Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wurde bei den Olympischen Spielen in Peking zwischen Wladimir Putin und Chinas Präsident Xi Jinping vorbesprochen. Beim Gipfeltreffen der sogenannten „Shanghai-Gruppe“ (SCO) in Usbekistan haben beide Länder nun eine noch engere Kooperation vereinbart.
Der neue Schulterschluss zwischen Putin und Xi stärke Chinas strategische Position. Nicht nur die wertebasierte globale Ordnung, sondern auch die Dominanz der USA, geraten künftig noch stärker unter Druck. Gleichzeitig arbeite China intensiv am Aufbau einer weitgehend autonomen wirtschaftlichen Hemisphäre, so Dr. Heinz-Werner Rapp, Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute.
Globaler Systemkonflikt verstärkt sich
Der Krieg gegen die Ukraine stehe für eine neue Zeit, in der Großmächte wie Russland oder China sich offen gegen das westliche Wertemodell und dessen Führungsmacht USA stellten. Russlands Angriff sei insofern Ausdruck eines harten Systemkonflikts zwischen dem Westen und einer Gruppe globaler Herausforderer. Dieser Konflikt befinde sich erst in einem relativ frühen Stadium, werde aber in kommenden Jahren deutlich an Intensität gewinnen. Rapp betont:
Die nächste globale Konfliktlinie liegt in Taiwan.
Chinas Ziel einer ‚Wiedervereinigung‘ werde seines Erachtens von Xi Jinping weiter vorangetrieben und drohe in einer direkten Konfrontation mit den USA zu enden.
Die neue Achse Russland - China
Der Taiwan-Konflikt und andere Probleme zwischen China und den USA hätten bereits ein hohes Maß an Eskalationspotential erreicht. Nun komme durch die neue Partnerschaft zwischen Russland und China aber noch ein weiterer Aspekt hinzu, der große strategische Bedeutung habe. Indem Xi Jinping Russland gezielt als Energie- und Rohstofflieferanten nutzt, verschaffe sich China für die Zukunft eine Reihe entscheidender Vorteile, erklärt Rapp. Er weiß:
China gewinnt dadurch nicht nur eine dauerhafte Rohstoffbasis und neue Käufer für chinesische Produkte, sondern zugleich auch einen nützlichen Vasallen für jeden zukünftigen Konflikt mit den USA.
China-zentrierte Hemisphäre als Ziel
Durch die engere Verbindung mit Russland komme Xi Jinping seinem strategischen Ziel näher, Chinas wirtschaftliche und politische Position zu transformieren. Rapp ist der Ansicht, dass China von einem Exportland, das eng in das System der Globalisierung eingebunden ist, zum Zentrum einer weitgehend autarken ‚chinesischen Hemisphäre‘ werden soll, in der China eigene Regeln setzt. China habe dann immer noch Zugriff auf wichtige Transaktionsnetze, sogar im ‚globalen Süden‘, könne sich dabei aber immer mehr der bestehenden Weltwirtschaftsordnung entziehen.
Die strategische Entkopplung von China laufe schon und wird sich weiter beschleunigen. Darin liege ein ernstes Risiko, denn eine Aufspaltung der Weltwirtschaft hätte gravierende Konsequenzen. Unternehmer und Investoren sollten diesen neuen Trend sehr eng verfolgen und keinesfalls unterschätzen, so die Analyse des FERI Cognitive Finance Institute.
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