Wie Sie die 8 häufigsten Streitpunkte beim Erben und Vererben vermeiden

Wie Sie die 8 häufigsten Streitpunkte beim Erben und Vererben vermeiden
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Immer mehr Erbschaften enden im Streit. Wer sein Erbe regelt und nicht dem Zufall überlässt, kann diesen vermeiden. Und wer seine Rechte kennt, kann einem Erbstreit ruhig begegnen.

Wie regele ich mein Erbe?

Mit einem Testament bestimmt der Erblasser, wer überhaupt und wer wie viel erben soll. Ohne Testament bestimmt sonst das Gesetz darüber – und das selten zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Insbesondere unverheiratete Partner gehen danach leer aus. Verwandte und Ehepartner erben dagegen mehr oder weniger, als sie es der Ansicht nach eigentlich verdienen.

Eine gerechte Lösung ermöglicht nur das Testament. Darin können einzelne Gegenstände bestimmten Personen vermacht werden und es können Auflagen bestimmt werden, die sie bei Annahme der Erbschaft zu erfüllen haben. Außerdem kann ein Testamentsvollstrecker eingesetzt werden, der den Willen des Erblassers nach dem Tod verwirklicht.

Auch wenn jemand enterbt werden soll, kann dies mittels Testament geregelt werden. Gerade Unternehmen werden von mehreren Erben zerrieben, wenn nur einer von ihnen auf seinen Erbteil pocht. Pflichtteilsansprüche enterbter Personen können ebenfalls durch Testamentsgestaltung reduziert werden.

Wenn ich im EU-Ausland lebe …?

Dann gilt das ausländische Erbrecht, das mitunter ganz anderen Folgen als das deutsche Erbrecht hat. Auch das kann mit einem Testament verhindert werden.

Das deutsche Erbrecht ermöglicht Ehepartnern auch ein gemeinschaftliches Testament mit ihrem Partner. Dabei muss beachtet werden, dass das Testament bei gegenseitigen Versprechen nicht mehr einfach geändert werden kann, wenn der Partner stirbt.

Jeder kann durch Krankheit oder Unfall die Fähigkeit verlieren, eigene Entscheidungen zu treffen – ob mit 25, 50 oder erst mit über 80. Die Antwort auf die Frage „Wann sollte ich ein Testament erstellen?“ lautet deshalb: jetzt.

Später kann ein Testament jederzeit geändert werden. Nur eines ist wichtig: Wer sicher sein will, dass das Testament wirksam ist, lässt sich beraten. Das gilt auch für die Alternative zum Testament, den Erbvertrag.

Bin ich Erbe geworden?

Die Antwort gibt ein Erbvertrag, ein Testament oder das Gesetz.

Wer Erbe laut Erbvertrag ist, sollte davon wissen. Er muss den Vertrag mit der verstorbenen Person bei einem Notar geschlossen haben. Dieser muss den Erbvertrag beurkundet haben. Sonst ist er unwirksam. Außerdem gibt der Notar den Erbvertrag in amtliche Verwahrung bei einem Amtsgericht. Die Beteiligten erhalten einen Hinterlegungsschein. Nur selten wird auf diese Verwahrung verzichtet.

Bei einem Testament ist es schwerer. Befindet sich das Testament in amtlicher Verwahrung bei einem Amtsgericht, wird es über den Sterbefall informiert. Das Gericht lädt dann alle gesetzlichen Erben und am Nachlass beteiligten Personen zur Testamentseröffnung.

Viele Testamente werden jedoch privat aufbewahrt. Wer das Testament eines Verstorbenen findet und vom Tod Kenntnis hat, muss es unverzüglich beim Amtsgericht abliefern. Sonst macht sich der Finder strafbar und schadensersatzpflichtig. Nach der Ablieferung kommt es ebenfalls zur Testamentseröffnung.

Weniger als jeder dritte Erwachsene hinterlässt hierzulande überhaupt ein Testament oder gar einen Erbvertrag. Wird kein Testament aufgefunden, ist es unwirksam, oder gibt es kein Testament, bestimmt das Gesetz den oder die Erben.

Hatte der verstorbene Partner die Scheidung oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft beantragt oder dieser zugestimmt, geht der überlebende Partner laut Gesetz leer aus.

Ansonsten erben Ehegatten und eingetragene Lebenspartner ein Viertel des Nachlasses. Bestand – wie in den meisten Fällen – eine Zugewinngemeinschaft, erhalten sie ein weiteres Viertel. Partner erhalten danach die Hälfte. Wie viel sie darüber hinaus erben, hängt von den vorhandenen Verwandten ab.

Ist nur ein Kind vorhanden, erbt es die andere Hälfte. Bei zwei Kindern teilen sie sich diese und erben jeweils ein Viertel. Bei drei Kindern erbt jedes ein Sechstel usw. Lebt ein Kind nicht mehr, erben dessen Kinder, also die Enkel oder Urenkel den jeweiligen Anteil.

Sind keine Kinder oder deren Abkömmlinge vorhanden, leben aber noch die Eltern der verstorbenen Person, erben sie ein Viertel und der Partner drei Viertel.

