BU: Abfindungszahlung wegen Anfechtung des Versicherungsvertrages

© sabthai – stock.adobe.com

Der Versicherungsnehmer wandte sich an die unter anderem auf Berufsunfähigkeitsangelegenheiten spezialisierte Kanzlei Jöhnke & Reichow, um bei der Geltendmachung von Leistungen aus einem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag rechtlich unterstützt zu werden.

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Bernhard Gramlich Fachanwalt für Versicherungsrecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Der Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag bestand bei der Continentale Lebensversicherung AG. Der Versicherer hatte dem Versicherungsnehmer im Rahmen der Leistungsprüfung vorgeworfen, dass er ihn im Rahmen der Beantragung des Versicherungsvertrages bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen getäuscht habe, weil er eine Operation des Handgelenks und Kniebeschwerden im risikorelevanten Zeitraum vor der Beantragung der Versicherung nicht angegeben hatte, obwohl im Antrag danach gefragt wurde.

Der Berufsunfähigkeitsversicherer erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und die Anfechtung seiner Vertragsannahmeentscheidung wegen arglistiger Täuschung. Er verweigerte in der Folge auch Leistungen aus dem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag.

Gesundheitliche Beeinträchtigung

Der Versicherungsnehmer erkrankte an Demenz bei Alzheimer-Erkrankung. Er war aufgrund dessen nicht mehr in der Lage, seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker nachzugehen. Nach Auffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow lag demgemäß aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor. Denn die zuletzt in gesunden Tagen konkret ausgeübte Tätigkeit konnte der Versicherungsnehmer gesundheitsbedingt nicht mehr zu mindestens 50 Prozent ausüben.

Wer hat die Beweislast?

In diesem gerichtlichen Verfahren unterstützte die Kanzlei Jöhnke & Reichow den Versicherungsnehmer dabei, sich gegen die Anfechtung des Berufsunfähigkeitsversicherers zu wehren und Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zu erhalten.

Hierbei musste insbesondere eine umfassende Tätigkeitsbeschreibungen vor und nach Eintritt der Berufsunfähigkeit erarbeitet werden, damit dem Versicherer das genaue Berufsbild des Versicherungsnehmers aufgezeigt werden konnte. Dieses ist zwingend notwendig, denn der Versicherte muss dem Versicherer gegenüber darlegen, dass er seine zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Der Versicherte ist in der Beweislast für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit.

Demgegenüber muss der Berufsunfähigkeitsversicherer jedoch die Arglist des Versicherungsnehmers beweisen, wenn er den Versicherungsvertrag wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen anfechten will. Dabei hat die Arglist aber auch eine subjektive Komponente. Aus der unrichtigen oder unvollständigen Beantwortung von Gesundheitsfragen allein kann daher noch nicht auf Arglist geschlossen werden.

Der Versicherungsnehmer muss zusätzlich auch erkannt und gebilligt haben, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen angenommen hätte. Den Versicherungsnehmer trifft daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine sogenannte „sekundäre Darlegungslast“. Dies bedeutet, dass der Versicherungsnehmer schlüssig und nachvollziehbar erklären muss, warum er bestimmte Gefahrenumstände, die eigentlich im Antrag auf Abschluss eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages anzugeben gewesen wären, nicht angegeben wurden.

Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens konnte dem Gericht schlüssig dargelegt werden, dass der im Namen des Versicherers handelnde Versicherungsvertreter der Swiss Life Select Deutschland GmbH den Versicherungsnehmer bei Beantragung des Versicherungsvertrages teilweise fehlerhaft beraten und aufgeklärt hatte.

Der Berufsunfähigkeitsversicherer sah dann ein, dass ihm der Beweis seines Arglistvorwurfs wohl nicht gelingen würde. Im Rahmen der Güteverhandlung vor dem zuständigen Landgericht erklärte sich der Berufsunfähigkeitsversicherer daher bereit, dem Versicherungsnehmer zur Beendigung des Rechtsstreits einen hohen fünfstelligen Betrag zu zahlen.

Expertenrat zahlt sich in BU-Verfahren aus!

Wie dieser Fall erneut zeigt, ist es stets ratsam, sich fachanwaltlichen Rat zu holen, wenn man sich mit einer Anfechtung oder einer Rücktrittserklärung eines Berufsunfähigkeitsversicherers konfrontiert sieht. Keinesfalls sollte man sofort den Kopf in den Sand stecken und die Entscheidung des Versicherers einfach akzeptieren, ohne seinen Fall vorher von einem Rechtsanwalt, der über Spezialwissen im Bereich des Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherungsrechts verfügt, überprüfen zu lassen.