Mit 1,25 Prozent deklariert die Proxalto Lebensversicherung AG die wohl mit Abstand niedrigste laufende Verzinsung für das aktuelle Jahr. Man könnte vermuten, dass eine solche Überschusspolitik zusammen mit den öffentlich ausgetragenen Kontroversen eine hohe Stornoanfälligkeit von Run-off-Gesellschaften zur Folge haben könnte.
Dies hat die ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur GmbH in der Studie „Run-Off in der Lebensversicherung“ geklärt.
Dafür wurde die Stornoquote des gesamten Lebensversicherungsmarktes mit einer Vergleichsgruppe von Run-off-Gesellschaften (Athora Lebensversicherung, Entis Lebensversicherung, Frankfurter Lebensversicherung, Frankfurt Münchener Lebensversicherung, Heidelberger Lebensversicherung, Skandia Lebensversicherung sowie Victoria Lebensversicherung) abgeglichen.
Stornoquote von Run-off-Gesellschaften unter Marktniveau
Seit 2009 haben sich sowohl die Quoten der Run-off-Gesellschaften als auch die des Lebensversicherungsmarktes sukzessive verringert. Eine Kündigungswelle bei den Run-off-Gesellschaften ist also bisher ausgeblieben. Ganz im Gegenteil: Mit 3,35 Prozent lag die Stornoquote hier 2018 das dritte Mal in Folge sogar unter dem Marktniveau (4,24 Prozent).
Das Boxplot-Diagramm für das Jahr 2018 spiegelt die Verteilung der Kennzahlenausprägungen speziell für die Run-off-Versicherer wider. Dieses offenbart, dass Ausnahmen die Regel bestätigen und sich Run-off-Gesellschaften in puncto Storno im Einzelfall durchaus unterscheiden. Zwei Unternehmen weisen höhere Stornoquoten als der Markt auf. Das Gros verfügt indes über eine größere Bestandsnachhaltigkeit als der Branchenschnitt.
Relativierend sollte bei der Analyse der Stornoquoten von Run-off-Versicherern jedoch berücksichtigt werden, dass bei geschlossenen Beständen die Stornoquote bereits aufgrund niedrigeren Frühstornos strukturell geringer ausfällt. In einer ergänzenden Berechnung der Stornoquote exklusive Frühstorno würde die Marktstornoquote um 0,36 Prozentpunkte geringer ausfallen, während dieser Effekt bei den Run-off-Versicherern nur 0,24 Prozentpunkte ausmacht. Demnach würden die Run-Off-Versicherer auch unter Berücksichtigung dieses Umstands mit 3,11 Prozent weiterhin eine überdurchschnittliche Bestandsfestigkeit gegenüber dem Markt (3,88 Prozent) aufweisen.
Vorzeitige Beendigung mit negativen Auswirkungen
Da eine vorzeitige Beendigung eines Lebensversicherungsvertrags für den Versicherungsnehmer oft negative Auswirkungen hat, verwundert die niedrige Stornoquote nicht. Denn zum einen ist der Rückkaufswert eines Vertrags in der Regel geringer als das Vertragsguthaben, so dass sich das Durchhalten bis zum Vertragsende finanziell positiv für den Kunden auswirkt. Zum anderen profitieren gerade langjährige Kunden noch von den Garantiezinsen der Vergangenheit, die weit oberhalb der aktuellen Zinsdeklaration liegen können und deren Finanzierung auch nach einer Bestands- beziehungsweise Unternehmenstransaktion sichergestellt werden muss, worauf die Finanzaufsicht BaFin ein besonders wachsames Auge hat.
Auch gewisse „natürliche Trägheit“
Die geringe Stornoquote wird auch einer gewissen „natürlichen Trägheit“ der Bestände geschuldet sein: Wahrscheinlich haben einige Kunden gar nicht bewusst mitbekommen, dass sich ihr Lebensversicherer im (externen) Run-off befindet. Andere werden auch erstmal abwarten, wie sich ihr Vertrag unter den neuen Eigentumsverhältnissen entwickelt.
Themen:
LESEN SIE AUCH
LV: BdV kritisiert Proxalto und Generali aufs Schärfste
Kündigung von Lebensversicherungen: Deutsche verschenken 80 Millionen Euro
Hohe Stornoquote: LV ungeeignet zur Altersvorsorge
Hinweis auf Gefahren eines Frühstornos erforderlich
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Kooperation statt Konkurrenz: Bayerische und BarmeniaGothaer bündeln Kräfte bei compexx
Die Bayerische und die BarmeniaGothaer starten eine exklusive strategische Partnerschaft – über die Plattform compexx Finanz AG. Was die beiden Versicherer mit ihrem Zusammenschluss planen und warum sie den Markt damit neu strukturieren wollen.
„Verkäufer sind die neuen Influencer“
Wer im Vertrieb erfolgreich sein will, darf nicht mehr nur auf gute Gespräche im Konferenzraum oder geschickte Verhandlungen am Telefon setzen. Das weiß auch Sales-Experte Devin Vandreuke. Im Gastbeitrag zeigt der Unternehmensberater, auf welche Taktiken und Fähigkeiten es im Vertrieb heute ankommt.
Online-Marketing im Vertrieb: Selbsthilfe-Ansätze bremsen Erfolg
Webinare, Video-Kurse, Workbooks: Die Versicherungsbranche ist in den letzten 10 Jahren in Sachen Online-Marketing-Schulungs-Content nicht unterversorgt worden. Im Gegenteil, es gibt mehr als genug und auch sehr viele sehr gute Angebote. Trotzdem haben es nur sehr wenige umgesetzt und das wollen die OMGV und futureworXs mit einem neuen Ansatz gezielt ändern.
BaFin rügt Vertrieb von Nettopolicen – BVK fordert Versicherer zu mehr Verantwortung auf
Eine Untersuchung der BaFin deckt erhebliche Defizite beim Vertrieb von Nettopolicen auf – von unzureichender Kundenaufklärung bis zu fehlender Transparenz bei Kickback-Zahlungen. Der BVK fordert nun ein Umdenken bei den Versicherern.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.