Sind die Eltern bereits verstorben, dann erben das Viertel noch lebende Geschwister des Verstorbenen. Anstelle verstorbener Geschwister erben deren Kinder, also die Nichten beziehungsweise Neffen der verstorbenen Person.

Wurde ich enterbt?

Enterbt ist, wer nach dem Gesetz erben würde, aber laut Testament nichts erben soll. Auch ein Erbvertrag kann Bedingungen für eine Enterbung vorsehen. Die Enterbung muss deshalb noch nicht feststehen. Dasselbe gilt für Belastungen wie etwa durch Auflagen.

Was wollte der Verstorbene wirklich? Bestehen Zweifel, wie das Testament oder der Erbvertrag zu verstehen ist, muss dies durch Auslegung ermittelt werden. Lässt sich das nicht klären, ist die Anfechtung des Testaments oder des Erbvertrags möglich.

Anfechten darf jeder, dem etwas durch die Anfechtung zugutekommt. Die Anfechtungsgründe sind zahlreich. Sie können die Form wie den Inhalt betreffen. Das Testament kann damit teilweise oder vollständig unwirksam werden.

Typische Anfechtungsgründe sind:

  • Formfehler, zum Beispiel eine fehlende Unterschrift
  • Testierunfähigkeit, zum Beispiel aufgrund einer psychischen Erkrankung
  • Manipulationen, zum Beispiel Fälschungen oder Veränderungen durch Dritte
  • Drohung, zum Beispiel mit Gewalt, wenn keine Erbeinsetzung erfolgt
  • Irrtum, zum Beispiel über die Folgen oder den Inhalt einer Formulierung
  • Widerspruch, zum Beispiel zu einem anderen Testament
  • Verstoß gegen gesetzliches Verbot, zum Beispiel Begehung von Straftaten
  • Sittenwidrigkeit, zum Beispiel Erschleichung der Erbenstellung
  • Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten, weil dieser noch nicht geboren war
  • Scheidung von der im Testament als Erbe genannten Person

Für die erfolgreiche Anfechtung kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an.

Zwei Punkte sind besonders wichtig:

  1. Nach der Kenntnis des Anfechtungsgrundes muss die Anfechtung innerhalb eines Jahres gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall ist die Anfechtung ausgeschlossen, auch wenn der Anfechtungsgrund unbekannt war.
  2. Der Anfechtungsgrund muss mit Fakten bewiesen werden. Bloße Behauptungen, etwa über die schlechte psychische Verfassung des Erblassers, genügen nicht.

Pflichtteil geltend machen

Bestimmte Angehörige haben Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Wer nach dem Testament oder Erbvertrag nichts erbt, aber nach dem Gesetz erben würde, geht deshalb nicht gleich leer aus.

Pflichtteilsberechtigt sind:

  • Kinder der verstorbenen Person und deren Abkömmlinge
  • Eltern der verstorbenen Person
  • Ehepartner und eingetragene Lebenspartner der verstorbenen Person

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte dessen, was Sie nach dem Gesetz erben würden. Wer danach alles erben würde, kann die Hälfte des Nachlasswerts von dem oder den Erben verlangen. Wer die Hälfte erben würde, hat Anspruch auf ein Viertel. Wer ein Viertel erben würde, dessen Pflichtteilsanspruch beträgt ein Achtel usw.

Für die Höhe des Pflichtteils muss klar sein, was das Erbe umfasst. Pflichtteilsberechtigte haben hier einen Auskunftsanspruch gegen die Erben. Es zählt der Nachlasswert am Todestag.

Achtung: Der Pflichtteilsanspruch kann verjähren. Wer von seiner Enterbung nach dem Erbfall Kenntnis erlangt hat, muss, ausgehend vom Ende des entsprechenden Jahres, den Pflichtteilsanspruch innerhalb von drei Jahren gegenüber den Erben geltend machen. Bei einem Erbfall im Dezember 2018 und der Kenntnis von der Enterbung aufgrund Testamentseröffnung im Januar 2019 endet die Verjährung damit am 31. Dezember 2022.

Pflichtteil vom Erbe – was steht Ihnen zu?

Schenkungen überprüfen

Schenkungen zu Lebzeiten schmälern den Nachlass. Dadurch kann man den Erbanteil oder den Pflichtteilsanspruch verringern. Ersteres kann einen Anspruch auf Ausgleich bedingen. Letzteres kann zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen.

Der Wert der Schenkung wird dem Nachlasswert dadurch hinzugerechnet. Das gilt jedoch nur für Schenkungen, die innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall erfolgten. Für jedes darauffolgende Jahr wird ein Zehntel weniger berücksichtigt. Zehn Jahre nach dem Erbfall bleibt die Schenkung unberücksichtigt.

