beispiel indem sie wählen gehen, spenden oder ihre Ernährungs-, Einkaufs- und Reisemuster ändern. Relativ wenige haben sich jedoch dazu entschlossen, ihre individuelle Stimme zu verstärken und durch kollektives Handeln, etwa durch den Beitritt zu einer sozialen Bewegung, mehr Druck auf die Entscheidungsträger auszuüben.
Vorsichtig optimistisch
Trotz der düsteren wirtschaftlichen Aussichten erwarten viele junge Erwachsene, dass die Zukunft bessere Chancen für Migranten, die LGBTQI+-Gemeinschaft und andere Minderheitengruppen bringen wird. Diese Chancen beschränken sich nicht nur auf den Arbeitsmarkt, sondern umfassen auch den Bildungsbereich. Dennoch gibt es unter ihnen eine spürbare Besorgnis. Viele glauben, dass der soziale Zusammenhalt in den kommenden Jahren abnehmen und die Kluft zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen größer werden wird.
Eine Mehrheit von 59 Prozent sieht eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Verstärkt wird diese Sorge durch die Erwartung von zwei Dritteln der jungen Erwachsenen, dass die Kosten für Energie, Lebensmittel und Verkehr steigen werden. Um dies zu verhindern, sind fast 75 Prozent der Meinung, dass ein starkes Sozialsystem notwendig ist, da ein Sicherheitsnetz in Verbindung mit einem unabhängigen Rechtssystem die Grundpfeiler der Gesellschaft sein sollten.
Mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) wünscht sich eine Zukunft, in der Umweltverantwortung mit Chancengleichheit in den Bereichen Bildung, Beschäftigung und bei der Verteilung der Verantwortung für den ökologischen Wandel einhergeht. Starke demokratische Institutionen, wie eine freie Presse und ein inklusives politisches System, werden ebenfalls von 47 Prozent als wichtig erachtet.
Prioritäten wie persönlicher Wohlstand, militärische Macht und traditionelle Werte finden dagegen weniger Zustimmung: Nur 35 Prozent halten sie für vorrangig. Vor allem der persönliche Wohlstand ist ein Thema, das die Jugendlichen besonders polarisiert.
Die größten Hoffnungen setzen die jungen Erwachsenen in Europa in den Klimaschutz. Erneuerbare Energien und nachhaltiges Handeln finden breite Unterstützung. Viele erwarten, dass ihr Land in den nächsten zehn Jahren einen entscheidenden Wandel hin zu einer umweltfreundlichen Politik vollziehen wird. Rund zwei Drittel der Befragten haben sogar die vorsichtige Hoffnung, dass der Kampf gegen den Klimawandel gewonnen werden kann. Bemerkenswert ist allerdings, dass dieser Optimismus in Deutschland eine Minderheit zu sein scheint: Nur 38 Prozent teilen diese Ansicht.
Die Macher von morgen
Die meisten jungen Erwachsenen wollen die Zukunft ihres Landes mitgestalten und viele engagieren sich bereits individuell, zum Beispiel indem sie wählen gehen oder über Politik diskutieren. Aber sie zögern noch, sich kollektiv zu engagieren, um die Entscheidungsfindung zu beeinflussen.
Die Studie zeigt jedoch, dass sie nicht nur Zuschauer ihrer eigenen Geschichte sind. Individuell ist die Mehrheit in allen fünf Ländern bereits aktiv. Im Durchschnitt gehen 76 Prozent zur Wahl, 63 Prozent spenden Geld, 45 Prozent boykottieren umweltschädliche Produkte und viele teilen ihre politischen Ansichten im privaten und beruflichen Umfeld.
Doch jeder Vierte spricht lieber nicht über politische Themen und jeder Achte hat nicht vor, zur Wahl zu gehen. Niemals. Nur wenige beteiligen sich an kollektiven Aktionen wie Protesten oder Bürgerinitiativen. Mehr als 70 Prozent der jungen Erwachsenen in den fünf untersuchten Ländern haben noch nie an solchen Aktivitäten teilgenommen - obwohl die Mehrheit der Befragten mehr Bürgerbeteiligung fordert.
Auf die Frage nach den Hinderungsgründen für bürgerschaftliches Engagement nannten die Befragten "keine Zeit" und "keine Ahnung" als wichtige Gründe. Der Hauptgrund, der von der Mehrheit genannt wird, ist jedoch "zu riskant" wegen der sozialen und rechtlichen Folgen.
Dennoch sind 25 Prozent bis 30 Prozent bereits aktiv und ein weiteres Viertel ist bereit, sich zu engagieren, was ein Reservoir von fast 50 Prozent engagierter junger Erwachsener ergibt, die eine starke Kraft für eine widerstandsfähige Zivilgesellschaft darstellen würden.
Unterstützung für kommende Generationen
Die Allianz Foundation ist eine unabhängige Stiftung, die sich für bessere Lebensbedingungen künftiger Generationen einsetzt. Dazu unterstützt und vernetzt sie Menschen und Organisationen, die sich den Herausforderungen unserer Zeit stellen. Ein wichtiger Bestandteil ist die Forschung, um wichtige Daten und Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Zivilgesellschaft, ihre Geldgeber und politische Entscheidungsträger wertvoll sind.
Die Allianz Foundation ist nur eine von vielen Maßnahmen, mit denen die Allianz der jungen Generation hilft, ihre Zukunft zu sichern. So bietet der Allianz Financial Literacy Hub kostenloses Experten-Coaching an, um Menschen - insbesondere jüngeren Generationen und Frauen - zu helfen, ihre finanzielle Bildung und Selbstvertrauen zu stärken. Die Allianz hat das Programm Encouraging Future Generations ins Leben gerufen, um die Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungschancen junger Menschen weltweit zu verbessern. Das Programm umfasst einen sozialen Innovationsfonds, einen Future Generations Award und eine Partnerschaft mit den SOS-Kinderdörfern.
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