Nachdem das Bundesarbeitsgericht am 2. Dezember die Urteilsbegründungen zu dem als „Paukenschlag“ bezeichneten Urteil vom 13.09.2022 zur Erfassung von Arbeitszeit für Arbeitgeber veröffentlicht hat, fordert der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte den Gesetzgeber endlich zum Handeln auf.
Inzwischen beschäftigen sich nicht nur Arbeitgeber und Arbeitnehmende und deren Vertreter mit den Urteilsbegründungen (AZ: 1 ABR 21/22) und insbesondere der Frage, welche Regeln damit eingeführt und eingehalten werden müssen. Die Urteilsbegründungen kann man mit den nachfolgenden wesentlichen Aussagen zusammenfassen:
- Die Arbeitgeber sind kraft Gesetzes verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden in ihrem gemeinsamen Betrieb erfasst werden.
- Das System der Arbeitszeiterfassung darf sich dabei trotz des vom Gerichtshof verwendeten Begriffs der „Messung“ – dabei nicht darauf beschränken, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (einschließlich der Überstunden) lediglich zu „erheben“. Diese Daten müssen vielmehr auch erfasst und damit aufgezeichnet werden. Anderenfalls wäre weder die Lage der täglichen Arbeitszeit noch die Einhaltung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit innerhalb des Bezugszeitraums überprüfbar und kontrollierbar.
- Die Pflicht zur Einführung beschränkt sich zudem nicht darauf, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ein solches System zur freigestellten Nutzung zur Verfügung stellt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss er hiervon auch tatsächlich Gebrauch machen und es damit verwenden.
- Die Verpflichtung zur Einführung eines solchen Systems der Erfassung der Arbeitszeit ergibt sich nicht aus dem Arbeitszeitgesetz, sondern aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG.
- Die Pflicht eines Arbeitgebers zur Erfassung der Arbeitszeiten betrifft diejenigen Arbeitnehmer, für die der nationale Gesetzgeber nicht auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG von den Vorgaben der Art. 3, 5 und 6 Buchstabe b dieser Richtlinie abgewichen ist.
Resultierend hat das Bundesarbeitsgericht in seinen Urteilsbegründungen eindeutig herausgestellt, dass der Gesetzgeber bislang von der Möglichkeit zur Abweichung gem. Art. 17 der Richtlinie 2003/88/EG keinen Gebrauch gemacht hat. Die Ausnahmen aus dem Arbeitszeitgesetz insbesondere für Leitende Angestellte sind daher nicht einschlägig, da die Erfassung der Arbeitszeit sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ergibt.
In Art. 17 Abs. 1 Nr. a) der Richtlinie 2000/88/EG ist jedoch klar geregelt, dass gerade für die Arbeitnehmer, bei denen es sich um „leitende Angestellte oder sonstige Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis“ handelt, eine Ausnahme von der Erfassung gemacht werden kann. Mithin bedarf es nunmehr einer Umsetzung dieser Ausnahme in das Gesetz. Michael Krekels, Vorstandsvorsitzender des DFK, warnt:
Solange der Gesetzgeber weiterhin untätig bleibt, bedeutet dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts, dass die Arbeitszeit von Fach- und Führungskräften ebenfalls erfasst werden und aufgezeichnet werden muss.
Dieser Zustand, der durch die Untätigkeit des Gesetzgebers nunmehr entstanden sei, stelle für Fach- und Führungskräfte in Deutschland eine große Unsicherheit sowie bürokratischen Mehraufwand dar. Dies sei inakzeptabel, so Krekels weiter.
Der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte fordert im Interesse der Fach- und Führungskräfte Deutschlands daher eine schnellstmögliche klarstellende und eindeutige gesetzliche Regelung, die eine Abweichung gemäß Art. 17 der Richtlinie 2003/88/EG ermöglicht und die aufgetretenen Diskussionen beendet.
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