Bestimmte Zuwendungen sind von vornherein vom Pflichtteilsergänzungsanspruch ausgenommen. Das gilt für Pflichtschenkungen und Anstandsschenkungen. Außen vor ist zudem die sogenannte Ausstattung. Damit gemeint sind Zuwendungen der Eltern oder eines Elternteils für ihr Kind

  • zu dessen Heirat,
  • zur Erlangung einer selbstständigen Lebensstellung,
  • zum Erhalt einer selbstständigen Lebensstellung.

Allerdings gilt eine Grenze: Alles, was die Vermögensverhältnisse der Eltern übersteigt, gilt als Schenkung. Dieses „Zuviel“ ist beim Pflichtteilsergänzungsanspruch zu berücksichtigen. Richtet sich die Erbfolge dagegen nach dem Gesetz, kann eine Ausgleichspflicht bestehen.

Schenkungen erfolgen oft, um das Erbe noch zu Lebzeiten zu übertragen. Im Gegenzug kann mit dem Beschenkten ein Erbverzicht vereinbart werden. Möglich ist auch nur auf den Pflichtteil zu verzichten. Wichtig zu wissen: Der Verzicht wirkt auch für die Abkömmlinge des Verzichtenden. Der Verzicht ist wegen der erheblichen Folgen nur mit notarieller Beurkundung wirksam.

Ebenfalls per Vertrag vereinbaren lässt sich die Rückforderung der Schenkung. Möglich ist das etwa, wenn die beschenkte Person vor der schenkenden Person stirbt.

Eine Rücknahme der Schenkung kann zudem erfolgen,

  • wenn die Schenkung bisher nur versprochen wurde und kein Notar das Schenkungsversprechen beurkundet hat. Nur dann muss das Schenkungsversprechen auch erfüllt werden, sofern der Schenker dadurch nicht selbst in eine Notlage gerät.
  • wenn die Schenkung an den Ehepartner erfolgte und der Ehe dienen sollte – zum Beispiel die Verschaffung von Eigentum an einer gemeinsam bewohnten Immobilie – und die Ehe dann scheitert.
  • wenn sich die beschenkte Person als grob undankbar erweist, weil sie die schenkende Person körperlich bedroht, misshandelt, schwer beleidigt oder eine andere schwere Verfehlung ihr gegenüber begeht.
  • wenn die schenkende Person unverschuldet verarmt und zu diesem Zeitpunkt seit der Schenkung noch keine zehn Jahre vergangen sind.

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Erbe ausschlagen

Erben erben den Nachlass als Ganzes. Sie übernehmen damit nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden der verstorbenen Person. Ist das Erbe zu stark überschuldet, kann Sie das finanziell überfordern. Denn Sie haften für diese mit Ihrem eigenen Vermögen.

In diesem Fall sollte man daran denken, die Erbschaft auszuschlagen. Dafür hat man sechs Wochen Zeit. Die Frist läuft, sobald bekannt ist, dass man Erbe geworden sind. Wird die Erbschaft nicht rechtzeitig ausgeschlagen, gilt sie als angenommen.

Am besten wird der Wert des Nachlasses in diesem Zeitraum und dann entschieden. Davor die Erbschaft im Zweifel nicht vor Ablauf der sechs Wochen annehmen, denn nach der Annahme kann man sie nicht einfach wieder ausschlagen – auch wenn die Frist noch läuft.

Anfechtung der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft

Folgende Anfechtungsgründe ermöglichen die Rückgängigmachung der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft:

  1. Die Überschuldung wird erst nach der Annahme bekannt.
  2. Die Annahme oder Ausschlagung wurde dem Nachlassgericht durch Dritte falsch mitgeteilt.
  3. Die Annahme oder Ausschlagung erfolgte aufgrund einer Täuschung oder einer Drohung.

Im Fall einer Drohung beginnen die sechs Wochen, wenn die Zwangslage aufgrund der Drohung endet. In den restlichen Fällen muss man die Anfechtung innerhalb von sechs Wochen, nachdem man den Grund kennt, gegenüber dem Nachlassgericht erklären. Die Erklärung muss von einem Notar beglaubigt worden sein.

30 Jahre nach der Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft ist keine Anfechtung mehr möglich.

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Erstberatung im Erbrecht

Erbstreitigkeiten sind Folge fehlender Vorsorge wie falscher Vorstellungen. Das Erbrecht eröffnet viele Wege, diesen zu vermeiden. Mit der richtigen Beratung lassen sich Lösungen finden, die sowohl Erblasser wie Erben zufriedenstellen. Erben ermöglicht es einen Ausgleich untereinander auch außerhalb des Gerichts zu finden. Eine Erstberatung im Erbrecht zeigt diese Möglichkeiten auf.

Die Kosten für die Erstberatung von Verbrauchern sind mit maximal 226,10 Euro inklusive Mehrwertsteuer gesetzlich gedeckelt. Rechtsschutzversicherungen übernehmen je nach Inhalt des Versicherungsvertrags zudem die Kosten der Erstberatung.

Angebote zur Beratung wie zur Prüfung konkreter Probleme durch im Erbrecht erfahrene Anwälte und zur Testamenterstellung gibt es bei anwalt.de

Quelle: Christian Günther, Assessor, Redakteur/Content Manager, anwalt.de services AG